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Wichtige Indikations- und Reiseimpfungen

Zusammenfassung: Indikationsimpfungen werden zum Schutz vor speziellen lnfektionsgefährdungen (bei überdurchschnittlicher Exposition) vorgenommen. Rechtzeitige Impfungen bewahren Auslandsreisende vor Erkrankungen bzw. schweren Verläufen impfpräventabler Infektionen. Bestimmte Berufsgruppen benötigen Impfungen nicht nur zum Schutz der eigenen Person, sondern auch, um die Übertragung von Infektionen zu verhindern. Wichtig ist ein Impfschutz gegen Hepatitis B bei ungünstigen, infektionsfördernden Lebensbedingungen. Nach einer Verletzung ist die Tetanusimmunisierung eine streng indizierte Schutzmaßnahme.

Indikationsimpfungen sind auch bei überdurchschnittlicher Disposition angebracht. So ist ein kompletter Impfschutz bei Frauen vor einer Schwangerschaft wichtig, weil das werdende Kind durch die Mutter seinen immunologischen „Nestschutz“ erhält. Ältere Menschen sollten gegen Infektionen geimpft werden, durch die sie lebensbedrohlich gefährdet werden können. Patienten mit einer lmmunschwäche, die stets infektionsgefährdet sind, sollten – ebenso wie ihre Kontaktpersonen – unbedingt einen aktuellen Impfschutz haben.

Impfungen haben sich als erfolgreiche Präventivmaßnahme gegen Infektionskrankheiten weltweit bewährt. Moderne Impfstoffe sind gut verträglich und unerwünschte Nebenwirkungen äußerst selten. Eine erfolgreiche Impfung erzeugt einen Schutz vor der Erkrankung an der jeweiligen Infektion oder zumindest vor einem schweren Krankheitsverlauf.

Während Standardimpfungen für jedermann empfohlen werden, dienen Indikationsimpfungen dem Schutz bestimmter Personen vor speziellen Infektionsgefährdungen. Dies gilt für Kinder und Erwachsene in gleicher Weise. Indikationsimpfungen sind für erhöhte Infektionsexposition oder -disposition vorgesehen (s. Tab. 1).

Indikationsimpfungen wegen überdurchschnittlicher Infektionsexposition. Reiseimpfungen: Viele Deutsche erkranken nach einer Auslandsreise an Infektionen, gegen die sie sich durch eine Impfung wirksam hätten schützen können. Dabei steht die Hepatitis A mit fast 5000 Infektionen jährlich an oberster Stelle. Aber auch seltenere Infektionen bedeuten für den Erkrankten oft ein langes Krankenlager und vielleicht sogar Dauerschäden, die er hätte verhüten können.

Eine kompetente Impfberatung vor einer Auslandsreise setzt die Kenntnis über die aktuelle Situation am Reiseziel, über die Art der Reise (Hotel oder Touristik) und über den lmpfstatus des/der Reisenden voraus. In jedem Fall ist eine Auffrischimpfung gegen Tetanus (T), Diphtherie (d) und Polio (IPV) zu empfehlen, wenn die letzte Impfung länger als 10 Jahre zurückliegt.

Poliomyelitis: Konsequente Impfungen haben dazu geführt, daß die Poliomyelitis seit Anfang der 90er Jahre aus dem gesamten amerikanischen Kontinent verschwunden ist und nur noch in einigen Regionen Afrikas und Asiens sporadisch oder endemisch auftritt. Für Reisende in Polio-Endemiegebiete empfiehlt sich eine Auffrischimpfung. Im Januar 1998 hat die Ständige Impfkommission des Robert-Koch-Instituts (STIKO) die Impfstrategie für Deutschland von der Schluckimpfung mit oraler Polio-Vakzine (OPV) auf die Injektionsimpfung mit inaktivierter Polio-Vakzine (IPV) umgestellt (1). Dementsprechend werden auch Reiseimpfungen mit einmaliger Gabe von IPV vorgenommen, falls die letzte Impfung länger als 10 Jahre zurückliegt; die Injektion erfolgt i.m.

