Die von uns mehrfach besprochenen UKPDS-Studien,
besonders die im Lancet veröffentlichte UKPDS 34 (1), haben gezeigt, daß
Metformin bei übergewichtigen Diabetikern im Vergleich mit nur diätetisch
behandelten Patienten die Diabetes-bezogene und die Gesamt-Letalität sowie die
Häufigkeit von Herzinfarkten signifikant reduziert. Es verursacht keine
Hypoglykämien und führt, anders als eine Insulinbehandlung, nicht zum
Gewichtsanstieg.
Auf der anderen Seite ist die Liste der absoluten und
relativen Kontraindikationen für Metformin lang. Würde man sich streng danach
richten, dann dürften sehr viele Patienten, die wahrscheinlich von Metformin
profitieren können, dieses Medikament nicht erhalten. Untersuchungen in England
und Schottland haben ergeben, daß 54% bzw. 25% der chronisch mit Metformin
behandelten Patienten mindestens eine der bisherigen Kontraindikationen hatten,
ohne daß die Zahl der gefürchteten Laktatazidosen im UK zugenommen hat. Diese
Tatsachen veranlaßten G.C. Jones et al. aus Edinburgh und Glasgow im Brit. Med.
J. in einem Editorial revidierte Vorschläge zum Umgang mit Metformin zu machen
(2). Sie betonen, daß es bei Patienten, die unter Einnahme von Metformin einen
hypoxischen Zustand erlitten und darunter eine Laktatazidose entwickelt haben,
keine Korrelation zwischen Metformin- und Laktat-Konzentrationen im Blut gibt.
Ein systematischer Cochrane-Review habe ergeben, daß die Behandlung mit
Metformin per se nicht mit einem erhöhten Laktatazidose-Risiko assoziiert sei
(3). Metformin wird fast ausschließlich renal eliminiert und hat eine kurze
Plasma-Halbwertzeit, weshalb man es auch in zwei bis drei Tagesdosen einnimmt.
Patienten mit einer behandelten chronischen und stabilen Herzinsuffizienz
mäßigen Grades können nach Ansicht der Autoren mit Metformin behandelt werden
(s.a. 4). Entscheidend sei die Beachtung der Nierenfunktion und das sofortige
Absetzen von Metformin in Situationen, die zu einer Hypoxie führen können. Für
Patienten, die unter Beachtung der Kontraindikationen bei Therapiebeginn mit
Metformin behandelt werden, empfehlen die Autoren folgende Richtlinien:
·
Therapie-Stopp, wenn das
Serum-Kreatinin 150 µmol/l (ca. 1,7 mg/dl) überschreitet
·
Therapie-Unterbrechung bei akuten
Ereignissen, wie Herzinfarkt oder Sepsis (dann Insulin!)
·
Therapie-Unterbrechung nach Gabe
von Röntgenkontrastmitteln. Wiederaufnahme erst nach Kreatininkontrolle und
ggf. Normalisierung des Kreatininwerts
·
Therapie-Unterbrechung zwei Tage vor
Allgemeinnarkosen. Wiederaufnahme, wenn die Nierenfunktion stabil ist.
Fazit:
Metformin ist ein wertvolles Medikament zur Behandlung adipöser
Typ-2-Diabetiker. Durch die hier vorgeschlagenen Maßnahmen kann die Therapie
mit Metformin sicherer gemacht werden. Laktatazidosen werden in erster Linie
durch Verschlechterung von Grunderkrankungen mit Hypoxietendenz verursacht,
wobei eine Metformin-Therapie dann rechtzeitig aus- oder abgesetzt werden muß.
Literatur
-
UKPDS 34 (UK Prospective Diabetes
Study): Lancet 1998, 352, 854; s.a. AMB 1998, 32, 81.
-
Jones, G.C., et al.: Brit. Med.
J. 2003, 326, 4.
-
Salpeter, S., et al.: Cochrane
Database Syst. Rev. 2002, (2), CD 002967.
-
Hart, S.P., und Walker, J.D.:
Pract. Diabet. Int. 1996, 13, 18.
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