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Hypomagnesiämie, Hypokalziämie und Hypokaliämie infolge Langzeitmedikation mit Omeprazol

N. Shabajee et al. berichten im BMJ (1) über zwei Patienten mit schwerer symptomatischer Hypomagnesiämie mit konsekutiver Hypokalziämie und Hypokaliämie, die wahrscheinlich durch eine Langzeitmedikation (einmal sieben Jahre, einmal unbekannt lange) mit Omeprazol zurückzuführen ist. Eine 78-jährige polymorbide Frau nahm seit sieben Jahren wegen Duodenitis und Hiatushernie täglich 40 mg Omeprazol neben mehreren anderen Medikamenten ein. Bei Krankenhausaufnahme klagte sie über Parästhesien, Taubheitsgefühl und Schwäche in den Beinen. Eine schwere Hypokaliämie ließ sich nur unvollständig durch Kaliuminfusionen ausgleichen. Sie entwickelte Halluzinationen und tetanische Symptome. Zu dieser Zeit wurde auch eine Hypokalziämie und Hypomagnesiämie festgestellt. Unter Substitution von Kalzium und Magnesium ging es der Patientin deutlich besser, aber nach Absetzen der Substitution traten die Elektrolytstörungen schnell wieder auf. Bei der Suche nach möglichen Ursachen stießen die Autoren auf einen Leserbrief von M. Epstein et al. im N. Engl. J. Med. (2), in dem bei zwei Patienten mit Langzeitmedikation von Omeprazol ein ähnliches Syndrom sehr gut dokumentiert ist. Bei diesen beiden Patienten und auch bei der hier beschriebenen Patientin normalisierten sich alle Elektrolytstörungen nach Absetzen von Omeprazol innerhalb weniger Tage mit einer dramatischen klinischen Besserung. Bei dem zweiten Patienten von Shabajee et al. (1) handelte es sich um einen 81-jährigen Mann, der wegen häufigen Erbrechens und Polyurie ins Krankenhaus aufgenommen wurde. Er klagte über Muskelkrämpfe und Parästhesien, das Trousseausche Zeichen für Tetanie war positiv, und er war ebenfalls hypokaliämisch, hypokalziämisch und hypomagnesiämisch. Seine Parathormon(PTH)-Konzentration im Plasma war in Relation zum niedrigen Kalziumspiegel (1,5 mmol/l), wie auch bei der ersten Patientin (Kalzium 1,4 mmol/l), zu niedrig, d.h. im mittleren Normbereich. Auch bei ihm normalisierten sich alle Elektrolytstörungen und die Beschwerden nach Absetzen von Omeprazol. Bei einem Patienten von Epstein et al. (2) kam es nach Ersetzen von Omeprazol durch Esomeprazol erneut zu der kombinierten Elektrolytstörung.

Da bei allen vier Patienten und in einem weiteren Fallbericht aus dem Jahr 2002 (3) nach Absetzen des Protonenpumpenhemmers (PPI) die komplexe Störung verschwand, ist der kausale Zusammenhang wahrscheinlich. Eine voll befriedigende Erklärung gibt es jedoch nicht, zumal Omeprazol in Kurzzeittests weder die renale Elimination noch die intestinale Absorption der betroffenen Elektrolyte wesentlich verändert. Vermutlich hemmt Omeprazol durch konstante Senkung der Magensaft-Azidität bei Langzeitmedikation die Magnesiumresorption. Bei Hypomagnesiämie wird die PTH-Sekretion gebremst und weniger Kalzium aus dem Knochen mobilisiert. Daraus resultiert die Hypokalziämie, die sich erst nach Magnesiumrepletion beheben lässt. Die Hypokaliämie bei Magnesiummangel scheint auf eine Umverteilung zugunsten des intrazellulären Kaliums durch Effekte von Magnesium auf die Natrium/Kalium-ATPase der Muskelzellmembran zurückzuführen zu sein und verschwindet nach Ausgleich des Magnesiummangels (4). Beide sekundären Störungen beruhen also primär nicht auf einem Gesamtkörper-Defizit an Kalzium und Kalium. Epstein et al (2) vermuten, dass sie hier nur die Spitze eines Eisbergs gefunden haben, und dass diese UAW zu selten wahrgenommen wird, zumal Magnesiumbestimmungen nur selten durchgeführt werden.

Fazit: Eine Langzeitmedikation mit Omeprazol, vielleicht auch mit anderen PPI, kann zu Magnesiummangel mit konsekutiver Hypomagnesiämie, Hypokalziämie und Hypokaliämie und zu schweren neuromuskulären Symptomen einschließlich tetanischem Syndrom führen. PPI sollten, wenn immer möglich, intermittierend und beschwerdeorientiert, nicht jahrelang pausenlos eingenommen werden (s. 5).

Literatur

  1. Shabajee, N., et al.: BMJ 2008, 337, 173. Link zur Quelle
  2. Epstein, M., et al.: N. Engl. J. Med. 2006, 355, 1834. Link zur Quelle
  3. Subbiah, V., und Tayek, J.A.: Ann. Intern. Med. 2002, 137, 219. Link zur Quelle
  4. Alfrey, A.C.: Normal and abnormal magnesium metabolism. In Schrier, R.W.: Renal and electrolyte disorders, 6th edition; Lippincott Williams and Wilkins, Philadelphia 2003.
  5. AMB 2008, 42, 49. Link zur Quelle