Hepatitis B: Die Hepatitis B gehört zu den am weitesten verbreiteten und gefährlichsten Virusinfektionen weltweit, jedoch mit regionalen Unterschieden; besonders häufig ist sie in Südostasien. Die lnzidenz der symptomatischen und asymptomatischen Hepatitis B bei Langzeitreisenden liegt zwischen 80 und 240 FälIen/100000 Reisende/Aufenthaltsmonat; bei Kurzzeitreisenden (< 4 Wochen) ist die lnzidenz zwei- bis zehnmal geringer (12). Sexuelle Kontakte mit Einwohnern vor Ort haben ein besonders hohes lnfektionsrisiko (4). Bei der sehr hohen Kontagiosität des Hepatitis-B-Virus genügt aber auch ein enger Körperkontakt mit einem Infizierten, bei dem die Erreger (z.B. mit dem Speichel) durch kleinste Haut- oder Schleimhautläsionen in die Kontaktpersonen eindringen können. Auch bei einer medizinischen Notfallversorgung oder einer zahnärztlichen Behandlung ist die lnfektionsgefährdung als überdurchschnittlich einzustufen. Dies belegt eine Studie an einer Gruppe von 360 Missionaren, die im Gesundheitsdienst tätig waren und die nach ihrem Einsatz zu > 25% infiziert waren, während zuvor nur 3% Hepatitis-B-Marker hatten (2).

Die Impfung erfolgt i.m. mit einem gentechnologisch gewonnenen Totimpfstoff zu den Zeitpunkten 0, nach 4 Wochen und nach 6 (bis 12) Monaten. Mit einem Impfschutz kann etwa 10 Tage nach der zweiten Dosis gerechnet werden. Die Verträglichkeit des Impfstoffs ist gut. Selten treten Beschwerden an der lnjektionsstelle auf. lmpfkomplikationen liegen im Promille-Bereich und werden als passagere Arthralgien, Arthritis oder neurologische Störungen (Polyneuritis, Guillain-Barré-Syndrom) beschrieben (10; s.a. AMB 1998, 32, 56b). Eine Antikörperkontrolle ist nur in bestimmten Fällen angezeigt, wenn es bei Erwachsenen auf eine sichere Aussage über den erzielten Impfschutz ankommt (z.B. bei medizinischem Personal). Liegt die Anti-HBs-Konzentration > 100 mlU/ml, ist ein Schutz von mindestens 10 Jahren wahrscheinlich. Eine Antikörperkonzentration < 10 mlU/ml wird als ungenügend eingestuft und erfordert eine sofortige Wiederholungsimpfung. Besteht eine Indikation für eine Hepatitis-A- und Hepatitis-B-Impfung, kann ein Kombinationsimpfstoff verwendet werden. HepatitisA: Das Hepatitis-A-Virus ist in allen subtropischen und tropischen Regionen der Erde weit verbreitet. Es wird von Infizierten in Stuhl und Urin ausgeschieden und findet sich in Abwässern sowie in verunreinigtem Meerwasser. Auf diese Weise gelangt es in Mollusken, Krebse und andere Meerestiere, die als Delikatessen beliebt sind. Die Übertragung erfolgt also fäkal-oral. Die allgemeine Regel für die Nahrungsaufnahme in tropischen Ländern „Cook it, peel it or forget it!“ hat hier große praktische Bedeutung. Einheimische Bewohner dieser Erdregionen haben eine natürliche Immunität. Mehr als 90% von ihnen haben bereits als Kind eine Hepatitis-A-lnfektion durchgemacht und sind lebenslang immun. Bekanntlich verläuft die Erkrankung im Kindesalter leicht und meist anikterisch. In Deutschland war die Hepatitis A in der Kriegs- und Nachkriegszeit weit verbreitet. Hunderttausende Soldaten und Zivilisten erkrankten, so daß bei den > 50jährigen hierzulande mit einer natürlichen Immunität gerechnet werden kann. Jetzt ist die Hepatitis A in Mitteleuropa eine ausgesprochene Reisekrankheit. Mit zunehmendem Lebensalter verursacht die Hepatitis A stärkere Symptome wie Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen, Ikterus, bisweilen auch Rezidive oder schwere, sehr selten tödliche Verläufe. Chronische Lebererkrankungen wie bei der Hepatitis B sind allerdings nach einer Hepatitis A nicht zu befürchten.

