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In welchen Lebensmitteln steckt das (zu viele) Kochsalz unserer Nahrung?

Ernährten wir uns nur mit ungesalzenen Lebensmitteln pflanzlicher und tierischer Herkunft, dann würden wir täglich nur 1-2 g Kochsalz zu uns nehmen. Tatsächlich liegt in Großbritannien (GB) die Kochsalzzufuhr durchschnittlich bei etwa 8-9 g/d (1). Das beste Maß hierfür ist die tägliche Kochsalzausscheidung im Urin, wenn starkes Schwitzen keine Rolle spielt. Stellen wir unsere übliche Ernährung von heute auf morgen auf eine sehr salzarme Diät von ca. 1 g/d um, dann adaptieren sich die Nieren in wenigen Tagen an diesen Zustand und scheiden auch nur etwa 1 g NaCl/d aus, in erster Linie infolge einer starken Aktivierung des Renin-Aldosteron-Systems. Im gleichen Zeitraum fällt der Blutdruck um ca. 6/3 mm Hg (2). Nehmen wir dann von einem auf den anderen Tag wieder „normal” gesalzene mitteleuropäische Nahrung zu uns, dann stört in den ersten Tagen der starke Salzgeschmack und wir gewöhnen uns erst allmählich wieder daran. Das heißt, unser großer Salzkonsum beruht auf einer gewissen Gewohnheit und ist physiologisch nicht notwendig (ausgenommen bei seltenen Krankheiten). Würde die tägliche Kochsalzzufuhr generell auf die international empfohlene Höchstmenge von 5-6 g/d (3) beschränkt, dann ließen sich in GB pro Jahr vermutlich etwa 17.000 vorzeitige Todesfälle durch Reduktion von Hypertonie-Komplikationen vermeiden (3).

Vor diesem Hintergrund führten C.N. Mhurchu et al. aus GB, Australien und Neuseeland (4) folgende Studie durch: Um Verbrauchern zu ermöglichen, ihre Kochsalzzufuhr durch Vermeiden bestimmter industriell verarbeiteter Lebensmittel zu senken, benutzten sie die Daten einer Marktforschungsfirma (Kantar Worldpanel UK), die die Einkaufslisten von ca. 21.000 britischen Haushalten vier Wochen lang erfasst hatte und in denen insgesamt ca. 44.000 Produkte vorkamen. Der Salzgehalt der Produkte wurde in g NaCl pro 100 g oder pro Portion ermittelt. Unter Berücksichtigung nicht verzehrter Essenreste und der Personenzahl im jeweiligen Haushalt wurde ermittelt, aus welchen Haupt- und Nebengruppen von Nahrungsmitteln sich die NaCl-Zufuhr zusammensetzte. Hierüber gibt die globale Messung der NaCl-Ausscheidung im 24-Stunden-Urin allerdings keine Auskunft. Außerhalb des Haushalts eingenommene Mahlzeiten und Snacks konnten nicht berücksichtigt werden. Sie wurden auf ca. 12% der zu Hause eingenommenen Mengen geschätzt.

Der größte Anteil der täglich zugeführten Salzmenge kam aus dem zu Hause dem Essen zugefügten Kochsalz (23%), gefolgt von verarbeitetem Fleisch, besonders Frühstücks-Schinkenspeck (= bacon; 18%), Brot und anderen Backwaren (13%), Molkereiprodukten, besonders Käse (12%) sowie Saucen und Brotaufstrich (11%). Mehr als ein Drittel des mit den Nahrungsmitteln eingekauften Salzes kam aus folgenden fünf Produktgruppen: Bacon, Brot, Milch, Käse und Saucen. Bei Brot, verarbeiteten Zerealien und verarbeitetem Fleisch enthielten die Produkte der Marktführer besonders viel Salz. Ein Vergleich mit Lebensmitteln in Australien ergab, dass der Salzgehalt in verarbeiteten Lebensmitteln noch deutlich höher ist als in GB. Vermutlich sind die Werte aus GB denen in Deutschland und Österreich ähnlich.

Obwohl die Ergebnisse dieser Studie auf Hochrechnungen und Schätzungen beruhen, haben sie doch eine solide, auf Messungen basierende Grundlage. Besonders Hypertonikern und übergewichtigen Personen, aber auch der Bevölkerung allgemein kann empfohlen werden, den Salzstreuer beim Kochen und Essen seltener zu benutzen. Auf die Lebensmittelindustrie muss von Verbraucherschutz-Verbänden und Gesundheitsbehörden Druck ausgeübt werden mit dem Ziel, den Salzgehalt verarbeiteter Lebensmittel zu senken. Wenn alle Nahrungsmittel weniger Salz enthalten, wird sich bis zu einem bestimmten Minimum, das sicher über dem biologisch verträglichen Minimum von ca. 1 g NaCl/d liegen wird, auch unser gustatorischer Salzbedarf vermindern. Man kann abschätzen, dass bei vielen Hypertonikern die Verminderung der Salzzufuhr auf 5-6 g/d den Blutdruck im gleichen Maß senkt wie eine medikamentöse Monotherapie. Viele Patienten mit milder oder mittelschwerer Hypertonie hätten dann einen Blutdruck im Zielbereich.

Die Studie wurde vom britischen Medical Research Council gesponsert. Die Firma Kantar Worldpanel, die auch Aufträge von Regierungsorganisationen entgegennimmt, hatte nach Aussagen der Autoren keinen Anteil an Planung und Auswertung der Studie. Ein Koautor der Studie war aber Mitarbeiter von Kantar und Berater für die Datenauswertung.

Fazit: Der Salzkonsum in Großbritannien liegt bei 8-9 g/d. In Deutschland dürfte er ähnlich hoch sein. Die internationale Empfehlung liegt bei maximal 5-6 g/d. In dieser Studie aus GB wurde ermittelt, dass ca. 23% der täglichen Salzmenge aus dem Salzstreuer kommen, 18% aus industriell verarbeitetem Fleisch, 13% aus Brot und Backwaren, 12% aus Milch und Käse und 11% aus Saucen und Brotaufstrich. Besonders Hypertoniker, aber auch die gesamte Bevölkerung, könnten von einem niedrigeren Salzkonsum gesundheitlich profitieren. Die Zunge gewöhnt sich schnell daran.

Literatur

  1. JointHealth Survey Unit. Link zur Quelle
  2. Suckling,R.J., und McGregor, G.A.: Cochrane Database Syst. Rev. 2010, Dec. 8; 12: CD006763: Link zur Quelle
  3. ScienceAdvisory Committee on Nutrition. Salt and Health. Norwich, United Kingdom: The Stationary Office, 2003. Link zur Quelle
  4. Mhurchu,C.N., et al.: Am. J. Clin. Nutr. 2010, ahead of print, Dec. 29 As doi:10.3945/ajcn.110.004481. Link zur Quelle