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Wirksamkeit und Sicherheit einer neuen antituberkulösen Kombinationstherapie

Nach mehreren Jahrzehnten Stagnation in der Tbc-Behandlung wurden in den letzten Jahren neue antimykobakterielle Wirkstoffe entwickelt (vgl. 1). Viele dieser Neuentwicklungen zielen auf eine Wirksamkeit gegen mehrfach resistente M. tuberculosis-Stämme ab, aber auch darauf, die Dauer der Therapie möglichst zu verkürzen (1). Für den Erfolg der Therapie ist es besonders wichtig, dass die Medikamente in korrekter Dosis und ununterbrochen eingenommen werden (Adhärenz); das ist schwierig zu erreichen, weil die kombinierte Therapie mit mehreren täglich einzunehmenden Tabletten monatelang dauert und die Wirkstoffe auch nicht immer gut vertragen werden. Über die Wirksamkeit von Moxifloxacin (Avalox®) bei Tbc (2, 3) sowie über die ersten klinischen Studien mit Bedaquilin (TMC207) und mit Delamanid bei Patienten mit multiresistenter pulmonaler Tbc haben wir referiert (4, 5). Ein weiterer neuer Wirkstoff, Pretomanid (PA-824), ein Nitroimidazon-Oxazin, hat sich in Dosisfindungsstudien in einem Mausmodell der Tbc als wirksam gezeigt (6). Jetzt wurde Pretomanid in einer Phase-IIb-Studie zusammen mit Moxifloxacin und Pyrazinamid getestet (7).

Die Studie an sechs Zentren in Südafrika und an zwei in Tansania war offen, randomisiert (bis auf die MDR-Gruppe) und untersuchte die antituberkulöse Wirksamkeit bei 207 Patienten mit Sputum-positiver Lungen-Tbc mit und ohne Nachweis von multiresistenten Mykobakterien (MDR = Multi Drug Resistance = Resistenz gegen Rifampicin und Isoniazid). Die im Sputum nachgewiesenen Mykobakterien wurden auf ihre Empfindlichkeit gegenüber Pyrazinamid und Moxifloxacin geprüft. Es wurden folgende Therapiegruppen gebildet (jeweils Tagesdosierungen für 56 Tage):

  1. 400 mg Moxifloxacin plus 100 mg Pretonamid plus 1500 mg Pyrazinamid (empfindlich); n = 60; 38 Männer; mittleres Alter 29,5 Jahre; 43 schwarz; 12 HIV-infiziert.
  2. 400 mg Moxifloxacin plus 200 mg Pretonamid plus 1500 mg Pyrazinamid (empfindlich); n = 62; 40 Männer; mittleres Alter 30,9 Jahre; 46 schwarz; 8 HIV-infiziert.
  3. Standard-Therapie (INH plus Rifampicin plus Pyrazinamid plus Ethambutol; empfindlich); n = 59; 41 Männer; mittleres Alter 30,4 Jahre; 43 schwarz; 13 HIV-infiziert.
  4. 400 mg Moxifloxacin plus 200 mg Pretonamid plus 1500 mg Pyrazinamid (MDR); n = 26; 16 Männer; mittleres Alter 32,4 Jahre; 15 schwarz; 7 HIV-infiziert.

Zur mikrobiologischen Analyse wurde Sputum an folgenden Tagen untersucht: Tag 1, 2, 3, 7, 14, 21, 28, 35, 42, 49 und 56. Für die Untersuchungen in den ersten 14 Tagen wurden die Patienten stationär aufgenommen. Dies war aber nur für eine Subgruppe möglich; in der übrigen Zeit wurden die Patienten ambulant betreut. Primäres Ziel der Studie war es, die antituberkulöse Wirksamkeit der Kombinationen zu vergleichen und zwar u.a. an Hand der Reduktion Kolonie-bildender Einheiten pro ml (CFUs/ml) in der Übernacht-Kultur. Zusätzlich wurden Nebenwirkungen erfasst.

Die mediane Zeit bis zur negativen Sputum-Kultur auf Festnährböden betrug 28 Tage in den Gruppen 1 und 2 sowie 35 Tage in den Gruppen 3 und 4. Bei Verwendung von Flüssigmedien betrug die Zeit bis zur negativen Kultur im Median 42 Tage in Gruppe 1, 49 Tage in Gruppe 2 und 56 Tage in den Gruppen 3 und 4. Bei Verwendung beider Anzuchtmethoden waren die Zeiten der neuen Kombinationstherapie signifikant kürzer als bei der Standard-Therapie.

Die bakterizide Aktivität der verschiedenen Regime wurde an Hand der kulturellen Ergebnisse mit Hilfe eines komplizierten Modells für nicht-lineare gemischte Effekte verglichen (8). Die bakterizide Aktivität war in Gruppe 2 (neue Kombination) in den Tagen 0-56 deutlich stärker als mit der Standard-Therapie. Auch in der schwer zu behandelnden Gruppe 4 (MDR) war die bakterizide Wirkung besser als bei konventioneller Therapie. Die bakterizide Wirkung während der Tage 7-14 korrelierte stark mit der über den Zeitraum 7-56 Tage.

Die Häufigkeit von Nebenwirkungen unterschied sich in den Gruppen nicht. Die häufigste war in allen Gruppen Hyperurikämie (29%). Übelkeit (14%) und Erbrechen (7%) waren ebenfalls häufig. Es wurden keine signifikanten Verlängerungen der QT-Zeit registriert. Während der Behandlung wurden keine neuen Resistenzen entdeckt.

Fazit: Die antituberkulöse Kombinationstherapie, bestehend aus Moxifloxacin plus Pretomanid plus Pyrazinamid, wirkt stärker bakterizid als die Vierfach-Standard-Therapie und erscheint bisher relativ sicher. Mit der neuen Kombination können jetzt Phase-III-Studien zur Verkürzung der Therapie bei Patienten mit sensibler wie auch multiresistenter Lungen-Tbc durchgeführt werden. Es deutet sich ein Fortschritt in der Tbc-Therapie nach über 50 Jahren an.

Literatur

  1. AMB 2014, 48,57. Link zur Quelle
  2. AMB 2009, 43,61. Link zur Quelle
  3. AMB 2014, 48,87a. Link zur Quelle
  4. AMB 2009, 43,69b. Link zur Quelle
  5. AMB 2012, 46,53. Link zur Quelle
  6. Tyagi, S., et al.:Antimicrob. Agents Chemother. 2005, 49, 2289. Link zur Quelle
  7. Dawson, R., et al.:Lancet 2015. Link zur Quelle
  8. Davies, G.R., et al.:Antimicrob. Agents Chemother. 2006, 50, 3154. Link zur Quelle