Die Hepatitis-A-lmpfung sollte bei allen Reisen in südliche oder östliche Länder mit geringerem Hygienestandard (Mittelmeerraum, Afrika, Asien, Südamerika) vorgenommen werden. Der Totimpfstoff wird i.m. in zwei Einzeldosen (2. Injektion nach 6 bis 12 Monaten) verabfolgt. Der Impfschutz setzt bereits ab der 2. Woche nach der ersten lmpfinjektion ein und hält nach der zweiten lmpfinjektion mindestens 10 Jahre an. Die Verträglichkeit der Impfung ist ausgesprochen gut. Impfkomplikationen wurden bisher nicht berichtet.

Gelbfieber: Das Gelbfieber-Virus wird durch Stechmücken übertragen, die in den tropischen Regionen Afrikas und Südamerikas, nicht aber in Asien heimisch sind. Die Infektion führt nicht selten zu schweren Schäden an inneren Organen (ZNS, Leber, Niere). Es fehlt eine kausale Therapie; zu tödlichen Verläufen durch Leber- und Nierenversagen kommt es bei > 20% der Erkrankten. Die Impfung mit einem Lebendimpfstoff ist die einzige effektive und gut verträgliche Möglichkeit eines Schutzes. In den meisten Ländern der genannten Regionen wird er nicht nur für Einreisende an der Landesgrenze gefordert, sondern auch für die einheimische Bevölkerung empfohlen und vorgenommen. Zur Impfung sind nur bestimmte Gelbfieber-lmpfstellen zugelassen. Sie sind über die zuständigen Gesundheitsämter zu erfahren.

Typhus: Den Erreger des Typhus, Salmonella typhi, kann man sich unter schlechten hygienischen Verhältnissen jederzeit einfangen. Davon zeugen auch die zahllosen Typhuserkrankungen in Deutschland in den Jahren 1945 bis 1947. Nach untypischem Krankheitsbeginn kommt es meist zu einer längeren Fieberperiode mit Bewußtseinstrübung und Beteiligung innerer Organe (Darm, Leber, Gallenblase, Herz, Lunge, Knochenmark). Dauerausscheider von S. typhi dürfen nicht in der Lebensmittelherstellung oder -verarbeitung beschäftigt sein. Für die Impfung stehen zwei unterschiedliche Impfstoffe zur Verfügung: Ein oraler Lebendimpfstoff, der in einer Kapsel rund 1 Milliarde abgeschwächte Keime enthält. Insgesamt 3 Kapseln werden an den Tagen 1, 3 und 5 eingenommen. Der Impfschutz beginnt etwa 10 Tage nach der 3. Kapsel und hält vermutlich 1 bis 3 Jahre an. Außerdem gibt es einen parenteralen Totimpfstoff, der den Vorteil hat, auch bei lmmunschwäche eingesetzt werden zu können. Nach einer Injektion wird ein Impfschutz von 1 bis 3 Jahren erzielt.

Meningokokken: Meningokokken kommen zwar bei ca. 5% gesunder Menschen (gesunde Keimträger) im Nasen-Rachen-Raum vor, können aber (besonders im jungen Kindesalter) zu Iebensbedrohlichen Erkrankungen führen. Sehr gefürchet sind die eitrige Meningitis und Sepsis sowie das foudroyant verlaufende Waterhouse-Friderichsen-Syndrom. Ohne rechtzeitige Antibiotikatherapie haben diese Patienten keine Überlebenschance. Epidemisch treten Meningokokken-Erkrankungen in gewissen Abständen im sog. tropischen Meningokokken-Gürtel (südliche Sahara-Länder in Afrika, Indien, Nepal, Golfstaaten, Tropengürtel in Südamerika) auf. Auch in Mitteleuropa werden immer wieder Meningokokken-lnfektionen beobachtet, die allerdings nicht epidemisch, sondern sporadisch oder allenfalls endemisch auftreten.

