Artikel herunterladen

Unerfreuliches vom Arzneimittelmarkt: Ethyol und Ethik in der Onkologie

Unsere Leser werden sich zu Recht fragen, welcher Zusammenhang zwischen dem Präparat Ethyol (Wirkstoff: Amifostin) und Ethik in der Onkologie besteht. Diese Frage stellten sich kürzlich auch die Teilnehmer der Jahrestagung der Deutschen und Österreichischen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie in Linz, die auf der Rückseite des offiziellen Tagungsprogramms mit dem Werbemotto der Firma Aesca „ETHYOL for ethics in oncology“ konfrontiert wurden.

Wir haben anläßlich einer Studie bei Patientinnen mit fortgeschrittenem Ovarialkarzinom auf die zytoprotektive Wirksamkeit der Substanz Amifostin hingewiesen (AMB 1997, 31, 6b). In dieser Studie konnte durch Amifostin, das gleichzeitig mit der Chemotherapie (Cyclophosphamid und Cisplatin) gegeben wurde, eine Reduktion der Hämato-, Nephro- und Neurotoxizität ohne Beeinträchtigung der antitumorösen Wirksamkeit erreicht werden. Die Ergebnisse dieser Studie führten in den USA zur Zulassung von Amifostin für die Indikation: Reduktion des auf Neutropenie beruhenden lnfektionsrisikos, sofern die Neutropenie durch eine Kombinationstherapie mit Cyclophosphamid und Cisplatin bei Patientinnen mit fortgeschrittenem Ovarialkarzinom verursacht wird. Darüber hinaus ist Amifostin in Deutschland zum Schutz von Patienten mit fortgeschrittenen soliden Tumoren (Keimzelltumoren ausgenommen) vor kumulativer Nierentoxizität bei Cisplatin-haltigen Therapieschemata zugelassen. Für beide Indikationen existieren bisher jedoch nur wenige kontrollierte klinische Studien, die den Nutzen von Amifostin eindeutig belegen.

Sicherlich sind zytoprotektive Substanzen, die zur Abschwächung der Nebenwirkungen bestimmter Zytostatika eingesetzt werden, eine wichtige Bereicherung supportiver Therapiestrategien bei Tumorpatienten (AMB 1996, 30, 31). Die zytoprotektive Wirksamkeit von Amifostin wurde bisher vorwiegend bei Chemotherapie mit Cisplatin und Cyclophosphamid gezeigt, wobei die vorliegenden Ergebnisse sicher nicht die obengenannte Gleichsetzung des Präparatenamens mit dem Begriff Ethik in der Onkologie rechtfertigen. Das Thema Ethik in der Onkologie ist zu wichtig und sollte nicht für abstoßende Werbestrategien mißbraucht werden.