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Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) zur frühen Nutzenbewertung neuer Arzneimittel

Die Wirkstoffkombination Insulin degludec/Liraglutid (Xultophy®) wurde in einem neuen Anwendungsgebiet bewertet: in Kombination mit oralen blutzuckersenkenden Arzneimitteln, wenn diese Mittel in Kombination mit einem GLP-1-Rezeptor-Agonisten den Blutzuckerspiegel nicht ausreichend regulieren. Weil der pharmazeutische Unternehmer (pU) keine geeigneten Daten vorgelegt hatte, sah der G-BA im Vergleich zu Metformin plus Humaninsulin einen Zusatznutzen von Insulin degludec/Liraglutid als nicht belegt an, ebenso wie in früheren Beschlüssen (1, vgl. 2). Die Jahrestherapiekosten pro Patient betragen für Insulin degludec/Liraglutid ca. 2700-3500 €, für Humaninsulin (NPH-Insulin) ca. 380-760 € und für Metformin 30-100 €.

Auch Nivolumab, ein monoklonaler Antikörper, der an den PD-1-Rezeptor auf T-Zellen bindet und die Interaktion mit dem Liganden PD-L1 und PD-L2 auf Krebszellen hemmt, wurde in einem neuen Anwendungsgebiet bewertet: zur Behandlung des lokal fortgeschrittenen oder metastasierten nichtkleinzelligen Lungenkarzinoms (NSCLC) mit plattenepithelialer Histologie nach vorheriger Chemotherapie bei Erwachsenen (3, vgl. 4). Je nach Allgemeinzustand der Patienten legte der G-BA als Vergleichstherapie Docetaxel oder Best Supportive Care (BSC) fest. Im Vergleich zu Docetaxel stellte der G-BA einen Hinweis auf einen beträchtlichen Zusatznutzen fest. Grundlage der Bewertung war die Zulassungsstudie, bei der eine Zwischenanalyse einen statistisch signifikanten Unterschied zugunsten von Nivolumab für das Gesamtüberleben zeigte (mediane Überlebenszeit 9,2 Monate vs. 6,0 Monate). Die Studie wurde daraufhin vorzeitig beendet. Im Vergleich zu BSC sah der G-BA den Zusatznutzen als nicht belegt an, weil keine adäquaten Daten vorlagen. Die Jahrestherapiekosten pro Patient betragen für Nivolumab ca. 100.000 € und für Docetaxel ca. 22.000 €. Für BSC sind sie individuell unterschiedlich.

Pembrolizumab (Keytruda®) ist ein monoklonaler Antikörper, der mit dem PD-1-Rezeptor auf T-Zellen interagiert und die Immunantwort gegen Krebszellen stimuliert. Er ist zugelassen zur Behandlung des fortgeschrittenen (nicht resezierbaren oder metastasierten) Melanoms bei Erwachsenen (5). Der Wirkstoff soll die durch T-Zellen vermittelte Immunreaktion des Körpers gegen den Tumor verstärken. Bei vorbehandelten Patienten stellte der G-BA im Vergleich zu einer patientenindividuellen Therapie einen Hinweis auf einen beträchtlichen Zusatznutzen fest. Bei nicht vorbehandelten Patienten mit einem BRAF-V600-Wildtyp-Tumor sah der G-BA im Vergleich zu Ipilimumab einen Anhaltspunkt für einen beträchtlichen Zusatznutzen, dagegen bei einem BRAF-V600-mutierten Tumor im Vergleich zu Vemurafenib einen Zusatznutzen als nicht belegt an. Die Jahrestherapiekosten pro Patient betragen für Pembrolizumab ca. 150.000 €, für Vemurafenib 93.000 € und für Ipilimumab 75.000 €.

Netupitant/Palonosetron (Aynzeo®) ist zugelassen zur Behandlung von Übelkeit und Erbrechen bei Chemotherapie aufgrund einer Krebserkrankung (6). Im Vergleich zu einer Zweifach- bzw. Dreifachkombination bestehend aus einem Serotonin-Antagonisten plus Dexamethason plus ggf. einem Neurokinin-1-Rezeptorantagonisten (z.B. Aprepitant; vgl. 7) sah der G-BA einen Zusatznutzen als nicht belegt an. Grund waren die fehlenden bzw. unzureichenden Daten und methodische Mängel einer eingereichten Studie. Die Jahrestherapiekosten betragen für z.B. Netupitant/Palonosetron plus Dexamethason ca. 180 €, für Ondansetron plus Dexamethason 40-150 €.

