Zusammenfassung: Die antiretrovirale Kombinationstherapie
unter Einschluß der Proteinase-Inhibitoren führt bei 60 bis 90% nicht
vorbehandelter HIV-infizierter Patienten zu einer deutlichen Virussuppression
im Plasma bis unter die Nachweisgrenze. Bisherige Erfahrungen bestätigen die
Lebensverlängerung und die verbesserte ”Lebensqualität". Gleichzeitig
werden aber auch nach mehr als dreijähriger Beobachtungszeit die Auswirkungen,
Nebenwirkungen und Grenzen der Therapie mit Proteinase-Inhibitoren sichtbar:
neben dem Problem der Resistenzbildung (Kreuzresistenz) offenbaren sich verschiedene
Stoffwechselstörungen und das sog. Lipodystrophie-Syndrom als ernstzunehmende
Nebenwirkungen. Auch stellen die notwendige langzeitige Einnahme der
Medikamente und die Komplexität der Therapie hohe Anforderungen an die
”Compliance" und ”Adherence" der Patienten. Erste Studien mit einer
moderaten antiretroviralen Erhaltungstherapie nach erfolgreicher aggressiver
lnduktionstherapie zeigen jedoch bei 20 bis 30% der Patienten nach wenigen
Monaten Rezidive mit signifikantem Virusnachweis im Plasma. Die intensivierte
antiretrovirale Kombinationstherapie, d.h. mindestens eine
Dreifach-Kombination, bleibt derzeit weiterhin der Goldstandard der Behandlung
von HIV-lnfektionlAlDS.
Wirkungen der
HIV-Proteinase-lnhibitoren: Durch den Einsatz von HIV-Proteinase-lnhibitoren (Pl)
in der antiretroviralen Kombinationstherapie von HIV/AIDS kann eine deutliche
Virus-Suppression im Blutplasma erreicht werden. Das Ziel der antiretroviralen
Therapie (ART) ist die maximale Suppression des Virus, d.h. bis unter
die Nachweisgrenze im Blutplasma. Die Grundlagenforschung hat zwei wichtige
pathophysiologische Fakten aufgedeckt: Ho, D.D., et al. (1) haben nachgewiesen,
daß sowohl das HIV selbst als auch seine wichtigsten Targetzellen im
menschlichen Körper, die CD4-Lymphozyten, einem sehr hohen Umsatz unterliegen,
der in der Größenordnung von bis zu einer Milliarde/d liegt. Selbst beim Fehlen
klinischer Symptome vollzieht sich die Virusreplikation wie auch die
lmmunabwehrreaktion auf hohem Niveau. Es besteht also in der Phase der Symptomfreiheit
kein Stadium mikrobiologischer Latenz. Mellors, J.W., et al. (2, 3) erkannten
den prognostischen Wert des ”Viral load", der meßbaren Virusbeladung im
Blut, d.h., seine strenge positive Korrelation zur Krankheitsprogression zum
Vollbild des AIDS.
Obwohl bereits die
Hemmer der reversen Transkriptase (Nukleosid-Analoga = NRTI; z.B. Zidovudin,
Retrovir) zu einem spürbaren Erfolg in der Behandlung von HIV-lnfektionen/AIDS
geführt hatten, ergab sich eine substanzielle Virussuppression erst mit der
Kombination verschiedener Substanzklassen; dabei spielen die Pl eine
herausragende Rolle. Ein aktueller Überblick über die HIV-PI findet sich im N.
Engl. J. Med. (4).
Die HIV-Proteinase
ist offensichtlich für die Kernstruktur des Virus sowie auch für seine Virulenz
ein zentrales Enzym. Durch Inhibition dieser Proteinase werden unreife, nicht
infektionsfähige Viruspartikel produziert; schon infizierte Immunzellen werden
aber nicht tangiert. Die bisher zugelassenen Pl (Indinavir = Crixivan,
Nelfinavir = Viracept, Ritonavir = Norvir, Saquinar = Invirase) ebenso wie das
in Studienprotokollen eingesetzte Amprenavir sind Proteine mit ähnlichen
Aminosäurensequenzen, die den Sollbruchstellen der virusspezifischen RNA
entsprechen, an denen die Virus-Proteinase wirkt. Der große Vorteil der Pl
besteht darin, daß sie sowohl gegen aktivierte wie auch latent infizierte
Zellen wirken. Die Frage, wie lange sie auf chronisch infizierte Zellen
einwirken müssen, ist jedoch offen. Es werden die Isolate von HIV-1 und HIV-2
wirksam erreicht.
