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Biologischer oder mechanischer Ersatz der Aortenklappe? Langzeitergebnisse bei Patienten zwischen 50 und 69 Jahren

Ca. 50.000 Patienten benötigen in den USA jährlich eine neue Aortenklappe (1). Ursachen für die Letalität im Zusammenhang mit einem Aortenklappen-Ersatz sind: direkt operationsbedingte Komplikationen, Schlaganfälle und große Blutungsereignisse. Für Patienten > 70 Jahre wird in der Regel eine Bioklappe vorgeschlagen, da das Risiko für Blutungen geringer ist als bei der antikoagulationspflichtigen mechanischen Herzklappe und außerdem die Notwendigkeit einer Reoperation wegen des Alters meist nicht erreicht wird (2, 3). Der optimale Herzklappen-Ersatz bei jüngeren Patienten ist weniger klar (2, 3). Bei jüngeren Patienten degeneriert die biologische Klappe schneller und die Lebenserwartung ist höher, weshalb eine Reoperation mit den entsprechenden Operationsrisiken wahrscheinlicher ist (4). Prospektive Studien zur Langzeitletalität und Morbidität bei jüngeren Patienten mit biologischem bzw. mechanischem Aortenklappenersatz sind für sichere Aussagen zahlenmäßig zu klein (5). Größere retrospektive Studien sind monozentrisch und dadurch in ihrer Aussagekraft eingeschränkt (6). Deshalb wurde jetzt eine Datenbank-basierte retrospektive Analyse mit der Frage nach Langzeitletalität und -morbidität nach Aortenklappen-Ersatz bei jüngeren Patienten (50-69 Jahre) vorgelegt (1).

Diese retrospektive Kohortenanalyse untersuchte Morbidität und Letalität bei Patienten zwischen 50 und 69 Jahren, bei denen im Bundesstaat New York zwischen dem 1.1.1997 und 31.12.2004 eine Aortenklappe ersetzt wurde (Ersteingriff und ausschließlich Aortenklappe). Es wurden 4.253 Patienten in die Studie eingeschlossen. Von diesen Patienten bekamen 1.466 eine biologische und 2.787 eine mechanische Aortenklappe. Das mediane Alter war 62 Jahre in der Gruppe mit biologischer und 60 Jahre in der Gruppe mit mechanischer Aortenklappe. Bei den Indikationen für den Klappenersatz gab es keinen statistischen Unterschied zwischen den beiden Gruppen. Hinsichtlich der Begeleiterkrankungen zeigte sich lediglich bei Patienten mit Diabetes mellitus ein geringer Unterschied: 313 (21%) bekamen eine Bioklappe und 489 (18%) eine mechanische Klappe. Die mediane Nachverfolgungszeit betrug 10,8 Jahre. Der primäre Endpunkt der Studie war die Gesamtletalität. Sekundäre Endpunkte waren Schlaganfall, Reoperation und große Blutungsereignisse.

Es fand sich kein Unterschied in der Gesamtletalität zwischen den beiden Gruppen. Die errechnete 15-Jahre-Überlebenszeit lag bei 60,6% (95%-Konfidenzintervall = CI: 56,3%-64,9%) in der Gruppe mit Bioklappe und bei 62,1% (CI: 58,2%-66,0%) in der Gruppe mit mechanischer Herzklappe (Hazard-Ratio: 0,97; CI: 0,83-1,14). Schlaganfälle traten in beiden Gruppen – kumulativ auf 15 Jahre berechnet – gleich häufig auf (7,7% vs. 8,6%). Reoperationen wurden in der Gruppe mit biologischer Aortenklappe signifikant häufiger nötig: 12,2% (CI: 8,8%-15,4%) vs. 6,9% (CI: 4,2%-9,6%). Die kumulative Inzidenz großer Blutungsereignisse über 15 Jahre war 6,6% (CI: 4,8-8,4%) in der Gruppe mit biologischer vs. 13% (CI: 9,9%-16,1%) in der Gruppe mit mechanischer Aortenklappe. Die 30-Tage-Letalität war 18,7% bei Schlaganfall, 9% bei Reoperation und 13,2% bei großen Blutungsereignissen.

Fazit: In dieser großen retrospektiven multizentrischen Studie fand sich kein Unterschied in der 15-Jahre-Überlebenszeit zwischen den Patienten, die eine biologische und denen, die eine mechanische Aortenklappe bekommen hatten. Bei mechanischen Herzklappen traten erwartungsgemäß häufiger große Blutungsereignisse auf, dagegen wurde in der Gruppe mit biologischen Aortenklappen häufiger eine Reoperation nötig. Diese Untersuchung legt nahe, dass auch bei jüngeren Patienten zwischen 50-69 Jahren eine biologische Aortenklappe eine Option ist.

Literatur

  1. Ciang, Y.P.,et al.: JAMA 2014, 312, 1323. Link zur Quelle
  2. Nishimura,R.A., et al.:Circulation 2014, 129, e521 Link zur Quelle .Erratum: Circulation 2014, 129, e651.
  3. Vahanian,A., et al.: Eur. Heart J. 2012, 33, 2451. Link zur Quelle
  4. Grunkemeier,G.L., et al.: Curr. Prob. Cardiol. 2000, 25, 73. Link zur Quelle
  5. Stassano, P.,et al.: J. Am. Col. Cardiol. 2009, 54, 1862. Link zur Quelle
  6. Ruel, M., etal.: Am. Thorax Sug. 2004, 78, 77. Link zur Quelle