Für die lmpfpraxis ist es bedeutungsvoll, daß gegen die in Deutschland meist auftretenden Meningokokken vom Serotyp B bisher kein Impfstoff zur Verfügung steht, während gegen die in den Tropen vorkommenden Serotypen A, C u.a. ein effektiver Totimpfstoff existiert. Eine einmalige Injektion bietet einen Schutz, der etwa 2 Wochen nach der Impfung einsetzt und ca. 5 Jahre anhält. Vorgeschrieben ist die Impfung für Pilger bei Einreise nach Saudi-Arabien (3).

Frühsommer-Meningo-Enzephalitis (FSME): FSME-Viren werden von Zecken (Ixodes ricinus = Holzbock) beherbergt, die in bewaldeten Flußniederungen der Donau und ihrer Nebenflüsse (beispielsweise in Württemberg, Bayern, Tschechien, Slowakei, Österreich, Ungarn), aber auch in Südschweden und osteuropäischen Ländern bis nach Sibirien anzutreffen sind. Die Zecken bedingen auch die saisonale Häufung der FSME in den Monaten April bis Oktober. Jährlich bereisen Millionen Touristen diese „Naturherde“ (11). Selbstverständlich bedeutet nicht jeder Zeckenstich eine FSME-lnfektion und nicht jede Infektion eine Erkrankung. Doch wenn es zu einer Erkrankung mit ZNS-Beteiligung kommt, dann ist mit einem dramatischen Verlauf und sogar mit Defektheilung oder tödlichem Ausgang zu rechnen. In Deutschland werden jährlich etwa 150 bis 200 FSME-Erkrankungen gemeldet. Eine kausale Therapie steht nicht zur Verfügung. Nur eine Impfung bietet einen Schutz. Sie wird nicht nur als Reiseimpfung, sondern für Wald- und Forstarbeiter in den aktiven Naturherden auch als Impfung für Berufsgruppen angeboten.

Der Totimpfstoff wird i.m. in drei Teilinjektionen (initial, nach einem Monat und nach 12 Monaten) injiziert. Seine Schutzwirkung beginnt etwa 10 Tage nach der zweiten Injektion, die in dringenden Fällen auf 2 Wochen nach der ersten Injektion vorgezogen werden kann, und hält nach der 3. Injektion etwa 5 Jahre an. Als lmpfreaktion tritt relativ selten eine leichte Rötung an der lnjektionsstelle auf. lmpfkomplikationen werden in einer Häufigkeit von 1 auf 1 Million Impfungen als Neuritis oder Polyneuritis (Guillain-Barré-Syndrom) beschrieben (6, 7).

Tollwut: Die Tollwut ist eine Infektionskrankheit mit 100%iger Letalität. Das Tollwut-Virus (Lyssavirus) wird durch Tierbiß (Fuchs, Rind, Reh, Katze, Hund) übertragen und befällt das Nervensystem. Der Tod tritt unter Muskelzuckungen, Atem- und Schluckstörungen bei vollem Bewußtsein ein. Da jede noch so intensive Behandlung aussichtslos ist, gilt es, bereits bei Tollwutverdacht mit der postexpositionellen Impfung zu beginnen. Reisende in Tollwutregionen (in Indien, Ostasien, Afrika, insbesondere in Entwicklungsländern sind streunende Straßenhunde häufig tollwutinfiziert) und bestimmte Berufsgruppen mit erhöhtem Tollwutrisiko (Tierärzte, Laborpersonal, Jäger, Waldarbeiter, Landwirte in Risikogebieten) sollten präexpositionell geimpft werden.

Der Totimpfstoff wird in 3 Einzeldosen im. an den Tagen 0, 28 und 56 (oder 0, 7, 21) injiziert. Boosterungen sind nach 1 Jahr, danach alle 2 bis 5 Jahre und nach einem Biß tollwutverdächtiger Tiere erforderlich.

Impfungen für Berufsgruppen: Der enge Kontakt mit kontagiösen Patienten (Pflegeberufe) oder mit erregerhaltigem Untersuchungsmaterial (Laborberufe) verlangen zur eigenen Sicherheit einen aktuellen Impfschutz. Auch Berufstätige mit regelmäßigem Kinderkontakt (Kinderkrankenschwestern, Erzieherinnen, Lehrer) sollten sich durch lmpfungen schützen, sofern sie nicht bereits eine natürliche Immunität besitzen. Andererseits bedeutet jede lmmuniätslücke bei medizinischem Betreuungspersonal (Ärzte, Schwestern) eine potentielle lnfektionsgefährdung für empfängliche Patienten, wie z.B. bei AIDS- oder Krebspatienten. Auch deshalb sollten Vertreter aller medizinischen Berufe auf die Aktualisierung ihres Impfschutzes bedacht sein.

