Zusammenfassung:
Eine ”Eradikation" von Helicobacter pylori nach einem erprobten
Dreifachschema gilt zur Zeit als Standardtherapie der Ulkuskrankheit, wenn eine
Infektion des Magens und/oder des Duodenums mit diesem Bakterium nachgewiesen
ist. Gelingt seine Ausmerzung nicht, muß neben einer primären Resistenz auch an
mangelnde Compliance des Patienten gedacht werden. Eine zweite Behandlung
sollte durch vorherige bakterielle Kultur mit Antibiogramm abgesichert sein.
Pragmatisch kann eine wismuthaltige Vierfachkombination versucht werden.
Gelingt auch damit die Eradikation nicht, bleibt als Ultima Ratio die
Dauertherapie mit einem Protonenpumpeninhibitor. Kommt es nach Jahren zu einem
Rezidiv des Ulkus und der Infektion, ist von einer Neuinfektion auszugehen. In
diesem Fall kann nach dem ursprünglichen Schema behandelt werden.
Ein
gestörtes Gleichgewicht zwischen defensiven und aggressiven Faktoren in der
Mukosa soll die Ursache von Ulcus ventriculi und duodeni sein. Allgemein wird
akzeptiert, daß eine chronische Infektion mit Helicobacter pylori (HP)
wesentlich an der Ulkusentstehung im Magen (bei ca. 70-80% der Patienten) und
Duodenum (bei ca. 80-90% der Patienten) beteiligt ist. Daneben wird die
HP-Infektion auch für andere Erkrankungen (z.B. Gastritis, Dyspepsie,
Magenkarzinom, MALT-Lymphom) mitverantwortlich gemacht. Die als
”Eradikation" bezeichnete Eliminierung von HP wird von verschiedenen
Fachverbänden als Standardtherapie bei den in Tab. 1 aufgeführten Erkrankungen
angesehen (1).
Zur Eradikation von
HP hat sich eine Dreifachtherapie (sogenannte Tripeltherapie) etabliert, die
aus einem Protonenpumpeninhibitor (PPI), kombiniert mit Clarithromycin plus
Amoxicillin (nicht Ampicillin) oder Metronidazol (bzw. Tinidazol) besteht (Tab.
2; s.a. AMB 1993, 27, 28; 1994, 28, 59; 1995, 29, 67 und
1996, 30, 13). Für diese Therapieform spricht die gute Wirksamkeit, die
kurze Therapiedauer und die meist tolerablen Nebenwirkungen, die nur selten zum
Therapieabbruch führen. Bei konsequenter Durchführung dieser Therapie wurden in
klinischen Studien Eradikationsraten von über 90% erreicht (Übersicht bei 1,
2). Der wesentliche therapeutische Fortschritt besteht darin, daß mit der
Eradikation oft eine langdauernde Heilung der Ulkuskrankkeit erreicht werden
kann. Eine Zweifachtherapie (Omeprazol plus Amoxicillin oder Clarithromycin)
ist trotz niedriger Kosten und etwas geringerer Nebenwirkungen wegen
signifikant niedrigerer Erfolgsrate und der damit verbundenen Notwendigkeit
einer erneuten Therapie mit erneuten Kosten nicht zu empfehlen (1).
Überprüfung des
Behandlungserfolges: Grundsätzlich muß nach einer Eradikationstherapie bei
Patienten mit kompliziertem Ulkus (z.B. blutendes Ulcus duodeni), Ulcus
ventriculi oder MALT-Lymphom der Behandlungserfolg überprüft werden. Bei
Patienten, bei denen eine Eradikation aus anderer Indikation durchgeführt
wurde, ist eine Kontrolle des Therapieerfolges ratsam, aber nicht obligat. Der
richtige Zeitpunkt ist wichtig. Wird unmittelbar im Anschluß an eine
Eradikationstherapie überprüft, besteht eine Fehlerquelle darin, daß, obwohl
noch Erreger vorhanden sind, ihre Zahl durch Säuresuppression und Antibiose unterhalb
der Nachweisgrenze liegt.
