Die Ejaculatio
praecox (Ejakulation weniger als eine Minute nach Immissio penis oder bereits
beim sexuellen Vorspiel) ist meist primär, seltener sekundär und dann
verursacht durch Partnerprobleme oder Versagensangst. Paroxetin (Seroxat,
Tagonis), ein Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer, ist ein Antidepressivum, nach
dessen Einnahme als Nebenwirkung nicht selten verzögerte Ejakulation, verzögerter
Orgasmus oder gar Ausbleiben derselben berichtet wurde. Diese Nebenwirkung
veranlaßte C.G. McMahon und K. Touma aus Sydney, Australien (J. Urol. 1999, 161, 1826) zu untersuchen, ob Paroxetin zur Behandlung der Ejaculatio praecox
geeignet ist. In einer kleineren doppeltblinden Studie war bereits von
Waldinger; M.D., et al. (Brit. J. Urol. 1997, 79, 592) gezeigt worden,
daß Paroxetin für die Behandlung der Ejaculatio praecox geeignet zu sein
scheint. McMahon und Touma überprüften die Wirkung von Paroxetin bei insgesamt
66 Männern mit Ejaculatio praecox. In die Studie 1 wurden 26 Männer im
mittleren Alter von 39,5 Jahren eingeschlossen, bei denen Libido und erektile
Funktion normal waren und bei denen keine wesentlichen psychischen Störungen
nachgewiesen werden konnten. Diese Patienten mußten über die Häufigkeit des
Geschlechtsverkehrs und über die Latenzzeit bis zur Ejakulation Buch führen.
Danach begann eine doppeltblinde Crossover-Studie mit Paroxetin und Plazebo.
Die eine Hälfte der Patienten nahm während der ersten 4 Wochen entweder 20 mg
Paroxetin 3 bis 4 Stunden vor dem geplanten Geschlechtsverkehr oder Plazebo
ein. Nach einer behandlungsfreien Periode von 3 Wochen wurde, ebenfalls
doppeltblind, die Behandlung gewechselt (von Paroxetin auf Plazebo und
umgekehrt).
In der Studie 2
erhielten die Patienten zunächst 2 Wochen lang täglich regelmäßig 10 mg
Paroxetin oder Plazebo, und anschließend wurde die Behandlung wie in Studie
1 mit 20 mg Paroxetin oder Plazebo 3 bis 4 Stunden vor dem geplanten
Geschlechtsverkehr fortgesetzt. Die Dauer der Behandlung nach Bedarf betrug
ebenfalls 4 Wochen, gefolgt von 3 Wochen ohne Behandlung und einer
Crossover-Periode von wiederum 4 Wochen Dauer.
Das
Behandlungsergebnis war in beiden Studien ganz erstaunlich. Die Ejakulationslatenz
nahm in beiden Studien unter Paroxetin von ca. 0,3 bis 0,5 Minuten auf 3 bis 5
Minuten zu, während Plazebo keinen oder nur einen geringen Effekt hatte.
Patienten, die primär mit Plazebo behandelt worden waren, hatten nach Crossover
auf Paroxetin den gleichen Effekt wie die primär mit Paroxetin behandelte
Gruppe in der ersten Periode. Insgesamt war der Behandlungserfolg in Studie
2, in der zunächst 2 Wochen lang mit einer niedrigen Paroxetin-Dosis
täglich behandelt worden war, etwas besser als in Studie 1. In Studie
2 hatten mehrere Patienten, die bisher noch nie in der Lage gewesen waren,
vaginalen Geschlechtsverkehr durchzuführen, günstige Ergebnisse. In Studie 1
(Einnahme von Paroxetin nur bei Bedarf) gab es praktisch keine
Nebenwirkungen. In Studie 2 war der Behandlungseffekt bei 3 von 42
Patienten zu stark, so daß eine Anejakulation auftrat. 3 Patienten hatten
Magen-Darm-Beschwerden, 2 verminderte Libido. Zur erektilen Dysfunktion kam es
bei 2 Patienten während der Plazebo-Behandlung.
Fazit: Paroxetin, ein
Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer und Antidepressivum, hat offenbar bei
Ejaculatio praecox eine günstige Wirkung und bei Einnahme "nur vor dem
Bedarf" sehr geringe Nebenwirkungen.
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