Obwohl auch frühere
Langzeit-Behandlungsstudien mit Simvastatin (Denan, Zocor) und Pravastatin
(Mevalotin protect, Pravasin protect) bereits erkennen ließen, daß diese
Statine nicht nur bei mittelalten, sondern auch bei alten Menschen die
Komplikationsrate einer Arteriosklerose (Herzinfarkte, Schlaganfälle)
reduzieren können, führte die PROSPER study group in Schottland, Irland und
Holland ab 1997 eine erneute Studie durch, in der 5804 Frauen und Männer im
Alter > 65 Jahre (Durchschnitt ca. 75 Jahre) mit hohem kardiovaskulärem
Risiko (Hypertonie, KHK mit oder ohne früheren Herzinfarkt oder Schlaganfall,
Diabetes mellitus) doppeltblind, randomisiert entweder 40 mg Pravastatin/d oder
Plazebo zusätzlich zu anderen Medikamenten einnahmen (1). Das
Gesamt-Plasma-Cholesterin mußte zwischen 4 und 9 mmol/l (150-350 mg/dl), die
Triglyzeride < 6 mmol/l (< 545 mg/dl) sein. Die Behandlungsgruppen waren
gut vergleichbar. Primärer Endpunkt war die gemeinsame Erfassung nach
durchschnittlich 3,2 Jahren Behandlung von Todesfällen infolge KHK,
nicht-tödlichem Herzinfarkt und tödlichem oder nicht-tödlichem Schlaganfall.
Der Sponsor hatte, wie berichtet, keinen Einfluß auf Planung, Durchführung und
Publikation der Studie.
Ergebnisse: Das LDL-Cholesterin wurde durch
Pravastatin um 34% gesenkt. Ereignisse des primären Endpunkts kamen in der
Plazebo-Gruppe in 473 Fällen, in der Verum-Gruppe in 408 Fällen vor (16,2% bzw
14,1%). Die Zahlen für Verum und Plazebo für tödlichen oder nicht-tödlichen
Herzinfarkt betrugen 12,2% bzw 10,1%, während Schlaganfälle nicht reduziert
wurden. Die Transienten Ischämischen Attacken (TIA) waren aber signifikant
reduziert. Männer profitierten von der Therapie mehr als Frauen, und der
Therapieeffekt war bei Personen mit früheren Infarkten (Sekundärprävention)
deutlicher als in der primären Prävention. Es gab 199 neu diagnostizierte
Krebsfälle in der Plazebo-Gruppe und 245 in der Pravastatin-Gruppe. Da aber die
meisten dieser Fälle bereits im ersten Behandlungsjahr diagnostiziert wurden,
scheint es sich um einen Zufall zu handeln, wofür auch eine Metaanalyse
bezüglich Krebserkrankungen anderer großer Therapiestudien mit Statinen
spricht. Es wurde kein Fall von Rhabdomyolyse bei diesen alten Menschen
registriert. Myalgien kamen in beiden Behandlungsgruppen gleich selten vor.
In einem Kommentar von R.
Collins und J. Armitage aus Oxford (2) wird die Risikoreduktion um ca. 15% im
primären Endpunkt nach 3 Jahren Therapie mit den Ergebnissen der HPS-Studie (3;
Simvastatin) und der LIPID-Studie (4; Pravastatin) verglichen, die nach jeweils
5 Jahren Behandlung Risikoreduktionen um ca. 25% pro
LDL-Konzentrationsreduktion um 1 mmol/l ergeben hatten. Zwar hätten in den
früheren Studien mittelalte wie alte Patientinnen und Patienten von der
Statin-Therapie profitiert, jedoch zeige die PROSPER-Studie die Wirksamkeit der
Statine schon nach relativ kurzer Therapiedauer bei alten Menschen mit hohem
kardivaskulärem Risiko. Für eine Verminderung der Anzahl von Schlaganfällen
habe die Studiendauer offenbar nicht ausgereicht, während die Reduktion von TIA
auch in dieser Studie schon eine Risikoreduktion andeute. Bekanntlich ist die
absolute Risikoreduktion bei sehr alten Menschen bei ähnlicher Reduktion des
relativen Risikos größer als bei mittelalten Personen.
Die Zahlen bestätigen auch quantitativ in etwa die
Ergebnisse der HPS-Studie, die mit Simvastatin durchgeführt worden war. Wir
hatten sie im September ausführlich besprochen (3). Tab. 1 zeigt für beide
Studien, wieviele Patienten ein Jahr lang behandelt werden müssen, um einem
Patienten ein Ereignis zu ersparen (NNT/1Jahr).
Fazit: Die PROSPER-Studie bestätigt den protektiven Effekt von
Statinen hinsichtlich tödlicher und nicht-tödlicher kardiovaskulärer Ereignisse
auch bei alten Menschen mit hohem kardiovaskulärem Risiko. Die Indikation zur
Therapie sollte sich nicht allein nach dem Cholesterinwert richten, da auch
Patienten mit normalen LDL-Cholesterin-Werten profitieren können. Die
Ergebnisse früherer Untersuchungen zu dieser Indikation bestätigen sich.
Literatur
- Shepherd, J., et al. (PROSPER = PROspective Study
of Pravastatin in the Elderly at Risk): Lancet 2002, 360, 1623.
- Collins, R., und Armitage, J.:
Lancet 2002, 360, 1618.
- HPS = Heart Protection
Study: Lancet 2002, 360, 7 und 23; s.a. AMB 2002, 36, 69a.
-
Hunt, D., et
al. (LIPID = Long-term
Intervention with Pravastatin in Ischemic Disease):
Ann. Intern. Med. 2001, 134, 931; s.a. AMB 2002, 36, 45.
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