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Beurteilung des Werts von Neuraminidase-Hemmern bei der Grippetherapie – Beeinflussung durch finanzielle Interessenkonflikte

Studiendaten zur Therapie und Prophylaxe der Influenza mit Neuraminidase-Hemmern wurden zurückgehalten und nur zögerlich und unvollständig offen gelegt. Deshalb ist es bei der Beurteilung des Nutzens zu skandalösen Fehleinschätzungen gekommen. Sie haben außerdem zu einer massiven Verschwendung von Steuergeldern geführt. Wir haben mehrfach darüber berichtet (1). Metaanalysen und systematische Übersichten, die von Experten zu bestimmten Therapie- oder Prophylaxe-Strategien erarbeitet werden, beeinflussen die Einschätzung und Verschreibungen vieler Ärzte. Deshalb ist es wichtig, dass Empfehlungen aus solchen Analysen nicht von Interessenkonflikten der Autoren beeinflusst werden. Nun haben australische Wissenschaftler untersucht, ob finanzielle Interessenkonflikte die Beurteilung von Neuraminidase-Hemmern zur Therapie und Prophylaxe der Influenza in systematischen Übersichten beeinflusst haben könnten (2).

Diese retrospektive Analyse galt den wissenschaftlichen Publikationen aus dem Zeitraum Januar 2005 bis Mai 2014. Zwei unabhängige Untersucher, die keine Informationen zu den Interessenkonflikten der Autoren hatten, untersuchten alle diese Publikationen hinsichtlich der Frage, ob Neuraminidase-Hemmer darin als nützlich für die Therapie oder Prophylaxe der Influenza bewertet wurden oder nicht. Andere Untersucher ermittelten die Interessenkonflikte der Autoren anhand der Angaben in den Publikationen und mittels Internet-Recherchen. Danach wurden die Beurteilungen der Neuraminidase-Hemmer mit den Interessenkonflikten korreliert.

Es wurden 827 Publikationen gefunden, die die Suchkriterien erfüllten. Von diesen wurden 26 als systematische Übersichtsarbeiten identifiziert. Zur Prophylaxe der Influenza mit Neuraminidase-Hemmer wurde in 13 und zur Therapie in 24 dieser Publikationen Stellung genommen, sieben davon waren Cochrane- und 19 andere Analysen.

Sieben der 26 systematischen Übersichtsarbeiten (27%) – entsprechend acht von 37 Auswertungen (22%) – waren mit finanziellen Interessenkonflikten assoziiert. 12 der 37 Auswertungen (32%) kamen zu einer positiven Einschätzung der Neuraminidase-Hemmer. Davon bezogen sich drei von 13 (23%) auf die Prophylaxe und neun von 24 (38%) auf die Therapie der Influenza.

Korreliert man diese Einschätzungen mit den finanziellen Interessenkonflikten der Autoren dieser Publikationen, dann zeigt sich, dass in sieben von acht (88%) Publikationen mit Interessenkonflikten und in fünf von 29 (17%) ohne Interessenkonflikte eine positive Einschätzung der Neuraminidase-Hemmer abgegeben wurde. Bei separater Auswertung von Prophylaxe und Therapie ergab sich Folgendes: zwei von zwei (100%) Publikationen mit Interessenkonflikten und eine von elf (9%) ohne Interessenkonflikte beurteilten die Neuraminidase-Hemmer positiv hinsichtlich der Prophylaxe der Influenza. Fünf von sechs (83%) mit Interessenkonflikten und vier von 18 (22%) ohne Interessenkonflikte beurteilten die Neuraminidase-Hemmer positiv hinsichtlich der Therapie der Influenza.

Eine wesentliche Einschränkung ergab sich in dieser Studie dadurch, dass mehrere Publikationen zu diesem Thema die gleichen Autoren hatten. Ein Schuft, wer Böses dabei denkt!

Fazit: Autoren von Metaanalysen und systematischen Übersichtsarbeiten mit finanziellen Interessenkonflikten scheinen Neuraminidase-Hemmer bei Prophylaxe und Therapie der Influenza eher zu empfehlen als solche ohne finanzielle Interessenkonflikte.

Literatur

  1. AMB 2006, 40,17 Link zur Quelle . AMB 2009, 43, 28b Link zur Quelle . AMB 2010,44, 04 Link zur Quelle . AMB 2012, 46, 49 Link zur Quelle .AMB 2012, 46, 40DB01 Link zur Quelle . AMB 2014, 48, 48DB01. Link zur Quelle
  2. Dunn,A.G., et al.: Ann. Intern. Med. 2014, 161, 513. Link zur Quelle