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Immunsuppression bei chronischer Iymphozytärer Myokarditis?

Zur Genese der Myokarditis mit lymphozytären Infutraten ohne bioptischen Virusnachweis („idiopathische Myokarditis“) gibt es verschiedene Erklärungsmodelle. Die am häufigsten angeführte Theorie ist, daß durch einen Virusinfekt eine chronisch entzündliche Autoimmunreaktion getriggert wird. Daher wurden und werden immer wieder Patienten mit einer solchen Konstellation immunsuppressiv behandelt. Es ist unklar, wie groß der Nutzen – oder der Schaden – einer solchen Therapie ist. Große vergleichende Studien, in denen lmmunsuppressiva gegen Plazebo getestet wurden, fehlen bislang. Das hat verschiedene Gründe. Da eine klinisch manifeste Iymphozytäre Myokarditis relativ selten ist, sind größere Studien nur schwer zu realisieren. Außerdem kann die Erkrankung spontan ausheilen, so daß der Effekt einer immunsuppressiven Therapie im Erfolgsfall umstritten bleibt. Darüber hinaus gibt es eine große diagnostische Unsicherheit. Da die Myokarditis fokal abläuft, kann trotz mehrfacher Myokardbiopsien eine Virusreplikation nicht sicher ausgeschlossen werden. Außerdem sind die gültigen histopathologischen Kriterien (Dallas-Klassifikation) sehr umstritten. Weiterhin wird vermutet, daß es bei unterschiedlicher Ätiologie auch eine unterschiedliche Ansprechbarkeit auf die zur Auswahl stehenden Immunsuppressiva gibt. Schließlich muß berücksichtigt werden, daß einzelne Immunsuppressiva selbst das Myokard schädigen können.

Trotz all dieser Widrigkeiten wurden immer wieder Therapieversuche mit Immunsuppressiva unternommen, häufig als Ultima ratio. Eine Literaturdurchsicht aller relevanten englischsprachigen Studien (n = 374) wurde nun von einer Gruppe aus Hamilton/Ontario durchgeführt (Garg, A., et al.: Ann. Int. Med. 1998, 129, 317). Ausgewertet wurden nur randomisierte Studien, Fall-Kontroll- und Kohortenstudien mit eindeutigen Einschlußkriterien nach der DaIlas-Klassifikation (n = 6). In keiner dieser Studien konnte nachgewiesen werden, daß durch eine Immunsuppression die Sterblichkeit oder die Transplantationshäufigkeit gesenkt wird, weder für Prednisolon alleine noch für Kombinationsbehandlungen mit Azathioprin, Ciclosporin oder Cyclophosphamid. Lediglich zwei monozentrische, nicht geblindete Untersuchungen mit Kombinationstherapien fielen positiv aus (Verbesserung der Ejektionsfraktion). Eine dieser beiden Studien wird allerdings methodologisch stark kritisiert.

Fazit: Es gibt keinen Nachweis, daß eine immunsuppressive Therapie die Prognose einer lymphozytären Myokarditis günstig beeinflußt. Eine solche Behandlung hat experimentellen Charakter und sollte nur im Rahmen kontrollierter – und wegen der geringen Patientenzahlen – multizentrischer Studien durchgeführt werden. Gespannt sein darf man auf die Ergebnisse einer europäischen plazebokontrollierten Doppeltblindstudie (ESETCID) unter der Leitung von Prof. Maisch aus Marburg, über die jedoch frühestens 1999 berichtet werden kann.