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Nochmals: Clopidogrel oder Ticlopidin nach Stent-Implantation? Die CLASSICS-Studie

Einer unserer Leser hatte im April auf die bemerkenswerte Situation hingewiesen, daß in den Jahren 1998/99 das bis dahin zur Verhinderung von Thrombosen nach Implantation koronarer Stents eingesetzte Regime mit Azetylsalizylsäure (ASS) plus Ticlopidin (Tiklyd u.a.) zu Gunsten von ASS plus Clopidogrel (Plavix, Iscover) verlassen wurde, obwohl keine vergleichende Doppelblind-Studie vorlag (s. AMB 2000, 34, 32a). Dieses Vorgehen wurde mit der besseren Verträglichkeit von Clopidogrel begründet, insbesondere den selteneren hämatologischen Komplikationen.

Die als Sicherheitsstudie angelegte Untersuchung CLASSICS (CLopidogrel ASpirin Stent International Cooperative Study) liefert jetzt einen Beweis, daß die Kombination Clopidogrel plus ASS ebenso wirksam ist wie Ticlopidin plus ASS (Bertrand, M.E., et al.: Circulation 2000, 102, 624). In 48 europäischen Zentren wurden insgesamt 1020 Patienten nach erfolgreicher Stent-Implantation in drei Gruppen randomisiert und 28 Tage lang behandelt: Gruppe 1: 75 mg Clopidogrel/d mit 300 mg „Loading-Dose“; Gruppe 2: 75 mg Clopidogrel/d ohne „Loading-Dose“ und Gruppe 3: 2 mal 250 mg Ticlopidin/d. Die Patienten aller drei Gruppen erhielten zusätzlich 325 mg ASS/d.

Die primären Endpunkte (größere Blutung, Neutropenie < 1500/µl, Thrombozytopenie < 100000/µl, nicht kardiales Ereignis) traten in den vier Behandlungswochen bei 9,1% der mit Ticlopidin und bei 4,6% der mit Clopidogrel behandelten Patienten auf. Hieraus leiten die Autoren eine Risikoreduktion um 50% ab. Betrachtet man nur die bedrohlichen unerwünschten hämatologischen Wirkungen, dann ist der Unterschied eher gering. Ein Patient erlitt unter Ticlopidin eine reversible Neutropenie (0,3%), und vier Patienten bekamen unter Clopidogrel eine im weiteren Verlauf nicht bedrohliche Thrombozytopenie (0,6%). Die Ticlopidin-Behandlung wurde häufiger wegen anderer unerwünschter Wirkungen abgebrochen (8,2% vs. 3,5%), besonders Hautveränderungen und gastrointestinale Beschwerden. Hinsichtlich der Effektivität (Herztod, Myokardinfarkt, notwendige Reintervention) gab es keine Unterschiede zwischen den drei Gruppen. Fazit: Clopidogrel plus ASS verhindert – wie seit Jahren postuliert – ebenso effektiv eine Stent-Thrombose wie Ticlopidin plus ASS, ist aber insgesamt besser verträglich. Wie mittlerweile jedoch bekannt wurde, verursacht Clopidogrel mit einer noch unbekannten Häufigkeit schwerste Thrombozytopenien (s. AMB 2000, 34, 63). Somit ist Clopidogrel keineswegs ungefährlich. Wie unter Ticlopidin muß auch unter Clopidogrel regelmäßig das Blutbild kontrolliert werden.