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Leserbrief: Erythrozytapherese bei Polycythaemia vera

Zu unserem Artikel „Neue Aspekte in der medikamentösen Therapie der Polycythaemia vera“ (AMB 1997, 31, 7) schreiben uns U.K., W.K., K.W.R. und W.H. aus Göttingen bzw. München (gekürzt): >> Wir möchten darauf hinweisen, daß bei der Polycythaemia vera (P.v.) die Möglichkeiten der Erythrozyten-Depletion als primäre, möglichst alleinige Therapie zur Reduktion der Erythrozytenmasse voll ausgeschöpft werden sollten. Damit ist gemeint, daß bei nicht ausreichend effizienter Aderlaßbehandlung nicht nur vor; sondern statt einer Chemotherapie an die offenbar immer noch nicht ausreichend bekannte und auch in Übersichtsartikeln bisher meist nicht erwähnte Erythrozytapherese gedacht werden sollte. Es handelt sich dabei um die großvolumige, aber isovolämische Erythrozytenentfernung mittels ZelIseparation, die gegenüber dem üblichen Aderlaß manche Vorteile bietet, über die wir mehrfach berichtet haben (1, 2; s.a. AMB 1990, 24, 30). Es wird hierbei in der Regel das fünf- bis sechsfache Erythrozytenvolumen eines üblichen Aderlasses von ca. 500 ml in einer Sitzung entfernt. Nach unseren Erfahrungen von über zehn Jahren erübrigt sich hierdurch bei Patienten mit P.v. die Chemotherapie, die man – ebenso wie die Radiophosphorbehandlung – wegen des erhöhten Risikos eines Blastenschubs bzw. sekundärer Neoplasien vermeiden sollte, insbesondere bei jüngeren Patienten. Für die Behandlung einer ausgeprägten begleitenden Thrombozytose gibt es neben ASS – falls erforderlich – auch noch andere Möglichkeiten, z.B. Interferon oder das allerdings in Deutschland noch nicht zugelassene Anagrelid.

Hauptindikation für die Einsatz der Erythrozytapherese ist die neu diagnostizierte P.v. mit oft sehr hohen Hämatokritwerten (> 55-60%) und entsprechend erhöhtem thromboembolischem Risiko (3). Bei solchen Patienten kann durch die Erythrozytapherese binnen einer Stunde ein normaler Hämatokrit erreicht und die bedrohliche rheologische Situation „schlagartig“ beseitigt werden. Gegenüber der Aderlaßbehandlung hat die Erythrozytapherese u.a. den Vorteil, daß das Plasmavolumen nicht reduziert und auch das entnommene Erythrozytenvolumen mit isotoner Flüssigkeit isovolämisch ersetzt wird. Selbst bei extrem hohem Hämatokritausgangswert wird die Prozedur daher – auch von alten Patienten – gut toleriert und führt nicht selten auch zu sofortigem Verschwinden von Polycythämie-bedingten subjektiven Beschwerden. In dieser Situation sollte man u.E. den Patienten die möglichst rasche Durchführung einer Erythrozytapherese nicht vorenthalten, wenn vor Ort oder in der Nähe die apparativen Gegebenheiten dafür vorhanden sind.

Die Erythrozytapherese eignet sich aber auch – je nach örtlichen Gegebenheiten und Aktivität bzw. Phase der individuellen Erkrankung – für die weitere Behandlung und wird von vielen Patienten bevorzugt. Der durch die Erythrozytapherese erzeugte bzw. verstärkte Eisenmangel ist erwünscht, da er die Nachproduktion von Erythrozyten drosselt (4). Auf diese Weise beträgt das mittlere Intervall bis zur nächsten Behandlung bei unseren Patienten ca. sechs Monate. Subjektive Symptome des Eisenmangels werden gelegentlich beobachtet, sind aber meist gut tolerabel. <<

Literatur

1. Kaboth, U., et al.: Klin. Wschr. 1990, 68, 18.
2. Kaboth, U., et al.: Therapeutic Apheresis 1997, im Druck.
3. Pearson, T.C., und Wetherly-Mein, G.: Lancet 1978, II, 1219.
4. Liersch, T., et al.: Med. Klin. 1995, 90, 390.