Die orale
Bioverfügbarkeit der Pl variiert wegen des unterschiedlichen hepatischen
First-pass-Effekts. Sie ist, abgesehen von Saquinavir (4 bis 16%), mit Werten
von 60 bis 78% befriedigend. Die gleichzeitige Nahrungsaufnahme beeinflußt die
Bioverfügbarkeit in divergenter Weise: lndinavir soll zur besseren Aufnahme
möglichst nüchtern eingenommen werden; die anderen genannten Substanzen
benötigen hierzu eine begleitende fettreiche Mahlzeit. Ein weiterer Nachteil
ist die hohe Plasma-Eiweißbildung (98%), da nur das freie Enzym eine
antiretrovirale Wirkung entfaltet. In dieser Hinsicht ist Indinavir am
günstigsten einzuschätzen.
Interaktionen und
Nebenwirkungen der HIV-Proteinase-Inhibitoren: Beim Einsatz der
Pl sind multiple Interaktionen mit anderen Medikamenten zu bedenken, die
einerseits als Kontraindikationen für den gemeinsamen Einsatz mit häufig
verwendeten Substanzen gelten, andererseits eine Dosisanpassung entsprechend
den zu erwartenden Veränderungen der Plasmaspiegel erfordern. Auf eine Darstellung
einzelner Interaktionen soll hier verzichtet werden. Es ist jedoch zu bemerken,
daß die Kombination zweier Pl die Plasmaspiegel der einzelnen Substanzen
erhöht. Dieser Effekt führt zu einer besseren antiretroviralen Wirkung mit dem
Vorteil, daß die Dosis der Einzelsubstanzen niedriger gewählt werden kann.
Diese Interaktion kann durch die Konkurrenz am Zytochrom P-450 in der Leber
erklärt werden.
Von besonderer
Bedeutung sind die verschiedenen Pl-induzierten Nebenwirkungen, zumal Art und
Ausmaß erst nach der Zulassung der Substanzen und nach mehrmonatiger Einnahme
erkennbar wurden. Alle derzeit eingesetzten Pl induzieren milde bis mäßig
starke gastrointestinale Symptome, bisweilen auch Fieber und Zephalgien. Zu
erwähnen ist die Gefahr der Nephrolithiasis und Hyperbilirubinämie unter
Indinavir sowie periorale Parästhesien unter Ritonavir.
Im
Mittelpunkt der klinischen Aufmerksamkeit steht derzeit das
Lipodystrophie-Syndrom bei HIV-Patienten, das in einigen Aspekten dem
Metabolischen Syndrom ähnelt. Carr, A., et al. (5, 6) berichteten über solche
Veränderungen bei 67% der mit Pl behandelten Patienten (nach Angaben der
Patienten). In einem dreijährigen Beobachtungszeitraum trat im Rahmen einer
Pl-enthaltenden hoch aktiven ART immerhin bei 19% der Patienten ein mäßiges bis
ausgeprägtes Lipodystrophie-Syndrom auf (7). Es umfaßt in inkonstanter Weise
neben der Lipodystrophie mit Umverteilung des subkutanen Fettgewebes (z.B.
”Buffalo hump"; 16, 17) Nageldystrophien, trockene, rissige Lippen sowie metabolische
Veränderungen, z.B. erhöhte Triglyzerid- und LDL-Cholesterinwerte,
pathologische Glukosetoleranz, periphere Insulinresistenz bis hin zum
manifesten Diabetes mellitus Typ 2 sowie eine Neigung zur Hyperurikämie.
Wenngleich zur Pathogenese dieser Stoffwechselstörung mehrere Erklärungsmodelle
bestehen (4), sind die Ursachen letztlich noch nicht geklärt. Da derartige
Veränderungen aber auch unter nicht-Pl-haltigen Regimen (8) bzw. auch ohne
Therapie beobachtet wurden, scheinen zusätzlich genetische Faktoren sowie
besondere Ernährungsgewohnheiten eine Rolle zu spielen. Mehrfach wurde auch
über Myokardinfarkte unter Pl-Therapie berichtet (9, 10). Da die ART eine
Langzeittherapie ist, sind die metabolischen Nebenwirkungen zukünftig stärker
zu beachten, denn es sind vermehrt Gefäßkomplikationen zu befürchten. Während
eine medikamentöse Behandlung derzeit erst bei ausgeprägter
Hypertriglyzeridämie bzw. Hypercholesterinämie empfohlen wird (Statine), sollte
zu einer umfassenden Therapie auch eine Ernährungsberatung und die Aufklärung
über die Schädlichkeit von übermäßigem Alkoholkonsum und Rauchen gehören.