Die für die in der Praxis wichtigsten Indikationsimpfungen wegen eines beruflichen Risikos sind in der Tab. 2 zusammengestellt.

Impfungen wegen infektionsexponierender Lebensweise: Personen mit häufig wechselndem Geschlechtsverkehr, insbesondere auch Homosexuelle und Sado-Masochisten, sowie Drogensüchtige, die von parenteralen Applikationen abhängig sind, bedürfen dringend und rechtzeitig eines lmpfschutzes gegen Hepatitis B.

Impfungen bei Unfällen: Unfälle gehen häufig mit einer direkten oder indirekten lnfektionsgefährdung einher. Tetanussporen sind ubiquitär vorhanden. Auch die kleinste Verletzung kann zu einer Infektion führen, wenn sie mit sporenhaltiger Erde verschmutzt ist. Ebenfalls sollten Verbrühungen, Verbrennungen und jeder Tierbiß grundsätzlich als tetanusinfiziert betrachtet werden. Tab. 3 enthält die Empfehlungen zum Tetanusschutz nach Verletzungen.

Indikationsimpfung bei Personen mit überdurchschnittlicher lnfektionsdisposition. Impfungen bei Frauen mit Kinderwunsch: Eine Frau mit Kinderwunsch ist gut beraten, wenn sie an den eigenen Impfschutz denkt. Sie überträgt nämlich damit gleichzeitig dem werdenden Kind eine „Leihimmunität“ – den sog. „Nestschutz“ – vor vielen prä- und perinatalen Infektionen für die ersten Lebensmonate. Deshalb sollte der Hausarzt seine jungen Patientinnen dahingehend beraten, daß sie sich vor einer Schwangerschaft den in Tab. 4 aufgeführten (Nach hol-) Impfungen unterziehen.

Impfungen bei älteren Personen (> 60 Jahre): Im höheren Lebensalter gibt es lnfektionsgefährdungen, die teilweise auf dem Nachlassen der Immunfunktionen beruhen. Die praktischen Impfempfehlungen für dieses Alter berücksichtigen auch die altersbedingten Gefährdungen (Funktionsminderung von Herz, Kreislauf und Atemorganen) bzw. Verletzungen (z.B. als Hobbygärtner). Tab. 5 gibt Empfehlungen für die Impfung älterer Menschen.

Impfungen bei lmmunschwachen: Patienten mit angeborener lmmunschwäche (z.B. schwerer kombinierter lmmundefekt) sind selten. Wesentlich häufiger wird eine lmmunschwäche im Rahmen einer HIV-Infektion, eines Antikörpermangels, eines Asplenie-Syndroms oder einer immunsuppressiven Therapie erworben. Diese Patienten sind überdurchschnittlich infektionsgefährdet und brauchen unbedingt den größtmöglichen Impfschutz. Ihre Immunantwort ist jedoch eingeschränkt. Deshalb ist es ratsam, den Impferfolg durch Antikörpertestung zu kontrollieren.

Lebendimpfstoffe sind bei allen Patienten mit lmmundefekt oder lmmunschwäche streng kontraindiziert. Totimpfstoffe wie Toxoidimpfstoffe, Hepatitis A und B, insbesondere auch diejenigen gegen Haemophilus influenzae b, Pneumokokken und Influenza sind nachweislich von Nutzen für diese Patienten. Ihre Familienangehörigen und Pflegepersonen sollten ebenfalls über einen kompletten Impfschutz verfügen. Dies gilt insbesondere auch für Masern, Mumps, Röteln und Varizellen, sofern nicht eine natürliche Immunität vorliegt.

Patienten mit akuten oder chronischen Leukämien können während ihrer Remission gegen Varizella geimpft werden, wenn sie seronegativ sind, obwohl es sich um einen attenuierten Lebendimpfstoff handelt (5).

