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Langzeiteffekte von Finasterid bei benigner Prostatahyperplasie (BPH)

Finasterid hemmt die 5-Alpha-Reduktase, die in der Prostata die Umwandlung von Testosteron in das aktivere Dihydrotestosteron katalysiert. In früheren Mitteilungen haben wir über dieses neue antiandrogene Behandlungsprinzip der BPH bereits berichtet (AMB 1993, 27, 6; 1995, 29, 75; 1996, 30, 78). Die Mitteilung 1996 betraf eine vergleichende Studie zwischen Finasterid und dem häufiger angewandten Prinzip der Alpharezeptoren-Blockade mit Terazosin. In dieser Studie an Patienten mit relativ geringer BPH besserte Terazosin die Symptome schneller als Finasterid, obwohl unter letzterem das Prostatavolumen signifikant abnahm. Im N. Engl. J. Med. (McConnell, J.D., et al.: N. Engl. J. Med. 1998, 338, 557) wurden kürzlich die Ergebnisse einer Studie mitgeteilt, in welcher der Effekt einer 4jährigen Behandlung mit Finasterid (1524 Patienten) mit dem von Plazebo (1516 Patienten) bei Patienten mit erheblich vergrößerter Prostata (54,25 ml in der Finasterid-Gruppe, 55,26 ml in der Plazebo-Gruppe) verglichen wurde. In der erwähnten Vergleichsstudie zwischen Finasterid und Terazosin hingegen lag das Prostatavolumen im Mittel bei nur etwa 35 ml. Patienten, die zuvor andere antiandrogen wirksame Medikamente oder Alpharezeptoren-Blocker eingenommen hatten, sowie solche mit PSA-Werten über 10 ng/ml wurden nicht in die Studie eingeschlossen. Die „Dropout-Rate“ über 4 Jahre war relativ gering, so daß von den 3040 randomisierten Patienten mehr als 2700 ausgewertet werden konnten. Wichtigstes Studienziel war die Ermittlung der Zahl derjenigen Patienten, die sich einer operativen Behandlung unterziehen mußten bzw. bei denen eine komplette Harnsperre eintrat. In der Plazebo-Gruppe mußten 10% der Patienten im Laufe von 4 Jahren operiert werden, in der Finasterid-Gruppe 5%. Zum akuten Harnverhalt kam es in der Plazebo-Gruppe bei 7%, in der Finasterid-Gruppe bei 3%. Bei den Männern, welche die Studie beendeten, nahm der mittels einer Symptom-Skala der Amerikanischen Urologischen Gesellschaft ermittelte Beschwerde-Index, der von 0 bis 34 rangiert, in der Finasterid-Gruppe um 3,3 Punkte, in der Plazebo-Gruppe um 1,3 Punkte ab. Der mittels Uroflow gemessene maximale Harnfluß bei Entleerung einer mit mehr als 150 ml Urin gefüllten Blase nahm in der Finasterid-Gruppe nach 2 bis 3 Jahren Therapie im Mittel um 2 ml/sec zu und blieb in der Plazebo-Gruppe gleich. Das Prostatavolumen nahm in der Finasterid-Gruppe um etwa 18% ab und in der Plazebo-Gruppe um etwa 14% zu.

Die Langzeiteffekte einer Therapie mit Finasterid sind bei BPH-Patienten mit stark vergrößerter Prostata offenbar eindeutig besser als eine Plazebo-Therapie. Leider wurde der Langzeiteffekt einer Therapie mit Alpharezeptoren-Blockern nicht mit der von Finasterid verglichen. Es ist jedoch wahrscheinlich, daß bei dieser Patientengruppe Finasterid einem Alpha-Blocker, der eine schnelle funktionelle Besserung bringt, überlegen ist, da letzterer die weitere Vergrößerung der Prostata nicht verhindert.

In einem begleitenden Editorial von J.H. Wasson (N. Engl. J. Med. 1998, 338, 612) werden die Ergebnisse dieser Veröffentlichung kritisch kommentiert. Es wird insbesondere darauf hingewiesen, daß sich bei vielen Patienten mit BPH-bezogenen Beschwerden die Symptome im Laufe der Jahre oft nicht verschlimmern und daß einfache Maßnahmen, wie wenig trinken am Abend, Vermeidung von Alkohol und Kaffee zur Nacht die nächtlichen Beschwerden mildern können. Auch stehen den hohen Kosten von Finasterid (280000 Dollar für die Behandlung von 400 Männern 4 Jahre lang) die Kosten von nur etwa 50000 Dollar für die transurethrale Operation von 5 Männern im gleichen Zeitraum (deren Operation durch Finasterid verhindert wurde) gegenüber.

Fazit: Bei Männern mit benigner Prostatahyperplasie und stark vergrößertem Prostatavolumen führt eine 4jährige Behandlung mit Finasterid zu einer Verkleinerung der Prostata und zu einer signifikanten Senkung von Harnverhalt und Operationsnotwendigkeit. Diesem Vorteil stehen jedoch hohe Kosten gegenüber und eine etwas höhere Rate an Nebenwirkungen (Libidoverlust, Impotenz) nach einem Jahr, jedoch nicht mehr nach 4 Jahren.