Compliance und
Adherence bei antiretroviraler Therapie: Die Komplexität der ART, d.h. die große
Zahl der täglich einzunehmenden Tabletten, die unterschiedlichen Einnahmemodalitäten
bei den einzelnen Substanzen sowie auch die Notwendigkeit einer möglichst
lebenslangen Therapie stellt an die Compliance der Patienten hohe
Anforderungen. Es verwundert nicht, daß es auf der Internationalen
AIDS-Konferenz in Genf 1998 insgesamt 396 Beiträge zum Thema
Compliance/Adherence der Patienten gab; dieses Problem war neben der ART also
das wichtigste Thema. Zur Erklärung der Begriffe: während Compliance im
traditionellen Sinne die ”Therapietreue" eines Patienten bezeichnet (”Submission"),
wurde der Begriff Adherence eingeführt, um die freie Entscheidung eines
Patienten zum Einhalten der Therapie nach entsprechender umfassender Aufklärung
zu betonen (”Choice").
Etliche
Studien konstatieren das Nichteinhalten der vorgeschriebenen Therapie als die
häufigste Ursache für das Versagen der ART bzw. HAART (High Active
Antiretroviral Therapy) bzw. die Resistenzentwicklung. Ist die Adherence nicht
sichergestellt, kann der Schaden einer Therapie (z.B. Entwicklung von
Kreuzresistenzen) den theoretisch möglichen Nutzen überwiegen. In einer
Untersuchung von Gallant und Block (11) an 665 Patienten mit HAART hatten 26%
am Tag zuvor und 43% während der Woche zuvor mindestens eine Dosis ausgelassen.
Studien zum
Vergleich Zweifach-/Dreifach-Erhaltungstherapie: Wahrscheinlich ist
das Sicherstellen der Adherence der Patienten durch Vereinfachen der
Therapiemodalitäten die Motivation zu zwei Studien gewesen, in denen die
Wirksamkeit einer Zweifach-Erhaltungstherapie im Vergleich zur Fortführung der
initialen Dreifach-ART (Induktionstherapie) geprüft wurde. D.V. Havlir et al.
(12) berichteten über die Ergebnisse einer Studie, in der HIV-Patienten mit
einer CD4-ZelIzahl > 200/µl eine Induktionstherapie, bestehend aus
Lamivudin, Zidovudin (beides NRTI) sowie Indinavir (PI) in der üblichen Dosis
erhalten hatten. Eine weitere Randomisierung erfolgte, wenn nach 16-, 20- und
24wöchiger Induktionstherapie jeweils < 200 Viruskopien/ml Plasma
nachgewiesen worden waren. Während 106 Probanden weiterhin die o.a. Dreifach-Kombination
als Erhaltungstherapie erhielten, wurden 103 Patienten mit Indinavir allein
sowie 107 Patienten mit einer Zweifach-Kombination aus Zidovudin plus Lamivudin
weiterbehandelt. Der primäre Endpunkt der Studie war der Verlust der
Virussuppression, definiert als Plasmaspiegel von > 200 Kopien HIV-RNS/ml
bei zwei aufeinanderfolgenden Messungen während der Erhaltungstherapie. Hierzu
kam es bei jeweils 23% der Patienten in den Armen mit reduzierten Schemata,
aber bei nur 4% derjenigen, die weiterhin dreifach therapiert wurden (p <
0,001). Patienten, bei denen die CD4-Zellzahl während der Induktionsphase
stärker zunahm, bei denen eine höhere Virusbeladung zu Beginn der
Induktionsphase oder eine niedrigere Virus-Clearance bestand, hatten ein höheres
Risiko, den Endpunkt vorzeitig zu erreichen. Wenn Resistenz-Mutationen gegen
Zidovudin in der HIV-RNS zu Beginn der Studie gefunden wurden, war dies in
hohem Maße prädiktiv für den Verlust der Virussuppression bei den Patienten im
Zidovudin/Lamivudin-Arm. Es ist zu bemerken, daß 43% der Studienteilnehmer mit
Zidovudin vorbehandelt waren (mindestens 7 Tage, median 90 Tage). Bei Patienten
mit mehr als halbjähriger Zidovudin-Vorbehandlung versagte die Therapie
signifikant häufiger als bei solchen mit weniger als sechs Monaten
Vorbehandlung (45% vs. 11%; p < 0,001). Wegen Nebenwirkungen mußte die
Therapie bei 5,9% der Patienten während der Induktionstherapie abgebrochen
werden. In der zweiten Phase der Studie (Erhaltungstherapie) kam es bei 20,1%
der Patienten zur Zidovudin-Intoleranz (am häufigsten Neutropenie). Die
Ersatztherapie bestand in diesen Situationen aus Stavudin (alternativer NRTI);
in einigen Fällen wurde mit reduzierter Dosis (300 mg statt 600 mg/d)
fortgefahren. Eine Nephrolithiasis entwickelte sich unter Indinavir bei 2,9%
der Patienten.
