GLP-1 ist ein Sekretionsprodukt des Dünndarms, das
nach Nahrungsaufnahme sezerniert wird und in den Pankreasinseln die
Insulinsekretion stimuliert und die Glukagonsekretion supprimiert. Bei Diabetes
mellitus (DM) Typ 2 ist die intestinale GLP-1-Sekretion vermindert, und die
Insulinsekretion nimmt (bei weiterbestehender Insulinresistenz) im Laufe der
Jahre kontinuierlich ab. Diese Befunde lassen es möglich erscheinen, daß ein
Defekt der intestinalen GLP-1-Sekretion eine Teilursache des Typ 2 DM ist. In
früheren Studien war gezeigt worden, daß s.c. Injektionen von GLP-1 mit den
Mahlzeiten den postprandialen Anstieg des Blutzuckers (BZ) reduzieren.
M. Zander et al. aus Kopenhagen und Hvidovre in
Dänemark führten kürzlich eine interessante Pilotstudie durch, in der je 10
Patienten mit Typ 2 DM ähnlichen Schweregrads 6 Wochen lang entweder eine s.c.
Kochsalzinfusion (mit tragbaren Minimed-Pumpen) oder kontinuierlich GLP-1-Infusionen
(4,8 pmol/kg/min) erhielten (Lancet 2002, 359, 824). Die meisten
Patienten hatten orale Antidiabetika eingenommen, wurden jedoch 3 Wochen vor
Studienbeginn auf Diät allein gesetzt. Danach lagen die mittleren BZ-Werte um
15 mmol/l (270 mg/dl), d.h. sie waren deutlich erhöht. Vor Infusionsbeginn
sowie eine und 6 Wochen nach Infusionsbeginn wurde mit Hilfe einer bestimmten
Technik (Glucose-Clamp) die Insulinresistenz gemessen. Außerdem wurden ein
BZ-Tagesprofil, ein Profil der freien Fettsäuren, HbA1C und das
Körpergewicht gemessen. Appetit- und Sättigungsverhalten wurden mittels
Befragungsskalen ermittelt.
Ergebnisse:
GLP-1 senkte das Körpergewicht um 1,9 kg, verminderte den Appetit und
verzögerte die Magenentleerung. Die Insulin- und C-Peptid-Sekretion wurde
erheblich gesteigert. Der mittlere Tages-BZ fiel um 5,5 mmol/l (99 mg/dl), der
Nüchtern-BZ um 4,3 mmol/l (77 mg/dl) ab. Die Insulinresistenz nahm deutlich ab,
wahrscheinlich vermittelt durch einen Abfall der freien Fettsäuren. In der Kontroll-Gruppe,
deren BZ schlecht kontrolliert war, was zu einem geringen Gewichtsverlust
führte, hatte die Plazebo-Infusion von Kochsalzlösung keine signifikanten
Effekte auf die gemessenen Parameter.
Obwohl eine Dauerinfusion von GLP-1 keine praktikable
Methode der DM-Behandlung ist, sind die Ergebnisse dieser Pilotstudie
pathophysiologisch sehr interessant. Möglicherweise lassen sich später einmal
mit GLP-1-Analoga, die nach s.c. Injektion länger wirken als natives GLP-1 die
Behandlungsergebnisse beim Typ 2 DM verbessern, zumal der GLP-1-Mangel eine
Teilursache dieser Erkrankung zu sein scheint.
Fazit:
Eine Dauerinfusion von GLP-1 verbessert die Stoffwechselsituation von
Typ-2-Diabetikern deutlich; dies wird vermittelt durch eine verbesserte
Insulinsekretion und eine Suppression der freien Fettsäuren im Plasma, wodurch
die Insulinresistenz abnimmt.
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