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Vorteil der medikamentösen Therapie gegenüber der Varizenligatur zur Prävention von Ösophagusvarizenblutungen

Zur Prävention von Rezidivblutungen aus Ösophagusvarizen bei Leberzirrhose sind die Sklerotherapie, die endoskopische Gummibandligatur („Banding“) der Varizen und verschiedene Schemata der oralen Pharmakotherapie Mittel der Wahl. C. Villanueva et al. aus Barcelona (N. Engl. J. Med. 2001, 345, 647) verglichen in einer von 1994 bis 1999 durchgeführten Studie an insgesamt 233 Patienten mit Ösophagusvarizenblutung bei Leberzirrhose die Effektivität der Ligatur mit der medikamentösen Therapie unter Verwendung des Beta-Blockers Nadolol und von Isosorbid-Mononitrat. Von den 233 Patienten, die für die Vergleichstherapie in Betracht kamen, mußten 83 wegen zu niedrigen Alters, extrem schlechter Leberfunktion, gleichzeitigem Vorliegen eines Leberkarzinoms und aus anderen Gründen ausgeschlossen werden. 144 Patienten wurden randomisiert für eine Ligatur (n = 72), die im Abstand von mehreren Wochen wiederholt wurde, bis alle sichtbaren oder faßbaren Varizen verödet waren. Die andere Hälfte des Kollektivs (n = 72) wurde oral medikamentös behandelt, und zwar initial mit 80 mg Nadolol/d. Die Dosis konnte gesteigert werden, bis die Herzfrequenz in Ruhe 25% unter dem Ausgangswert lag, aber 55 Schläge/Min. nicht unterschritt. Zusätzlich wurde Isosorbid-Mononitrat verabreicht, zuerst 20 mg zur Nacht, später bis zu 40 mg zweimal/d, wenn nicht Kopfschmerz oder niedriger Blutdruck die Dosissteigerung begrenzten. Am Aufnahmetag (akute Ösophagusvarizenblutung) wurde offenbar bei allen Patienten entweder eine Sklerotherapie oder eine Ligatur der blutenden Varizen durchgeführt. Dies wird aber nicht ausdrücklich mitgeteilt. Die mittlere Nachbeobachtungszeit betrug 21 Monate. Registriert wurden Rezidivblutungen, Todesfälle und Komplikationen. Außerdem wurde der Verschlußdruck der Vena hepatica bei allen Patienten vor Randomisierung und einige Monate nach Einschluß in die Studie gemessen.

Ergebnisse: Die Eigenschaften der beiden Gruppen in Hinblick auf Ursachen der Zirrhose oder Schweregrad nach Child-Pugh unterschieden sich nicht wesentlich. Insgesamt ergab sich in Hinblick auf Rezidivblutungen ein deutlicher Vorteil der Pharmako- gegenüber der Ligatur-Therapie (24 vs. 35 Rezidivblutungen). Sieben Patienten der Ligatur-Gruppe hatten Blutungen aus Ulzera des Ösophagus, zwei hatten eine Aspirationspneumonie, während an wichtigen Nebenwirkungen der Medikation zwei Patienten mit schwerer symptomatischer Bradykardie und Dyspnö zu erwähnen sind. Auch der Nebenwirkungsindex war günstiger in der Medikationsgruppe (p = 0,05). Während der Beobachtungszeit starben 30 Patienten der Ligatur-Gruppe und 23 der Medikations-Gruppe (Unterschied nicht signifikant). Die gemessene Abnahme des Lebervenen-Drucks bzw. des Lebervenen-Druckgradienten hatte einen hochgradig prädiktiven Wert in Hinblick auf Blutungsrezidive.

Insgesamt sprechen die Ergebnisse der Studie dafür, daß die Senkung des portalen Venendrucks durch Medikamente (in früheren Studien war die Kombinationstherapie aus Beta-Blockern plus Nitraten günstiger als die Beta-Blocker-Therapie allein) einer auf Verödung der Ösophagusvarizen abzielenden endoskopischen Therapie überlegen ist. Letztere führt oft auch zu einer Verschlechterung der portal-venösen Gastropathie, wahrscheinlich weil der Druck in den Magenvarizen bei behindertem Abfluß durch den Ösophagus ansteigt.

Fazit: Nach initialer Blutstillung bei akuter Ösophagusvarizenblutung scheint eine medikamentöse Therapie mit Beta-Blockern (hier Nadolol) und Isosorbid-Mononitrat einer Ligatur-Therapie überlegen zu sein.