Die Autoren kommen
zu dem Schluß, daß die derzeit empfohlene Standardtherapie einer
Dreifach-Kombination offenbar keine großen Spielräume läßt. Die enttäuschenden
Ergebnisse unterstreichen noch einmal die Bedeutung einer guten Adherence des
Patienten: das Weglassen einer Substanz erhöht die Gefahr eines generellen
Therapieversagens deutlich, und die ungenügende Suppression zieht unweigerlich
das große Risiko der Resistenzentwicklung nach sich, das angesichts der bekannten
hohen Spontanmutationsrate des HIV die derzeitigen therapeutischen Optionen
entscheidend in Gefahr bringen würde.
In einem
ähnlichen Design untersuchte die französische Trilège-Studiengruppe (13) die
Effizienz einer Erhaltungstherapie mit einer Zweifach-Kombination im Vergleich
zur Fortsetzung einer Dreifach-Kombination nach entsprechender dreimonatiger
Induktionsphase mit Zidovudin, Lamivudin und Indinavir in üblicher Dosierung
(600 mg/d; 300 mg/d; 2400 mg/d). Die Patienten waren alle nicht vorbehandelt.
Eine Randomisierung erfolgte, wenn die Virusbeladung unter 500/ml gefallen war.
In offener Zuteilung wurden die Probanden entweder mit Zidovudin/Lamivudin
(Gruppe 1) oder Zidovudin/Indinavir (Gruppe 2) oder
Zidovudin/Lamivudin/Indinavir (Gruppe 3) weiterbehandelt. Als primärer Endpunkt
wurde ein erneuter Anstieg der Virusbeladung von > 500/ml während der
Erhaltungsphase definiert. Auch hier war der Anteil der Patienten, die den
primären Endpunkt erreichten, signifikant höher bei den Patienten, die eine
reduzierte Erhaltungstherapie erhalten hatten (Gruppe 1: 31%); p < 0,001;
Gruppe 2 :22%; p < 0,01) als bei den Patienten in Gruppe 3 mit fortgesetzter
Dreifach-Therapie (9%). Unter Berücksichtigung des Grades der Virussuppression
zu Beginn der Randomisierung (< 50 Kopien/ml bzw. > 50 Kopien/ml) ergaben
sich beimvergleich der Sludienarme keine Vorteile für Patienten mit höherer
Suppression in der Induktionsphase (Gruppe 1: 27% bzw. 48%; Gruppe 2: 18% bzw.
28%; Gruppe 3: 3% bzw. 3%). Demgegenüber hatten Patienten mit einer
Virusbeladung von < 30000 HIV-RNS-Kopien/ml vor der Induktionsbehandlung ein
vergleichsweise geringeres Risiko, den primären Endpunkt zu erreichen, als
solche mit > 30000 HIV-RNS-Kopien/ml (p < 0,01). In der multivariaten
Analyse ergab sich lediglich die Virusbeladung vor Beginn der
Induktionstherapie als prädiktiver Parameter für ein Erreichen des primären
Endpunktes.
