Artikel herunterladen

Postmenopausale ,,Hormonsubstitution“. Primär unterschiedliches Risikoprofil bei Frauen, die sie benutzen bzw. nicht benutzen

Wie wir mehrfach ausgeführt haben, ist es weiterhin unsicher, ob und in welchem Umfang die postmenopausale Östrogen- oder Östrogen/Progestogen-Anwendung die Risiken reduziert, an Herz-Kreislauf-Leiden oder Osteoporose zu erkranken. Fast alle bisher publizierten umfangreichen Studien, auch die US-amerikanischen Nurses Health Study, waren Fall-Kontroll-Studien oder nicht-prospektive doppeltblinde randomisierte Studien. Eine kürzlich veröffentlichte doppeltblinde plazebokontrollierte randomisierte Behandlungsstudie mit konjugierten Östrogenen bei Frauen mit bereits gesicherter Koronarer Herzkrankheit (Hulley, S., et al.: JAMA 1998, 280, 605) ergab, daß Östrogene in der Sekundärprophylaxe koronarer Ereignisse unwirksam waren. Immer wieder ist der Verdacht geäußert worden, daß Frauen, die – nach Abwägen von erwarteten Vorteilen und möglichen Risiken – Östrogene oder Östrogen/Gestagene über längere Zeit eingenommen haben, primär gesünder waren als die Frauen, die keine Östrogene benutzt haben, zumal vor 10-20 Jahren die postmenopausale Östrogen-Einnahme von Frauen mit erhöhtem Herz-Kreislauf-Risiko als kontraindiziert galt. K. Rödström et al. aus Göteborg, Schweden (Brit. Med. J. 1999, 319, 890), versuchte jetzt aufgrund einer bereits 1968/69 in Göteborg begonnenen Populationsstudie mit 3 Folge-Untersuchungen bis 1993 zu klären, ob sich postmenopausale Frauen, die Östrogene einnahmen bzw. nicht einnahmen, primär in ihrem Risikoprofil unterschieden. Erfaßt wurden Faktoren wie Körpergewicht, Körpergröße, Bauchumfang, Blutdruck, Serum-Lipide, Blutzucker, Raucherstatus, körperliche Aktivität und sozialer Status.

Während der 24jährigen Beobachtungsperiode nahmen 179 der 1202 genauer analysierten Frauen (14,9%) Östrogene oder Östrogene/Gestagene ein. Eine multivariate Modell-Analysezeigte, daß diese Frauen (Benutzerinnen) vor Beginn der Östrogen-Einnahme einen signifikant niedrigeren Blutdruck und ein niedrigeres Körpergewicht hatten und daß sie einer höheren sozialen und Bildungs-Schicht angehörten als die Nicht-Benutzerinnen. Diese Unterschiede waren signifikant. Der Blutdruckunterschied betrug im Mittel 8 mm Hg systolisch und 4 mm Hg diastolisch. Frauen, die Hormone nahmen, waren auch deutlich körperlich aktiver als Nicht-Benutzerinnen, jedoch war dieser Unterschied nur beim Altersvergleich, nicht in der multivariaten Analyse signifikant. Die Autoren schließen aus ihrer Studie folgendes:

Fazit: Ein Teil der behaupteten günstigen Effekte der postmenopausalen „Hormonsubstitution“ kann dadurch erklärt werden, daß die Benutzerinnen primär gesünder sind als diejenigen, die keine Hormone einnehmen.