Gaxilose (LacTestTM) ist ein Diagnostikum, das zugelassen ist zur Diagnose der Hypolaktasie bei Erwachsenen mit klinischen Symptomen einer Laktoseintoleranz (8). Der pU hat kein Dossier eingereicht; deswegen gilt ein Zusatznutzen im Vergleich zu einem H2-Atemtest als nicht belegt. Die Kosten für Gaxilose liegen bei ca. 60 €, für einen H2-Atemtest bei 10 €.

Tiotropium/Olodaterol (Spiolto®Respimat®) ist zugelassen als Bronchodilatator zur Dauerbehandlung, um bei erwachsenen Patienten mit chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) die Symptome zu lindern. Anhand des Schweregrads der COPD wurden für die Nutzenbewertung zwei Patientengruppen unterschieden (9):

· Bei Patienten mit COPD ab einem mittleren Schweregrad sah der G-BA im Vergleich zu Tiotropium einen Hinweis für einen geringen Zusatznutzen, da in den vorgelegten Studien signifikant weniger Therapieabbrüche wegen unerwünschter Ereignisse notwendig waren.

· Bei Patienten mit darüber hinaus gehenden Schweregraden mit mindestens zwei Exazerbationen pro Jahr sah der G-BA gegenüber Tiotropium und zusätzlich inhalativen Kortikosteroiden einen Anhaltspunkt für einen geringeren Nutzen. Bei den schweren Exazerbationen (d.h. Verschlechterungen, die zu einem Krankenhausaufenthalt führen) zeigte sich ein statistisch signifikanter Nachteil für Tiotropium/Olodaterol (Relatives Risiko: 3,32, 95%-Konfidenzintervall: 1,02-10,84; p = 0,047).

Die Jahrestherapiekosten für Tiotropium/Olodaterol betragen ca. 920 €, für Tiotropium 660 € und für z.B. Beclometason ca. 100 €.

Pertuzumab (Perjeta®), ein monoklonaler Antikörper gegen HER2-Rezeptoren (vgl. 10), wurde in einem neuen Anwendungsgebiet bewertet: zur neoadjuvanten Behandlung des HER2-positiven lokal fortgeschrittenen, entzündlichen oder frühen Brustkrebses mit hohem Rezidivrisiko, in Kombination mit Trastuzumab und Chemotherapie (11, vgl. 12). Im Vergleich zu einem Therapieschema, das Trastuzumab, ein Taxan (Paclitaxel oder Docetaxel) und ggf. ein Anthrazyklin (Doxorubicin oder Epirubicin) enthält, sah der G-BA einen Zusatznutzen als nicht belegt an. Grundlage waren Daten einer offen durchgeführten Phase-II-Studie, in der hinsichtlich der relevanten Endpunkte zwischen den beiden wesentlichen Behandlungsarmen mit insgesamt 214 Patientinnen keine statistisch signifikanten Unterschiede aufgetreten waren. Die Jahrestherapiekosten betragen für Pertuzumab plus Trastuzumab plus Docetaxel ca. 25.000-45.000 €, für Trastuzumab plus Docetaxel ca. 12.000-25.000 €.

Literatur

  1. https://www.g-ba.de/informationen/beschluesse/2492/ Link zur Quelle
  2. AMB 2015, 49, 96 Link zur Quelle. AMB 2015, 49, 79b Link zur Quelle . AMB 2015, 49, 15b Link zur Quelle. AMB 2014, 48, 96. Link zur Quelle
  3. https://www.g-ba.de/informationen/beschluesse/2491/ Link zur Quelle
  4. AMB 2016, 50, 16. Link zur Quelle
  5. https://www.g-ba.de/informationen/beschluesse/2490/ Link zur Quelle
  6. https://www.g-ba.de/informationen/beschluesse/2489/ Link zur Quelle
  7. AMB 2007, 41, 09. Link zur Quelle
  8. https://www.g-ba.de/informationen/beschluesse/2488/ Link zur Quelle
  9. https://www.g-ba.de/informationen/beschluesse/2487/ Link zur Quelle
  10. AMB 2013, 47, 32. Link zur Quelle
  11. https://www.g-ba.de/informationen/beschluesse/2498/ Link zur Quelle
  12. AMB 2013, 47, 85 Link zur Quelle. AMB 2013, 47, 37. Link zur Quelle