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Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) zur Nutzenbewertung von Arzneimitteln

Der G-BA hat im August, September und Oktober 2013 Beschlüsse zu folgenden Arzneimitteln gefasst:

Aflibercept (Zaltrap®) ist zugelassen in Kombination mit einer Chemotherapie bestehend aus Irinotecan/5-Fluorouracil/Folinsäure (FOLFIRI) bei Erwachsenen mit metastasiertem kolorektalem Karzinom (MCRC), das unter oder nach einem Oxaliplatin-haltigen Regime fortgeschritten ist (1). Als Vergleichstherapie wurde vom G-BA die alleinige Chemotherapie mit Irinotecan/5-Fluorouracil/Folinsäure festgesetzt. Der G-BA stellte auf der Basis der Zulassungsstudie (VELOUR-Studie) einen geringen Zusatznutzen von Aflibercept gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie fest. Die Studie zeigte für die Behandlung mit Aflibercept in Kombination mit FOLFIRI eine statistisch signifikante Verlängerung des Gesamtüberlebens gegenüber der alleinigen Behandlung mit der Kombinationschemotherapie (Hazard Ratio: 0,82; p = 0,003). Das Gesamtüberleben verlängerte sich im Median um 1,4 Monate (13,5 vs. 12,1 Monate), was in Relation zum medianen Überleben von ca. 10-13 Monaten in der Zweitlinientherapie des metastasierten kolorektalen Karzinoms als relevant angesehen wurde. Daten zur Lebensqualität wurden in der VELOUR-Studie nicht erhoben. Unter Aflibercept plus FOLFIRI kam es signifikant häufiger zu schweren unerwünschten Ereignissen, insbesondere bei Patienten, die ≥ 65 Jahre alt waren. Die Therapiekosten von Aflibercept pro Zyklus (4 mg/kg Körpergewicht) betragen pro Patient ca. 1825 €. In der VELOUR-Studie erhielten die Patienten im Median sieben Zyklen Aflibercept.

Vandetanib (Caprelsa®) ist zugelassen für die Behandlung des aggressiven und symptomatischen medullären Schilddrüsenkarzinoms (MTC) bei Patienten mit nicht resektabler, lokal fortgeschrittener oder metastasierter Erkrankung. Der G-BA hatte im September 2012 festgestellt, dass der Zusatznutzen von Vandetanib als nicht belegt gilt, weil der pharmazeutische Unternehmer die erforderlichen Nachweise nicht vorgelegt hat (vgl. 2, 3). Bei der erneuten Nutzenbewertung stellte der G-BA nun im Vergleich zur optimalen unterstützenden Therapie (Best supportive care = BSC) für Vandetanib einen Anhaltspunkt für einen geringen Zusatznutzen fest. Grundlage war die noch laufende Zulassungsstudie, von deren insgesamt 331 Patienten nur 186 der Zielpopulation mit einem aggressiven und symptomatischen Verlauf des fortgeschrittenen MTC entsprachen, 126 im Vandetanib-Arm und 60 im Plazebo-Arm. Für das Gesamtüberleben lag kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen den Behandlungsgruppen vor. Für den Endpunkt „Zeit bis zur Schmerzprogression“ zeigte sich ein statistisch signifikanter Vorteil für Vandetanib. Die mediane Zeit bis zur Schmerzprogression betrug in der Vandetanib-Gruppe ca. 11 Monate und in der Plazebo-Gruppe ca. 3 Monate. Verwertbare Daten zur Lebensqualität wurden nicht vorgelegt. Nebenwirkungen, u.a. Hautausschläge, Diarrhö und QTc-Verlängerung im EKG, waren unter Vandetanib häufiger. Der Beschluss ist bis zum 5. September 2016 befristet. Pro Patient betragen die Jahrestherapiekosten für Vandetanib 65.504,97 €, die Kosten für BSC sind individuell unterschiedlich.

Lixisenatid (Lyxumia®) ist ein Inkretinmimetikum und zugelassen bei Erwachsenen zur Behandlung des Typ-2-Diabetes mellitus in Kombination mit oralen blutzuckersenkenden Arzneimitteln und/oder Basalinsulin, wenn diese zusammen mit Diät und Bewegung den Blutzucker nicht ausreichend senken (4). Der G-BA hat verschiedene Therapiesituationen unterschieden und entsprechend unterschiedliche Vergleichstherapien festgelegt:

  • Lixisenatid plus Metformin. Vergleichstherapie: Sulfonylharnstoff (Glibenclamid oder Glimepirid) plus Metformin,
  • Lixisenatid plus orales Antidiabetikum außer Metformin. Vergleichstherapie: Metformin (wenn nicht geeignet: Humaninsulin) plus Sulfonylharnstoff (Glibenclamid oder Glimepirid),
  • Lixisenatid plus Metformin und Sulfonylharnstoff. Vergleichstherapie: Metformin plus Humaninsulin,
  • Lixisenatid plus Basalinsulin mit oder ohne Metformin. Vergleichstherapie: Metformin plus Humaninsulin,

