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Anastrozol statt Tamoxifen für die initiale adjuvante Therapie des Mammakarzinoms bei postmenopausalen Frauen?

Im Jahr 2004 haben wir zweimal über die Therapie des Mammakarzinoms mit Aromatasehemmern berichtet (1, 2). Im Lancet erschien jetzt eine aktualisierte Auswertung (mediane Beobachtungsdauer: 68 Monate) der ATAC-Studie (3), in der die adjuvante Therapie von 9366 postmenopausalen Frauen mit lokalisiertem invasivem, überwiegend Hormonrezeptor-positivem (ca. 84% der Patientinnen) Mammakarzinom nach Operation mit 20 mg/d Tamoxifen (T) oder 1 mg/d Anastrozol (A) über 5 Jahre miteinander verglichen wurde. Die Rekrutierung für einen weiteren Arm dieser Studie, A plus T, wurde wegen fehlender Überlegenheit gegenüber T allein vorzeitig beendet. T (zahlreiche Generika verfügbar) ist ein Östrogenrezeptor-Antagonist, der aber am Endometrium und am Knochen Östrogen-agonistisch wirkt. A (Arimidex®) ist einer von drei auf dem Markt befindlichen Aromatasehemmern (außerdem Letrozol und Exemestan), die die Umwandlung zirkulierender Androgene in Östrogene in den Geweben (auch lokal in der Brustdrüse) hemmen. Hinsichtlich der untersuchten Endpunkte ergab die ATAC-Studie folgende Ergebnisse: A war im primären Endpunkt der Studie, dem erkrankungsfreien Überleben, T signifikant überlegen. In der A-Gruppe traten 575 und in der T-Gruppe 651 Ereignisse (Lokalrezidiv oder Fernmetastasen, neues Mammakarzinom, Tod) auf. Die Hazard Ratio (HR) war 0,87 (Konfidenzintervall = CI: 0,78-0,97; p = 0,01). Die Zeit bis zum Auftreten eines Rezidivs (p = 0,005) und die Zeit bis zum Auftreten von Fernmetastasen (p = 0,04) wurde durch A signifikant verlängert. Ein Mammakarzinom auf der Gegenseite trat unter A bei 35, unter T bei 59 Patientinnen auf (p = 0,01). Diese günstigen Wirkungen von Anastrozol wurden jedoch nur bei Patientinnen mit Hormonrezeptor-positivem Mammakarzinom beobachtet. Das Gesamtüberleben war in den beiden Gruppen nicht signifikant unterschiedlich.

UAW waren insgesamt unter A seltener als unter T, und weniger A-Patientinnen brachen die Behandlung ab. Allerdings spiegelt die Art der UAW die unterschiedlichen Wirkprinzipien von A und T wider: Gelenkschmerzen und Knochenbrüche waren unter A signifikant häufiger als unter T, während Hitzewallungen, tiefe Beinvenenthrombosen und venöse Thromboembolien, vaginale Blutungen und vaginaler Ausfluss sowie Endometriumkarzinome unter T häufiger auftraten. Die Gabe von A, aber auch von Letrozol, war in den randomisierten Studien im Vergleich zu T häufiger mit kardiovaskulären Ereignissen (statistisch jedoch bisher nicht signifikant) assoziiert (2, 4).

Die Autoren der ATAC-Studie (mehrere hatten Forschungs- oder Vortragsfinanzierung von AstraZeneca, dem Hersteller von A erhalten) sind der Meinung, dass es nun an der Zeit sei, in der initialen adjuvanten Therapie des Hormonrezeptor-positiven lokalisierten Mammakarzinoms nach der Menopause A (und nicht einen anderen Aromatasehemmer, da diese in der initialen adjuvanten Therapie nicht ausreichend untersucht worden seien) anstatt T zu verordnen. Auf zahlreiche offene Fragen zur adjuvanten Therapie mit Aromatasehemmern und die aktuelle Bewertung dieser Therapiestrategie durch die American Society of Clinical Oncology (ASCO) werden wir in Kürze ausführlich eingehen (4).

Fazit: Anastrozol ist aufgrund der aktuellen Auswertungen der ATAC-Studie eine mögliche Alternative für die initiale adjuvante Therapie von postmenopausalen Frauen mit Hormonrezeptor-positivem Mammakarzinom. Die Therapiekosten verteuern sich allerdings etwa um den Faktor 10 (100 Tbl. T à 20 mg kosten nach Festbetragsregelung 53,44 EUR, 100 Tbl. A à 1 mg 558,52 EUR). Bei Kontraindikationen für oder Unverträglichkeit von Tamoxifen gilt Anastrozol bereits heute als adjuvante Therapie der Wahl. Allerdings muss den Frauen mitgeteilt werden, dass die Langzeitrisiken von Anastrozol viel weniger bekannt sind als die von Tamoxifen und noch unklar ist, welche Patientinnen tatsächlich von Anastrozol profitieren. Bei erkennbaren Risiken für Osteoporose sollte bei vorgesehener adjuvanter Therapie mit Anastrozol frühzeitig mit osteoprotektiven Maßnahmen (viel Bewegung, Kalzium, Vitamin D, evtl. Bisphosphonat) begonnen werden (5).

Literatur

  1. AMB 2004, 38, 8b.
  2. AMB 2004, 38, 14.
  3. Howell, A., et al. (ATAC = Arimidex, Tamoxifen, Alone or in Combination): Lancet 2005, 365, 60.
  4. Winer, E.P., et al.: J. Clin. Oncol. 2004. Published online: www.jco.org/cgi/reprint/23/3/619
  5. Hillner, B.E., et al.: J. Clin. Oncol. 2003, 21, 4042.