Die Wirksamkeit von
Amphotericin B in der empirischen Therapie bei neutropenischen Patienten mit
Fieber unklarer Genese (FUO), das nicht auf Breitspektrumantibiotika anspricht,
ist durch mehrere klinische Studien belegt (1-7; Übersicht in 8; vgl. AMB 1996,
30, 9). Die ausgeprägten Nebenwirkungen von konventionellem
Amphotericin-B-Desoxycholat (K-AMB: Amphotericin B), vor allem
Niereninsuffizienz, Hypokaliämie, Fieber und Schüttelfrost, erschweren jedoch
vielfach die Entscheidung zum klinischen Einsatz dieser Substanz und haben die
Prüfung alternativer Antimykotika veranlaßt. Die Mycoses Study Group des
National Cancer Institute (NCI) veröffentlichte jetzt die Ergebnisse einer
multizentrischen, randomisierten Doppeltblindstudie zum Vergleich von K-AMB in
einer Dosierung von 0,6 mg/kg KG täglich mit liposomalem Amphotericin B (L-AMB;
Ambisome) in einer Dosierung von 3,0 mg/kg KG täglich bei neutropenischen
Patienten mit refraktärem FUO nach fünftägiger Therapie mit
Breitspektrumantibiotika (9). Behandelt wurden 687 Patienten im Alter von 2 bis
80 Jahren mit neutrophilen Granulozyten < 500/µl, davon 48% bzw. 49% mit
akuter Leukämie und 47% bzw. 45% nach Knochenmarktransplantation. Finanziert
wurde die Studie unter anderem durch die Herstellerfirma von L-AMB. Die wesentlichen
Ergebnisse dieser Studie sind in Tab. 1 zusammengestellt. Es zeigte sich ein
nahezu identisches Ansprechen (Entfieberung: 49,9% vs. 50,1 %), jedoch eine
signifikant bessere Verträglichkeit und eine geringere Zahl gesicherter
Durchbruch-Pilzinfektionen (7,8% vs. 3,2%) unter L-AMB.
Die Ergebnisse
dieser Studie veranlaßten die amerikanische Gesundheitsbehörde FDA, L-AMB für
die empirische Therapie febriler neutropenischer Patienten zuzulassen. Trotz
der für eine Studie dieser Art bemerkenswert großen Patientenzahl und des
aufwendigen Studiendesigns erscheint, auch angesichts der extrem hohen Kosten
von L-AMB, eine kritische Betrachtung angebracht.
1. Die
Ansprechraten von knapp 50% in beiden Gruppen sind im Vergleich zu anderen
Studien mit ähnlichem Design, z.B. der Paul-Ehrlich-Gesellschaft zur
antimikrobiellen Therapie febriler neutropenischer Patienten (3, 5),
ungewöhnlich niedrig.
2. Der Zeitpunkt
der Sicherung der Durchbruch-Pilzinfektion ist nicht genau angegeben. Sind
diese bereits kurz nach Beginn der empirischen AMB-Therapie aufgetreten, kann
man sie nicht als Therapieversagen, sondern lediglich als Manifestation einer
bereits bestehenden Pilzinfektion werten. Sind sie jedoch unter bereits länger
andauernder AMB-Therapie aufgetreten, muß gefragt werden, ob vor allem die
Patienten (27%) betroffen waren, bei denen aufgrund von
Verträglichkeitsproblemen das K-AMB in einer noch geringeren Dosis als 0,6
mg/kg KG täglich verabreicht wurde. Dies ist jedoch ebenfalls nicht angegeben.
3. Die Dosierung
von K-AMB ist bemerkenswert niedrig. In ähnlichen Studien (3-5) wurden jeweils
0,75 bis 1,0 mg/kg KG täglich eingesetzt und waren mit Anprechraten bis zu 75%
verbunden. L-AMB wurde hingegen in der bisher durch prospektive klinische
Studien nicht belegten hohen ”Standard-Dosierung" von 3,0 mg/kg KG täglich
und bei 33% der Patienten sogar in höherer Dosis gegeben, wobei neuere Daten
darauf hinweisen, daß bei gesicherten Pilzinfektionen L-AMB in einer Dosierung
von 1 mg/kg KG täglich nicht weniger wirksam ist als in einer Dosierung von 4
mg/kg KG täglich (10).
4. Die hier
beschriebene Reduktion gesicherter Durchbruch-Pilzinfektionen durch L-AMB war
nicht mit einer signifikanten Verringerung der infektionsbedingten Letalität
assoziiert. Es erhebt sich die Frage, ob die nach wie vor extrem hohen
Therapiekosten für L-AMB gerechtfertigt sind, wenn ca. 100 Patienten mit L-AMB
statt mit K-AMB behandelt werden müssen, um eine pulmonale Aspergillose zu
vermeiden.
Fazit: Liposomales und
konventionelles Amphotericin B sind als empirische antimykotische Therapie bei
neutropenischen Patienten mit Fieber unklarer Genese gleich wirksam. Die
bessere Verträglichkeit und geringere Nephrotoxizität sprechen für, die sehr
hohen Therapiekosten gegen die Gabe des liposomalen Amphotericin B. Eine
drastische Senkung des Preises von liposomalem Amphotericin B würde die
Entscheidung für den klinischen Einsatz dieser Substanz wesentlich erleichtern.
Literatur
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