Weder die
Bestimmung der Ureaseaktivität durch Schnell- oder Atemtest noch die Histologie
ergeben dann korrekte Befunde (3). Mit der Therapiekontrolle sollte daher
mindestens vier, besser sechs bis acht Wochen gewartet werden. Zu diesem
Zeitpunkt ist sowohl der 13C-Harnstoff-Atemtest wie auch die erneute
endoskopische Untersuchung mit Biopsie zum Nachweis von HP geeignet. Der
Vorteil der endoskopischen Untersuchung ist, daß mit ihr zusätzlich ein
makroskopisch-mikroskopischer Befund (z.B. Malignomausschluß beim Ulcus
ventriculi zur Verfügung steht. Die Sensitivität des Ureaseschnelltests kann
gesteigert werden, wenn zwei separate Biopsien aus Korpus und Antrum entnommen
werden. Der 13C-Harnstoff-Atemtest hat neben den niedrigeren Kosten
den Vorteil, daß mit ihm eine fokale Besiedlung des Magens mit HP besser erfaßt
wird. Die Bestimmung von HP-IgG-Antikörpern (serologische Untersuchung) eignet
sich zwar in epidemiologischen Studien als nicht-invasive diagnostische Methode
zum Nachweis einer HP-Infektion. Sie eignet sich aber nicht zur Beurteilung des
Therapieerfolgs, da auch nach einer erfolgreichen Eradikation der Titer in der
Regel erst nach vier bis sechs Wochen signifikant abfällt. Darüber hinaus kann
bei einer einzelnen Bestimmung des Titers nicht zwischen einer aktiven und
stattgehabten Infektion unterschieden werden.
Faktoren, die den
Erfolg einer Eradikationstherapie negativ beeinflussen: Bei 10-20% der
Patienten wird im Rahmen der Überprüfung erneut HP nachgewiesen. Die Ursachen
für das Versagen der Eradikationstherapie sind in Tab. 3 aufgeführt.
Multivarianzanalysen belegen, daß die Compliance der Patienten der wichtigste
Faktor für den Therapieerfolg ist (4). Nimmt der Patient mehr als 60% der
vorgesehenen Tabletten ein, wird der Eradikationsversuch nicht negativ
beeinflußt. Werden weniger als 60% der Tabletten eingenommen, verringert sich
der Eradikationserfolg drastisch. Die Patienten müssen also über die
Notwendigkeit einer möglichst vollständigen Tabletteneinnahme aufgeklärt
werden. Eventuell ist eine ”Kombinationspackung", die allerdings bisher
von der Pharmaindustrie noch nicht angeboten wird, hilfreich.
Die Resistenz von
HP kann gegenüber vielen gebräuchlichen Antibiotika bestehen. Während Resistenz
gegen Metronidazol mit etwa 20-30% in Europa relativ häufig ist, besteht sie
gegen Clarithromycin in unseren Breiten mit ca. 2-3% selten (5, 6). Vermutlich
beeinflußt eine Resistenz gegen Metronidazol die Wirkung der Therapie weniger
als die gegen Clarithromycin (1, 7). Eine erneute Verwendung eines
clarithromycinhaltigen Schemas scheint daher problematisch. Von einigen Autoren
wird dennoch empfohlen, daß nach primärem Versagen einer Therapie mit
Protonenpumpeninhibitor, Clarithromycin und Metronidazol (”Italienische
Tripeltherapie") ein Therapieversuch mit Protonenpumpeninhibitor
(vierfache Standarddosis), Clarithromycin und Amoxicillin (”Französische
Tripeltherapie") gemacht wird. Alternativ wird eine Vierfachtherapie
(”Quadrupeltherapie"; Tab. 4) empfohlen, die allerdings bei bis zu 80% der
Patienten zu Nebenwirkungen führt und somit eine Reservetherapie ist (Tab. 5).
Diese Therapie ist auch bei Resistenz gegen Metronidazol erfolgreich,
allerdings nur dann, wenn auch eine Behandlung mit einem
Protonenpumpeninhibitor durchgeführt wird (1).