Eine topische (dermale oder inhalative) Kortikosteroid-Therapie ist keine Kontraindikation gegen Impfungen, auch mit Lebendimpfstoffen. Lediglich eine hochdosierte systemische Behandlung (>2 mg/kg/d Prednison länger als 2 Wochen) sollte mindestens 14 Tage abgesetzt sein, bevor ein Lebendimpfstoff verabfolgt wird.

Patienten mit M. Hodgkin bedürfen vor allem eines Impfschutzes gegen Haemophilus influenzae b und Pneumokokken, ebenso auch Patienten nach Milzexstirpation. Am wirksamsten ist der Impfschutz, wenn der Impftermin mindestens 14 Tage vor einer (geplanten) Milzentfernung oder Bestrahlung bzw. Chemotherapie liegt.

Impfungen mit inaktivierten oder abgeschwächten Viren bzw. Lebendvakzinen sollten wegen der durch die meisten Zytostatika ausgelösten Immunsuppression frühestens 3 Monate nach der letzten Zytostatikagabe erfolgen. Eine aktive orale Immunisierung gegen Poliomyelitis muß bei Familienangehörigen, die in engem Kontakt mit dem Patienten leben, verschoben werden.

Transplantatempfänger von Knochenmark sollten auf ihre Impfimmunität überprüft werden, da sie nicht immer die Immunität ihres Spenders ohne Verlust übernehmen. Eine Vakzinierung bzw. Revakzinierung wird für Totimpfstoffe (Toxoide, Pertussis, Haemophilus influenzae b, Pneumokokken) etwa 12 Monate nach Transplantation und für Lebendimpfstoffe (MMR, Varizella, niemals jedoch orale Polio-Vakzine!) etwa 24 Monate nach Transplantation empfohlen (5).

Patienten mit asymptomatischer HIV-Infektion sollen – entsprechend dem aktuellen Impfplan – Impfungen gegen Diphtherie, Pertussis, Tetanus, Haemophilus influenzae b, IPV und MMR erhalten. Darüber hinaus ist eine jährliche Impfung gegen Influenza sowie eine Impfung gegen Pneumokokken angezeigt. Liegt eine symptomatische HIV-Infektion vor, ist die Lebendimpfung mit MMR erst nach sorgfältiger Risikoabwägung vorzunehmen (8).

Literatur

1. Epidemiologisches Bulletin 15/98. Robert-Koch-Institut, Berlin.
2. Lange, W.R., et al.: Am. J. Trop. Med. 1990, 43, 527.
3. Markus, R.: Brandenburger Ärzteblatt 1997, 7, 392.
4. Mulhall, B.R, et al.: Med. J. Aust. 1993, 158, 530.
5. Peter, Georges (Hrsg.): 1997 Red Book – Report of the Committee on lnfections Diseases. 24. Aufl.
6. Quast, U., Thilo, W., Fescharek, R.: lmpfreaktionen – Bewertung und Differentialdiagnose. Hippokrates-Verlag, Stuttgart 1997, 2. Aufl.
7. Roggendorf, M.: Nebenwirkungen der Impfung gegen die Frühsommer-Meningoenzephalitis. In: Impfreaktionen – lmpfkomplikationen – 40 Jahre DVV (Hrsg.: G. Maass). Kilian-Verlag, Marburg 1995.
8. Scholz, H., Belohradsky, B.H., Kreth, W., Roos, R., Stehr, K. (Hrsg.): Handbuch – Infektionen bei Kindern und Jugendlichen (DGPI). Futuramed Verlag, München 1997.
9. Spiess, H. (Hrsg.): Impfkompendium. Thieme-Verlag, Stuttgart, New York 1994.
10. Stratton, K.R., Howe, C.J., Johnston, R.B. (Hrsg.): Adverse Events Associated with Childhood Vaccines – Evidence Bearing on Causality. National Academy Press, Washington, D.C. 1994.
11. Süss, J., Kahl, O. (Hrsg.): Tick-borne Encephalitis and Lyme Borreliosis. Pabst Science Publishers 1997.
12. Steffen, R.: Vaccine 1993, 11, 518.

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