Die Hochdosistherapie (Chemotherapie ±
Ganzkörperbestrahlung) gefolgt von autologer Blutstammzelltransplantation
(ASCT) hat im Vergleich zur konventionellen Chemotherapie (z.B. mit Melphalan)
zu einer deutlichen Verbesserung der Ansprechraten, des ereignisfreien
Überlebens und des Gesamtüberlebens bei Patienten mit Plasmozytom im Stadium II
oder III geführt (vgl. AMB 1998, 32, 21a). Randomisierte Studien, die
den Stellenwert unterschiedlicher Konditionierungsbehandlungen vor ASCT
untersucht haben, wurden bisher nicht durchgeführt. Nicht-randomisierte Studien
ergaben vergleichbare Ergebnisse für eine hochdosierte Chemotherapie mit
Melphalan 200 mg/m2 (HDM200) oder mit Melphalan 140 mg/m2
und Ganzkörperbestrahlung (HDM140 + ”total body irradiation”, TBI). Ziel der
Konditionierungsbehandlung ist ein maximales Tumoransprechen bei möglichst
geringer Toxizität. Die französische ”Intergroupe Francophone du Myélome” (IFM)
hat jetzt die Ergebnisse einer 1995 begonnenen Studie veröffentlicht, in der
eine TBI mit 8 Gray plus HDM140 mit einer alleinigen hochdosierten
Chemotherapie (HDM200), jeweils gefolgt von ASCT, verglichen wurden (Moreau,
P., et al.: Blood 2002, 99, 731). Eingeschlossen wurden Patienten bis 65
Jahre mit symptomatischem Plasmozytom, vorwiegend im Stadium III. Die Patienten
erhielten zunächst drei Zyklen einer konventionellen Chemotherapie mit
Vincristin, Adriamycin und Dexamethason (VAD). Dann wurden bei fehlenden
Hinweisen auf deutlichen Tumorprogreß (d.h. Anstieg der Tumormasse um > 25%)
und adäquater kardiopulmonaler bzw. Leber- und Nierenfunktion Stammzellen aus
dem peripheren Blut (im ”steady-state” nach Stimulation der Granulopoese mit
G-CSF oder nach Gabe von hochdosiertem Cyclophosphamid plus G-CSF) gesammelt.
Nach dem 4. Zyklus VAD wurden die Patienten randomisiert in den Arm A (TBI +
HDM140) oder Arm B (HDM200). Nach Abschluß der Hochdosistherapie wurde eine
Erhaltungstherapie mit rekombinantem Interferon alfa gegeben. Primärer Endpunkt
der Studie war die Rate an kompletten Remissionen (CR) nach ASCT, sekundäre
Endpunkte das Gesamtüberleben und das ereignisfreie Überleben. Insgesamt wurden
399 Patienten rekrutiert, von denen jedoch nur 298 randomisiert wurden und 282
tatsächlich eine Hochdosistherapie plus ASCT erhielten. Wegen schwerer
Komplikationen oder Progreß der Erkrankung während der Therapie mit VAD
schieden 101 Patienten (25,3%) vor Randomisierung aus. CR-Rate und mediane
Dauer des ereignisfreien Überlebens waren in den Armen A und B etwa gleich (29%
vs. 35%, p = 0,41, bzw. 21 Monate vs. 20,5 Monate, p = 0,6), wohingegen das
Gesamtüberleben nach 45 Monaten im Arm B signifikant (p = 0,05) besser war
(65,8% vs. 45,5%). Dieser Vorteil im Gesamtüberleben wurde von den Autoren auf
die wirksamere, jedoch nicht standardisierte Therapie im Rezidiv bzw. bei
Progreß der Erkrankung im Arm B zurückgeführt. Etwa 50% der Patienten im Arm B
erhielten einen zweiten Zyklus der Hochdosistherapie plus ASCT im Vergleich zu
etwa 25% im Arm A. Die hämatologische Regeneration erfolgte in Arm B
signifikant (p < 0,001) schneller, und dementsprechend war der Bedarf an
Erythrozyten- und Thrombozytenkonzentraten im Arm B signifikant (p < 0,001)
geringer als in Arm A. Auch hinsichtlich Schweregrad der Mukositis, Dauer der
intravenösen antibiotischen Therapie und Dauer der Hospitalisierung waren die
Ergebnisse im Arm B signifikant besser. Im Arm A traten insgesamt 5 Todesfälle
(3,6%) infolge Toxizität der Hochdosistherapie, in Arm B kein Todesfall auf.
Fazit: Bei
Patienten bis 65 Jahre mit symptomatischem Plasmozytom ist die hochdosierte
Chemotherapie mit Melphalan 200 mg/m2 bei deutlich besserer
Verträglichkeit der kombinierten hochdosierten Chemotherapie mit Melphalan (140
mg/m2) plus Ganzkörperbestrahlung hinsichtlich Ansprechrate und
ereignisfreiem Überleben gleichwertig und hinsichtlich Gesamtüberleben
vermutlich überlegen.
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