Die
Vierfachtherapie führt, soweit beurteilbar, zur höchsten bisher erreichten
Eradikationsrate (1, 8, 9). Tetracyclin sollte nicht durch Abkömmlinge ersetzt
werden; so ist z.B. für Doxycyclin ein geringerer Erfolg beschrieben (10). Von
einigen Arbeitsgruppen wird bereits bei nicht gelungener Eradikation nach
Ersttherapie (trotz gesicherter Compliance) die Anzucht des Keimes aus einer
Biopsie des Antrums und Corpus ventriculi mit Erstellung eines Antibiogramms
empfohlen. Anhand der (bisher leider noch nicht vollständig standardisierten)
Ergebnisse ist dann eine Kombinationstherapie aus mindestens zwei der als
wirksam ausgetesteten Antibiotika in Kombination mit einem
Protonenpumpeninhibitor und eventuell Wismut auszuwählen (1).
Als ein weiterer
Faktor, der den Erfolg einer Eradikationstherapie verringern kann, gilt nach
verschiedenen Studien die Vorbehandlung mit säurehemmenden Medikamenten,
besonders Protonenpumpeninhibitoren. So fanden u.a. Labenz, J., et al., daß
nach einer Vorbehandlung mit Omeprazol (mindestens 40 mg/d sieben Tage lang)
die HP-Eradikationsrate nach einer siebentägigen Zweifachtherapie
(Omeprazol/Amoxicillin) nur noch 29% beträgt (11). Es wird angenommen, daß die
Vorbehandlung mit Omeprazol einen der antimikrobiellen Therapie nicht
zugänglichen Status der Bakterien (”kokkoide Persistenzform") induziert.
Andere Autoren haben diesen negativen Effekt einer Vorbehandlung mit
Protonenpumpeninhibitoren nicht bestätigen können. Er ist angesichts der guten
Wirksamkeit der neuen Eradikationsschemata (Tab. 2) möglicherweise auch nicht
entscheidend für den Therapieerfolg.
Rauchen und
Alkoholkonsum können den Erfolg der Eradikationstherapie vermindern. Dabei
zeigen Multivarianzanalysen, daß der Einfluß von Rauchen und Alkohol auf die
Eradikationsrate unabhängig von der Compliance der Patienten ist (z.B.
Eradikationsraten Nichtraucher vs. Raucher nach
Omeprazol/Amoxicillin-Zweifachtherapie: 83% vs. 68%; 4). Die Gründe sind nicht
klar Es wird vermutet, daß die Transitzeit des Magens verkürzt wird und eine
verminderte antisekretorische Wirkung zu suboptimalen pH-Werten und
Konzentrationen von Amoxicillin führt.
Beim erneuten
Nachweis von HP nach Eradikationstherapie muß zwischen Therapieversagen und
erneuter Besiedlung des Magens mit dem Bakterium unterschieden werden. Die
Reinfektion tritt meistens im ersten bis zweiten Jahr nach der Eradikation auf.
Molekularbiologische Untersuchungen zeigten eine Übereinstimmung der neuen
Stämme mit den zuvor behandelten (12). Möglicherweise infiziert sich die
erfolgreich behandelte Person erneut bei anderen Personen, z.B. beim
gemeinsamen Haushalt. Studien belegen, daß die HP-Stämme bei
Familienangehörigen sehr oft identisch sind. In diesem Fall kann das
Therapieschema, das initial erfolgreich war, wiederum angewandt werden.
Insgesamt ist die Reinfektionsrate mit maximal 1%/Jahr sehr niedrig (13).
Zur Rezidivtherapie
stehen die Daten größerer prospektiver Studien noch aus, so daß jede Therapie
zur Zeit als experimentell anzusehen ist. Eine Erfolgskontrolle ist dringend
anzuraten. Gelingt trotz guter Compliance die Eradikation nicht, bleibt in
ausgewählten Fällen nach Abwägung von Nutzen und Risiko die Dauertherapie mit
einem säurehemmenden Wirkstoff.
Literatur
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