Die Seltenheit der
koronaren Herzkrankheit bei Eskimos, die viel Fisch essen, hat zur Durchführung
zahlreicher Studien über die koronarprotektive Wirkung von n-3 mehrfach
ungesättigten Fettsäuren (n-3 PUFA) geführt. In gleichem Maße wurde das
Antioxidans-Vitamin E, das die Oxidation von LDL-Cholesterin verhindern soll
(oxidiertes LDL-Cholesterin ist besonders atherogen), als Hoffnungsträger für
die Primär- und Sekundärprävention der Koronaren Herz-krankheit betrachtet. Im
Lancet (1999, 354, 447) erschien jetzt die GISSI-P-Studie
(korrespondierender Autor: R. Marchioli), in der auf multizentrischer Basis der
Effekt der Einnahme von ca. 1 g n-3 PUFA täglich (Eicosapentaën-Säure:
Docosahexaën-Säure 1:2) oder von Vitamin E (Alpha-Tocopherol 300 mg/d) auf die
kardiovaskuläre Morbidität und Letalität bei Patienten mit durchgemachtem
Herzinfarkt untersucht wurde. Gruppe 1 erhielt für 3,5 Jahre nur n-3
PUFA, Gruppe 2300 mg Vitamin E, Gruppe 3 beides und Gruppe 4
kein Medikament. Die Studie war offen und randomisiert. In jede Gruppe wurden
etwa 2800 Patienten (!) eingeschlossen. Primäre Endpunkte waren kardiovaskuläre
Todesfälle, alle Todesfälle, nicht-tödliche Herzinfarkte und Schlaganfälle.
Die tägliche
Einnahme von n-3 PUFA (Gruppe 1) senkte das Risiko für das Erreichen der
primären Endpunkte signifikant um 10 bis 15% im Vergleich mit Gruppe 4, in
erster Linie durch Senkung der allgemeinen und der kardiovaskulären Letalität.
Hingegen hatte Vitamin E (Gruppe 2) keinen signifikanten Effekt. Bei
Kombination von n-3 PUFA mit Vitamin E war die protektive Wirkung im Hinblick
auf das Erreichen der Endpunkte etwas, jedoch nicht signifikant, stärker als in
Gruppe 1. In einem begleitenden Editorial von M. Brown aus Cambridge (Lancet
1999, 354, 441) werden die Ergebnisse dieser Studie mit denen vieler
anderer, meist weniger umfangreicher und nicht so lang dauernder Studien
verglichen. In einer in England durchgeführten Studie hatte Vitamin E einen
deutlichen sekundär-präventiven Effekt bei Koronarer Herzerkrankung. Es könnte
sein, daß in GISSI-P in die viele Patienten aus mediterranen Ländern
eingeschlossen wurden, die positiven Effekte von n-3 PUFA und von Vitamin E
eher unterschätzt wurden, weil die Nahrung in diesen Ländern ohnehin schon
reicher an ungesättigten Fettsäuren und Vitamin E sein dürfte als in
Nordeuropa. Insgesamt bestätigt sich die Hypothese, daß n-3 PUFA
antiarteriosklerotisch wirken oder die Komplikationen der Arteriosklerose
abschwächen. Vielleicht trifft dies auch für Vitamin E zu.
Fazit: Eine an mehrfach
ungesättigten Fettsäuren reiche Diät dürfte sich günstig auf die durch
Arteriosklerose bedingte kardiovaskuläre Morbidität und Letalität auswirken.
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