Fragen von Frau Dr. B.F.
aus Osnabrück: >> In einer Zeitschrift stand, daß die Zufuhr von
Omega-3-Fettsäuren von der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie für
herzinfarktgefährdete Patienten empfohlen wird. Ist dies auch für Patienten
ohne Fettstoffwechselstörungen sinnvoll? <<
Antwort: >> Es ist
richtig, daß die Europäische Gesellschaft für Kardiologie und die Amerikanische
Gesellschaft für Kardiologie für herzinfarktgefährdete Patienten eine erhöhte
Zufuhr von Omega-3-Fettsäuren empfehlen.
Zugrunde liegen
Ergebnisse zweier großer Studien. In der prospektiven, randomisierten,
kontrollierten Lyon Diet Heart Study konnte an über 600 Patienten gezeigt
werden, daß eine an Omega-3-Fettsäuren reiche Diät aus pflanzlichen Quellen die
kardiale Letalität sowie die Häufigkeit von Herzinfarkten, Schlaganfällen und
Krebserkrankungen im Verlauf von etwa 4 Jahren hochsignifikant senkt (1, 2). In
einer aktuell publizierten Studie, der Indo-Mediterranean Diet Heart Study (3),
zeigte sich eine Omega-3-Fettsäure-Diät selbst unter den in Indien häufigen
vegetarischen Ernährungsformen, als wirksam in der Verhütung kardiovaskulärer
Ereignisse im Vergleich zur üblichen fettreduzierten Diät. In beiden Studien
wurden die Omega-3-Fettsäuren primär durch kurzkettige pflanzliche
Omega-3-Fettsäuren zugeführt. Diese sind enthalten in Rapsöl, Leinöl,
Senföl, Walnüssen, Leinsamen und grünen Blattgemüsen (Spinat, Portula, Rucola
u.a.). In der Lyon-Studie wurde der hohe Omega-3-Fettsäure-Anteil der Nahrung
durch eine Rapsöl-Margarine sichergestellt; in der Indo-Mediterranean Diet
Heart Study erhielten die Patienten Walnüsse, Senföl sowie Sojaöl. In beiden
Studien waren die protektiven Effekte völlig unabhängig von der Höhe des
Cholesterinspiegels, des Gewichts und der Zufuhr gesättigter Fettsäuren. Diese
Studien belegen also eindeutig, daß eine an pflanzlichen Omega-3-Fettsäuren
(Alpha-Linolensäure) reiche Ernährung bei Koronarkranken sekundär-präventiv
wirksam ist.
Langkettige
Omega-3-Fettsäuren können vom Körper nur in geringem Maße aus pflanzlicher
Nahrung synthetisiert werden. Sie finden sich jedoch in Fischölen bzw. fetten
Seefischen.
In der größten
randomisierten, kontrollierten Fischöl-Supplement-Studie, der GISSI-Präventions-Studie,
war die "kardiovaskuläre Ereignisrate" bei Patienten, die täglich
etwa 1 g langkettige, aus Fischöl stammende Omega-3-Fettsäuren
(Eicosapentaënsäure:Docosahexaënsäure = 1:2) zuführten, signifikant niedriger
(4). Im Studienverlauf von 3,5 Jahren kam es zu 348 kardialen Todesfällen in
der Kontroll-Gruppe, in der Fischöl-supplementierten Gruppe aber nur zu 291.
Insbesondere war der Plötzliche Herztod seltener.
Es wird vermutet,
daß langkettige Omega-3-Fettsäuren ventrikuläre Arrhythmien verhindern. Die
Dosis von 1 g Fischöl/d läßt sich durch die Einnahme entsprechender
Fischöl-Präparate (in Deutschland z.B. Ameu) erreichen; alternativ ist der
Verzehr von zwei Portionen fettem Seefisch pro Woche anzuraten (5). Fette
Seefische sind Makrele, Hering, Sardine, Lachs. Da Makrelen teilweise durch
Quecksilber belastet sind, empfehlen wir die anderen Fische als Bestandteil
einer kardioprotektiven Ernährung.
Fazit: Omega-3-Fettsäuren
sind unabhängig von der Höhe des Serum-Cholesterins kardioprotektiv wirksam.
Nach derzeitigen Studienergebnissen ist die erhöhte Zufuhr von
Omega-3-Fettsäuren pflanzlicher Herkunft (tradititonelle Mittelmeer-Diät) oder
der Verzehr von fettem Seefisch zweimal pro Woche bzw. die Einnahme von
Fischöl-Kapseln zu empfehlen.<<
Literatur
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De
Lorgeril, M., et al. (Lyon Diet Heart Study): Lancet 1994, 343, 1454.
-
De
Lorgeril, M., et al. (Lyon Diet Heart Study): Circulation 1999, 99, 779;
s.a. AMB 1999, 33, 74.
-
Singh,
R.B., et al. (Indo-Mediterranean Diet Heart Study): Lancet 2002, 360, 1455.
-
Marchioli,
R., et al. (GISSI-Prevenzione = Gruppo Italiano per lo Studio
della Sopravvivenza nell'Infarto miocardico): Lancet 1999, 354, 447; s.a.
AMB 1999, 33, 75a.
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Burr,
M.L., et al. (DART
= Diet And Reinfarction Trial): Lancet 1989, II, 757.
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