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Deklaration von Interessenkonflikten in Metaanalysen: mehr Transparenz erforderlich

Metaanalysen sind statistische Verfahren, die eingesetzt werden, um die Ergebnisse mehrerer Studien zu einer bestimmten Frage quantitativ zu einem Gesamtergebnis zusammenzufassen und dadurch die Aussagekraft (Ergebnissicherheit) gegenüber Einzelstudien zu erhöhen (1). Systematische Übersichtsarbeiten (SÜ) und Metaanalysen, die auf randomisierten kontrollierten Studien (RCT) basieren, haben den höchsten Evidenzgrad, werden sehr häufig zitiert und oft als Ausgangspunkt beim Erstellen evidenzbasierter Leitlinien herangezogen (2). Eine kürzlich in JAMA publizierte Untersuchung US-amerikanischer und kanadischer Wissenschaftler widmete sich der Frage, ob in Metaanalysen die Finanzierung von RCT zu Arzneimitteln durch pharmazeutische Unternehmen (PU) bzw. finanzielle Interessenkonflikte infolge von Verbindungen der Autoren zu PU in RCT adäquat transparent gemacht werden (3). Diese Transparenz ist unverzichtbar, denn es existieren zahlreiche Belege, dass klinische Arzneimittelstudien, die von PU finanziert werden oder bei denen Autoren einen finanziellen Interessenkonflikt haben, häufiger zu einem für den pharmazeutischen Sponsor positiven Ergebnis führen als Studien, die aus anderen Quellen finanziert werden (4).

Im Rahmen der Untersuchung von Roseman et al. wurden insgesamt 29 im Jahr 2009 publizierte Metaanalysen, die auf 509 RCT basierten, ausgewertet (3). Berücksichtigt wurden drei unterschiedliche Kategorien von Publikationen mit jeweils hohem Impact-Faktor: führende Fachzeitschriften mit breiter medizinischer Themenwahl (z.B. BMJ, JAMA, Lancet), führende Zeitschriften aus Fachdisziplinen (Onkologie, Kardiologie, Pneumologie, Endokrinologie, Gastroenterologie) sowie Metaanalysen aus der Cochrane Collaboration (CC). Elf der 29 Metaanalysen wurden im BMJ, JAMA, Lancet, 15 in Zeitschriften der Fachdisziplinen und drei von der CC publiziert. Die Metaanalysen untersuchten ein breites Spektrum pharmakologischer Interventionen und widmeten sich insbesondere der Wirksamkeit von Arzneimitteln und deren Risiken. Keine der ausgewerteten Metaanalysen wurde durch PU finanziell unterstützt. Vierzehn (48,3%) der Metaanalysen wurden von nicht-kommerziellen Geldgebern gefördert, vier (13,8%) erhielten keine finanzielle Unterstützung und bei mehr als einem Drittel der Metaanalysen (11/29 = 37,9%) fehlten die Angaben zur finanziellen Unterstützung. Angaben zum Sponsoring waren in 62,5% (318/509) der eingeschlossenen RCT vorhanden. Mehr als zwei Drittel dieser Metaanalysen (213/318 = 68,9%) wurden durch PU finanziell unterstützt. Erklärungen zu Interessenkonflikten der an den RCT beteiligten Autoren waren nur in 25,9% (132/509) verfügbar, wobei 68,9% der Autoren über einen oder mehrere Interessenkonflikte berichteten.

Das wichtigste Ergebnis dieser Untersuchung war, dass nur zwei der 29 Metaanalysen über die Sponsoren der zugrunde liegenden RCT berichteten und in keiner Metaanalyse Angaben zu den finanziellen Interessenkonflikten der an den RCT beteiligten Autoren gemacht wurden.

Eine Checkliste mit wichtigen Empfehlungen zur Publikation von Metaanalysen und SÜ wurde 2009 publiziert (PRISMA; 2). In dieser Checkliste werden nur Angaben zum Sponsor von Metaanalysen bzw. SÜ sowie dessen Rolle beim Erstellen der Metaanalyse bzw. SÜ gefordert, nicht aber zu den Interessenkonflikten der Autoren in den berücksichtigten einzelnen RCT.

Fazit: Metaanalysen, die in führenden medizinischen Fachzeitschriften bzw. von der Cochrane Collaboration im Jahr 2009 publiziert wurden, enthalten unzureichende Angaben zum Sponsoring durch pharmazeutische Unternehmen bzw. zu finanziellen Interessenkonflikten der an den zugrunde liegenden RCT beteiligten Autoren. Die existierenden Empfehlungen (z.B. PRISMA) zu Metaanalysen und systematischen Übersichtsarbeiten müssen hinsichtlich der Mitteilung von Interessenkonflikten überarbeitet werden und fordern, dass grundsätzlich Angaben zum Sponsor und den finanziellen Interessenkonflikten aller an den RCT beteiligten Autoren gemacht werden. Nur anhand dieser Informationen können Gutachter und Leser von Metaanalysen den sich aus Interessenkonflikten möglicherweise ergebenden Bias erkennen und bei der Interpretation der Ergebnisse berücksichtigen.

Literatur

  1. http://www.iqwig.de…pdf Link zur Quelle
  2. Moher, D., et al.(PRISMA = Preferred Reporting Items for Systematicreviews and Meta-Analyses): PloS Medicine 2009, 6,e1000097. Link zur Quelle
  3. Roseman, M., et al.: JAMA2011, 305, 1008. Link zur Quelle
  4. Schott, G., et al.: Dtsch.Arztebl. 2010, 107, 279 und 295. http://www.aerzteblatt.de… Link zur Quelle und http://www.aerzteblatt.de… Link zur Quelle ; s.a. AMB 2010, 44, 39a. Link zur Quelle