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Wirksamkeit von Tumor-Nekrose-Faktor-Antikörpern beim M. Bechterew

Die ankylosierende Spondylarthritis (AS; M. Bechterew) ist eine überwiegend bei Männern auftretende, in schweren Fällen äußerst belastende Erkrankung, die durch Medikamente in ihrem Verlauf, anders als die Rheumatoide Arthritis, kaum zu beeinflussen ist. Ein durch erfahrene Physiotherapeuten überwachtes regelmäßiges Bewegungsprogramm ist zwar wirksam, erfordert aber meist die Einnahme nichtsteroidaler Antirheumatika (NSAID), um die Übungen durch Schmerzreduktion zu ermöglichen. Methothrexat als Basistherapie ist wirksam beim Befall peripherer Gelenke.

J. Braun et al. aus Berlin und anderen deutschen Rheumazentren berichten im Lancet (1) über eine vom Bundes-Forschungsministerium und der Firma Essex Pharma (München) finanzierte plazebokontrollierte, doppeltblinde, randomisierte Studie an 70 Patienten und Patientinnen (24 Frauen, mittleres Alter ca. 40 Jahre) mit aktiver AS, die zu Therapiebeginn (Zeitpunkt 0) sowie nach 2 und 6 Wochen jeweils 5 mg/kg Körpergewicht den TNF-alpha-Antikörper Infliximab (Remicade) oder eine Plazebo-Lösung als Infusion über 2 Stunden erhielten. Insgesamt waren ca. 100 Patient(inn)en auf ihre Eignung für die Studie gescreent worden, von denen ca. 30 wegen erheblicher Komorbidität, zu geringer Aktivität der Erkrankung oder bereits hochgradiger Ankylosierung ausgeschlossen wurden. Die Patienten durften kurz vor der Studie keine Tuberkulose oder andere Infektionen gehabt haben (s.a. AMB 2002, 36, 6). Kortikosteroide oder potentielle ”Disease modifying drugs” mußten rechtzeitig abgesetzt werden. NSAID waren erlaubt, durften in der Dosierung entsprechend dem Einnahmeprotokoll aber nicht gesteigert, jedoch vermindert werden. Die Aktivität der AS wurde initial zu verschiedenen Zeitpunkten mittels dreier verschiedener anerkannter Punkte-Scores quantifiziert und 2 und 12 Wochen nach Therapiebeginn erneut ermittelt. Endpunkt der Studie war die Ermittlung der Patienten, die eine mindestens 50%ige Reduktion der Krankheitsaktivität erreichten.

Ergebnisse: 18 von 34 Patienten (53%) erreichten unter Infliximab nach 12 Wochen die angestrebte 50%ige Reduktion der Krankheitsaktivität. Ein Patient beendete die Studie nicht. In der Plazebo-Gruppe waren es nur 3 von 35 (9%). Blutsenkung und C-reaktives Protein nahmen in der Verum-Gruppe, nicht aber nach Plazebo, hochsignifikant ab. In der Verum-Gruppe beendeten 41% die Einnahme von NSAID (13% unter Plazebo), und weitere 15% (6% Plazebo) verringerten die NSAID-Dosis unter 50% der vortherapeutischen Einnahme. An UAW hatten 51% der Plazebo- und 35% der Infliximab-Gruppe Infekte der oberen Luftwege. Gravierende UAW von Infliximab waren je ein Fall von systemischer Tuberkulose, von allergischer Lungen-Granulomatose und von milder Leukopenie, festgestellt nach der dritten Infusion. Diese Patienten wurden jedoch in die Endauswertung eingeschlossen.

Die Autoren bewerten Infliximab als ein deutlich wirksames Therapeutikum bei aktiver AS. Wegen der Möglichkeit schwerer UAW, die auch durch eine gründliche Basisuntersuchung (z.B. auf inaktive Tbc) nicht zu vermeiden sind, empfehlen sie, Therapieversuche auf jüngere Patienten mit anderweitig schwer zu beeinflussender aktiver AS zu beschränken und diese Therapie grundsätzlich nur von erfahrenen Rheumatologen durchführen zu lassen.

Kürzlich erschien eine weitere Studie über die Wirksamkeit eines anderen TNF-alpha-Antagonisten (Etanercept = Enbrel) oder Plazebo bei 50 Patienten mit aktiver AS (2). Hier wurde das Medikament zweimal pro Woche (25 mg) 4 Monate lang s.c. injiziert, ebenfalls mit gutem klinischen Effekt und in dieser Studie ohne gravierende UAW. Die Ergebnisse werden im gleichen Heft des N. Engl. J. Med. relativ kritisch hinsichtlich der Spezifität der Arzneimittelwirkung kommentiert (3).

Fazit: Infliximab war in dieser Kurzzeitstudie bei ankylosierender Spondylarthritis deutlich wirksamer als Plazebo. Wegen potentieller schwerer Nebenwirkungen, der noch nicht bekannten Nachhaltigkeit des Therapieeffekts und der sehr hohen Therapiekosten mit diesem Antikörper sollten weitere Studien mit mindestens einjähriger Nachbeobachtungszeit vorgelegt werden, bevor die Nutzen/Kosten-Relation bewertet werden kann. Das gleiche gilt für Etanercept, das sich in einer anderen Studie als ebenfalls wirksam bei dieser Indikation erwiesen hat.

Literatur

  1. Braun, J., et al.: Lancet 2002, 359, 1187.
  2. Gorman, J.D., et al.: N. Engl. J. Med. 2002, 346, 1349.
  3. Dayer, J.-M., und Krane, S.M.: N. Engl. J. Med. 2002, 346, 1399.