Bewertung und
Ausblick: Beide Studien zeigen das Dilemma der derzeitigen Therapieoptionen bei
HIV-Infektion/AIDS: Zwar läßt sich unter einer HAART primär eine deutliche
Virussuppression erreichen (Havlir, D.V., et al.: 98% < 50
HIV-RNS-Kopien/ml; Pialoux, G., et al.: 86% < 500 HIV-RNS-Kopien/mI), sie
geht unter medikamenten-sparenden Erhaltungsschemata jedoch schnell verloren.
Die daher notwendige langdauernde Behandlung mit mehreren Medikamenten
gefährdet jedoch die Adherence der Patienten erheblich. Die Autoren beider
Studien fordern übereinstimmend, derzeit mit reduzierten Erhaltungsschemata
zurückhaltend zu sein. Andererseits sind sie jedoch der Meinung, daß die
Ergebnisse nicht dazu führen sollten, den Gedanken einer medikamentensparenden
und damit nebenwirkungsärmeren Erhaltungstherapie grundsätzlich aufzugeben. Es
ist zu prüfen, ob eine längere bzw. intensivierte Induktionsbehandlung (z.B.
Vierfach-Therapie) dem jetzigen Vorgehen überlegen ist. Daneben gibt es
Überlegungen, wie man auf die chronisch infizierten Zellen einwirken könnte,
die der herkömmlichen Therapie offensichtlich nicht zugänglich sind. Neben der
zusätzlichen Gabe von Hydroxyurea (Hydroxycarbamid), das aus der Onkologie
wohlbekannt ist und die zelluläre Aktivität hemmt (14, 15), werden
Therapieoptionen diskutiert, die ein ”Switching" einer oder mehrerer
Substanzen zu definierten Zeitpunkten bevorzugen und dies abhängig oder
unabhängig von der aktuellen Virusbeladung des Patienten. Auf der ”6th
Conference on Retroviruses and Opportunistic Infections" Anfang 1999 in
Chicago wurden zudem etliche Studien präsentiert, in denen primär Pl-sparende
Kombinationsregime (Einsatz von Nicht-Nukleosid-RTI = NNRTI) erfolgreich
eingesetzt wurden. Gleichzeitig verbreiten Studien mit neuen Substanzen aus den
bekannten drei Gruppen (Abacavir bei den NRTI, bereits zugelassen; Amprenavir
bei den Pl; Efavirenz bei den NNRTI) ebenso wie die Entwicklung neuer
Substanzgruppen (Nukleosid-Analoga: Adefovir; Zink-Finger-Inhibitoren;
Glykoprotein-Inhibitoren: T20) vorsichtigen Optimismus.
Die
Zwischenergebnisse einer bereits dreijährigen Behandlungsstudie (7) mit der
Dreifach-Kombination Zidovudin/Lamivudin/Indinavir zeigen immerhin bei 67% der
verbliebenen Patienten eine Virussuppression unterhalb der Nachweisgrenze von
50/ml. 39% der Patienten erlebten mindestens eine Episode von Nephrolithiasis
(Indinavir-assoziiert) und bei 19% entwickelten sich Zeichen einer
Lipodystrophie.
Der
Begriff der antiretroviralen Chemotherapie ist bisher nicht üblich, jedoch
lassen sowohl das Spektrum der Nebenwirkungen als auch das Prinzip von
Induktion- und Erhaltungstherapie Analogien zur Onkologie erkennen. In diesem
Zusammenhang werden auch sequentielle Therapien - ähnlich den Zyklen in der
onkologischen Chemotherapie - mit unterschiedlichen Substanzkombinationen und
Therapiepausen (”Drug holidays") als theoretisches Konzept diskutiert. Es
herrscht Einigkeit darüber, daß zukünftige Therapieformen nicht nur zu einer
wirksameren Langzeitsuppression des HIV führen müssen, sondern auch für den
Patienten besser zu handhaben und verträglicher sein sollten. Ein Maßstab für
eine tatsächlich bessere Therapie ist die verbesserte Adherence der Patienten.
Diesem Ziel ist näher zu kommen durch Optimierung der Einnahmebedingungen
(Einmalgabe, höhere Bioverfügbarkeit, weniger Neben- und Wechselwirkungen,
stärkere Unabhängigkeit von der Nahrungsaufnahme). Andernfalls wird der
medizinische Erfolg der bisherigen Therapieformen langfristig nicht zu festigen
sein.
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