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Famciclovir zur Prävention des rekurrierenden Herpes simplex genitalis

Der Herpes simplex genitalis gehört zu den häufigsten sexuell übertragenen Erkrankungen. Serologische Untersuchungen bei Erwachsenen ergeben eine Prävalenz des Herpes-simplex-Virus-2 (HSV-2) von etwa 22% in den USA, 7 bis 20% in verschiedenen europäischen Ländern und 20 bis 40% in einigen Staaten Afrikas (1). Die meisten Patienten, die bei der Erstinfektion Symptome haben, erleiden rekurrierende Manifestationen der Infektion (2). Die Häufigkeit wird bei ihnen mit ca. 6 Episoden/Jahr angegeben (3). Die Läsionen sind oft schmerzhaft oder jucken; zudem besteht bei vielen Patienten die (berechtigte) Befürchtung, andere zu infizieren.

Rekurrierende Manifestationen der Infektion können jeweils erfolgreich mit antiviralen Substanzen (Aciclovir, Valaciclovir, Famciclovir) behandelt werden. Bei Patienten mit häufig wiederkehrenden symptomatischen Episoden wäre es jedoch wünschenswert, die Intervalle zu verlängern bzw. das Ausmaß der Läsionen und der Symptome zu vermindern.

Eine Collaborative Famciclovir Genital Herpes Research Group aus insgesamt 30 Zentren (Belgien, Kanada, Frankreich, Island, Schweden, Großbritannien) hat nach günstigen Ergebnissen einer Pilotstudie (4) an insgesamt 455 Erwachsenen über 18 Jahren (223 Männer, 232 Frauen) untersucht, ob eine präventive orale Dauerbehandlung mit Famciclovir in drei unterschiedlichen Dosierungen die Häufigkeit symptomatischer Herpes-Episoden supprimieren kann und wie die Verträglichkeit ist (5). Die Patienten dieser randomisierten, doppeltblinden, plazebokontrollierten Studie (von Smith-Kline Beecham finanziert) hatten in den letzten 12 Monaten vor der Untersuchung 6 oder mehr Herpes-Episoden gehabt. Die Herpes-Manifestationen unter der Prophylaxe wurden von den Patienten dokumentiert, ärztlicherseits innerhalb von 24 Stunden in der Klinik objektiviert und durch Viruskulturen bestätigt. Hatten Patienten zwei klinisch oder drei virologisch bestätigte Rezidive erlitten, wurde ihnen freigestellt, ob sie weiterhin – dann aber offen mit Famciclovir behandelt – an der Studie teilnehmen wollten.

Ergebnisse: Die „lntent-to-treat-Analyse“ ergab, daß Famciclovir in allen drei geprüften Dosierungen das Intervall bis zum ersten Wiederauftreten von Herpes-Symptomen deutlich und signifikant verlängert (Tab. 1). Die verschiedenen Dosierungen waren nicht unterschiedlich in ihrer Wirksamkeit. Auch der Prozentsatz der erkrankungsfreien Patienten nach 6 bzw. 12 Monaten war deutlich höher als unter Plazebo. Aus den Daten läßt sich errechnen, daß Patienten, die Famciclovir erhielten, annähernd 80% weniger Herpes-Episoden hatten als plazebobehandelte.

Diese Ergebnisse sind etwas besser als die vergleichbarer Studien mit Aciclovir (2mal 400 mg/d). Ob dies an der höheren Bioverfügbarkeit oder der längeren intrazellulären Halbwertszeit von Famciclovir bzw. seinem Stoffwechselprodukt Penciclovir liegt, ist unklar, aber möglich. Die Verträglichkeit war insgesamt gut. Die Nebenwirkungen waren gleich häufig und schwer wie bei Plazebo (Kopfschmerzen, grippeähnliche Symptome, Infektionen des oberen Respirationstrakts). Auch Abweichungen von Laborwerten waren nicht unterschiedlich zwischen Famciclovir und Plazebo. 88 von 114 (77%) Patienten, die Plazebo erhielten, stiegen aus der Studie aus, 63 (55%) wegen Wirkungslosigkeit. Unter Famciclovir waren es 130 von 341 (38%) bzw. 56 (16%). Famciclovir-resistente Herpes-Viren wurden bei keinem der mit Verum behandelten Patienten isoliert, jedoch bei einem unter Plazebo. Die Autoren kommen zu dem Schluß, daß mit oraler Famciclovir-Behandlung rekurrierende Herpes-genitalis-Infektionen wirksam unterdrückt werden können. Da die Dosis von 2mal 250 mg/d gleich wirksam war wie 3mal 125 mg/d oder 3mal 250 mg/d, wird sie als optimal angesehen. Ein Regime mit Einmalgabe der gesamten Tagesdosis von Famciclovir (4) bzw. Valaciclovir hatte sich in anderen Studien als weniger wirksam erwiesen als die 2mal tägliche Gabe.

Fazit: Eine orale Prävention mit 2mal täglich 250 mg Famciclovir ist in der Lage, häufig rekurrierende Manifestationen des Herpes simplex genitalis wirksam zu unterdrücken. Die Verträglichkeit scheint gut, so daß diese Prophylaxe bei Patienten, die häufige bzw. stark belästigende Episoden durch das Herpes-simplex-Virus-2 haben, gerechtfertigt ist. Längere Erfahrungen sind jedoch erforderlich.

Literatur

1. Namias, A.J., et al.: Scand. J. Infect. Dis. Suppl. 1990, 69, 19.
2. Fleming, D.T., et al.: N. Engl. J. Med. 1997, 337, 1105.
3. Corey, L., et al.: Ann. Intern. Med. 1983, 98, 958.
4. Mertz, G.J., et al.: Arch. Intern. Med. 1997, 157, 343.
5. Diaz-Mitoma, F., et al.: JAMA 1998, 280, 887.

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