Für alle Anwendungsgebiete stellte der G-BA aus verschiedenen Gründen fest, dass der Zusatznutzen nicht belegt ist bzw. als nicht belegt gilt. Allgemein merkt er an, dass für Lixisenatid bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 sowohl für die Add-on-Kombinationstherapie mit oralen Antidiabetika als auch mit Basalinsulin in plazebokontrollierten Studien die Wirksamkeit hinsichtlich eines moderaten blutzuckersenkenden Effektes gezeigt werden konnte. Allerdings ergeben sich unter Lixisenatid Hinweise auf ein erhöhtes Risiko für kardiale Nebenwirkungen wie Tachykardien. Auf Grund der kurzen Beobachtungsdauer sei eine valide Bewertung, insbesondere des Sicherheitsprofils von Lixisenatid, nicht möglich. Langzeitdaten für Lixisenatid zum Gesamtüberleben, zur kardiovaskulären Sicherheit und zum generellen Sicherheitsprofil liegen noch nicht vor. Diese seien aufgrund des chronischen Verlaufes des Diabetes mellitus Typ 2 und der daraus resultierenden Langzeitbehandlung der Patienten jedoch dringend erforderlich. Die Jahrestherapiekosten pro Patient betragen für Lixisenatid 282,79 €, für Metformin 16,31 € und für Glibenclamid 12,77 €.

Pertuzumab (Perjeta®) ist zugelassen zur Anwendung in Kombination mit Trastuzumab und Docetaxel bei erwachsenen Patientinnen mit HER2-positivem metastasiertem oder lokal rezidivierendem, inoperablem Brustkrebs, die zuvor noch keine Anti-HER2-Therapie oder Chemotherapie zur Behandlung ihrer metastasierten Erkrankung erhalten haben (vgl. 5, 6). Als zweckmäßige Vergleichstherapie legte der G-BA fest:

  • zur Behandlung des metastasierten Brustkrebses Trastuzumab in Kombination mit einem Taxan (Paclitaxel, Docetaxel),
  • zur Behandlung des lokal rezidivierten, inoperablen Brustkrebses die Strahlentherapie.

Für Patientinnen mit viszeraler Metastasierung stellte der G-BA einen Anhaltspunkt für einen beträchtlichen Zusatznutzen fest, bei Patientinnen mit nicht-viszeraler Metastasierung sah er einen Zusatznutzen als nicht belegt. Grundlage der Bewertung waren die Ergebnisse der noch laufenden Zulassungsstudie (CLEOPATRA). Nur etwa 10% der eingeschlossenen Patientinnen waren – dem heutigen Therapiestandard entsprechend – mit Trastuzumab vorbehandelt worden. Beim Gesamtüberleben zeigte sich statistisch ein signifikanter Vorteil für die Behandlung mit Pertuzumab gegenüber der Vergleichstherapie nur für Patientinnen mit viszeraler Metastasierung, nicht jedoch für Patientinnen mit nicht-viszeraler Metastasierung. Für die Endpunkte zur gesundheitsbezogenen Lebensqualität lagen keine verwertbaren Daten vor, da die Endpunkte zum einen auf einer nicht validierten Version des FACT-B (Functional Assessment of Cancer Therapy – Breast Cancer) basierten und zum anderen teilweise post-hoc definiert wurden. In der Pertuzumab-Gruppe waren signifikant mehr Patientinnen von schwerwiegenden unerwünschten Ereignissen betroffen als im Vergleichsarm (u.a. Neutropenie, febrile Neutropenie, Diarrhö).

Für Patientinnen mit HER2-positivem lokal rezidivierendem, inoperablem Brustkrebs lagen keine Daten für einen Vergleich von Pertuzumab in Kombination mit Trastuzumab und Docetaxel mit einer Strahlentherapie vor, so dass ein Zusatznutzen als nicht belegt gilt. Der Beschluss wurde auf fünf Jahre befristet. Die Jahrestherapiekosten pro Patientin (= 17 Zyklen) betragen für Pertuzumab 60.656,40 €, für Docetaxel 28.434,37 € und für Paclitaxel 25.070,92 €. In der CLEOPATRA-Studie erhielten die Patientinnen Pertuzumab über im Median 18 Therapiezyklen.

Literatur

  1. http://www.g-ba.de/informationen/beschluesse/1797/ Link zur Quelle
  2. AMB 2012, 46,50 Link zur Quelle . AMB 2012, 46, 79a. Link zur Quelle
  3. http://www.g-ba.de/informationen/beschluesse/1807/ Link zur Quelle
  4. http://www.g-ba.de/informationen/beschluesse/1806/ Link zur Quelle
  5. AMB 2013, 47,37. Link zur Quelle
  6. http://www.g-ba.de/informationen/beschluesse/1828/ Link zur Quelle