Zusammenfassung: Die Sterblichkeit beim Septischen
Schock und bei vielen anderen auf der Intensivstation behandelten Krankheiten
ist hoch. In seltenen Fällen sind eine unerkannte präexistente
Nebennierenrinden-Insuffizienz (NNRI) oder eine im Rahmen der akuten schweren
Erkrankung neu entstandene NNRI (z.B. durch Nebennierenblutung) für die
Letalität verantwortlich. Diese Patienten können nur bei hochdosierter
Kortikosteroid-Therapie die schwere akute Krankheit überleben. Bei schweren
Infektionen und beim Septischen Schock kann aber auch durch Hemmung der
Kortisolsekretion oder durch Down-Regulation der Glukokortikoid-Rezeptoren eine
relative oder funktionelle, reversible NNRI auftreten. Da die
Serum/Plasma-Kortisol-Konzentration bei Schwerkranken in der Regel stark erhöht
ist, ist eine (eventuell relative) NNRI bei diesen Patienten schwer zu
erkennen; sie unterliegt völlig anderen diagnostischen Kriterien als bei
Patienten ohne zusätzlichen Krankheitsstreß. Neuere Studienergebnisse bei
Patienten mit Septischem Schock lassen Serum-Kortisolwerte (unabhängig von der
Tageszeit) von < 15 µg/dl und einen Anstieg des Serum-Kortisols um < 9
µg/dl nach Injektion von 250 µg Tetracosactid (Synacthen = synthetisches ACTH)
bei basalen Kortisolwerten zwischen 15 und 34 µg/dl als vorläufige Hinweise auf
eine NNRI unter intensivmedizinischen Bedingungen annehmen. Werden solche
Patienten mit Septischem Schock mit 200 mg Hydrokortison/d 7 Tage lang
behandelt, dann ist die NNT für das Überleben eines Patienten in den ersten 4
Krankheitswochen = 7. Mit Vorsicht können - mangels besserer Daten - diese
Ergebnisse auch auf andere Schwerkranke übertragen werden. Patienten mit
schwerem Respiratorischem Distress-Syndrom und solche mit schwerer bakterieller
Meningitis können unabhängig vom Serum-Kortisolwert von einer
Kortikosteroid-Therapie profitieren.
Eine schwere NNRI mit Kortisolmangel führt ohne
Hormonersatz-Therapie meist schnell zum Tod, besonders, wenn während einer
interkurrenten schweren Erkrankung, die eine Streßreaktion der NNR erforderlich
macht, die Zunahme der Kortisol-Sekretion ausbleibt.
Ist bei einem schwer erkrankten Patienten die NNRI
anamnestisch bekannt und wurde er bereits mit NNR-Hormonen substituiert, dann
kann durch deutliche Erhöhung der Kortisol-Zufuhr dieser Mangel behoben werden.
Die Überlebens-Chance eines solchen Patienten hängt dann im Prinzip, wie bei
NNR-Gesunden, von der Prognose bzw. vom Verlauf der interkurrenten schweren
Erkrankung ab.
Ist eine chronische NNRI zuvor nicht diagnostiziert
worden und wird dieser Patient akut schwer krank, dann hängt sein Überleben
ganz stark davon ab, ob der behandelnde Arzt jetzt aufgrund verdächtiger klinischer
Symptome an die Möglichkeit einer präexistenten NNRI denkt und auf Verdacht mit
einer Kortikosteroid-Therapie beginnt. Noch schwieriger wird es, wenn im Rahmen
einer schweren akuten Erkrankung, z.B. nach Bauchtraumen oder, verbunden mit
Koagulopathien, eine bilaterale Nebennierenblutung oder -infarzierung auftritt,
wodurch die Kortisolsekretion dramatisch abfallen kann. Im fortgeschrittenen
Stadium der HIV-Infektion wird die Nebenniere nicht selten von
opportunistischen Erregern zerstört, so daß bei diesen Patienten immer an die
Möglichkeit einer NNRI gedacht werden muß. Bei Schädel-Hirn-Traumen kann die
Hypothalamus-Hypophysen-NNR-Achse im Sinne einer sekundären oder zentralen
Störung insuffizient werden. Des weiteren können Medikamente, z.B. Etomidat
(Etomidat-Lipuro, Hypnomidate) oder Ketoconazol (Nizoral, Terzolin) die
Kortisolsekretion durch direkten Effekt auf die NNR hemmen und eine transiente
NNRI verursachen. In solchen Situationen hängt das Schicksal des Patienten oft
davon ab, ob der behandelnde Arzt die genannten Störungen in Erwägung zieht und
eine entsprechende Diagnostik und Therapie durchführt (1-3).
Ein weiteres schwieriges Thema ist die seit einigen
Jahren zunehmend diskutierte Möglichkeit, daß bei Intensivpatienten eine sog.
relative oder funktionelle NNRI entsteht, besonders bei solchen mit Septischem
Schock (2, 3). Beim Septischen Schock und anderen schweren Infektionen werden
inflammatorische Zytokine freigesetzt, die die adrenale Kortisolsekretion
hemmen können (4). Darüber hinaus kann Interleukin 10 die Sensitivität der
peripheren Zielorgane für Kortisol erhöhen, während der Tumor-Nekrose-Faktor
alpha das Gegenteil bewirkt, durch Downregulation der Rezeptorzahl (5).
Die Kortisol-Sekretionsrate (normal: 10-20 mg/d)
steigt bei Intensivpatienten, abhängig vom Schweregrad und von der Art der
Erkrankung, um das Fünf- bis Zehnfache an, und der zirkadiane adrenale
Sekretionsrhythmus ist oft ganz oder teilweise aufgehoben. Auch die
Serum/Plasma-Kortisol-Konzentration (bei Gesunden in den Morgenstunden normal
ca. 7-23 µg/dl oder ca. 290-635 nmol/l) steigt bei den meisten
Intensivpatienten stark an, oft auf Werte von 35-60 µg/dl. Normalerweise sind
ca. 90-95% des Gesamt-Kortisols im Serum an Proteine gebunden, überwiegend an
das Trägereiweiß Kortikosteroid-bindendes Globulin (CBG), aber locker auch an
Albumin. Bei Sepsis fällt die CBG-Konzentration stark ab, so daß ein viel
größerer Prozentsatz des Kortisols als freies Hormon vorliegt. Nur das freie
Hormon kann die Rezeptoren in den verschiedenen Zielorganen erreichen. Die
Messung des freien Kortisols ist jedoch kein für die klinische Routine zur
Verfügung stehender Test, so daß man sich mit dem Gesamt-Kortisol im Serum oder
Plasma zufrieden geben muß. Hat der Patient jedoch eine Hypoproteinämie, dann
kann man annehmen, daß der Prozentsatz des freien Kortisols höher ist als bei
normalem Gesamt-Eiweiß.
Mißt man das Serum-Kortisol bei einer Gruppe von
Intensivpatienten mit ähnlichen Krankheiten und vergleicht die Werte
retrospektiv bei denen, die überleben bzw. sterben, dann haben die gestorbenen
Patienten in der Regel die höheren Werte gehabt. Das ist vermutlich Ausdruck
der im Mittel schwereren Erkrankung bei den Versterbenden, die ihre
Kortisolreserven in stärkerem Maße mobilisieren als die Überlebenden. Es
spricht nichts dafür, daß das hohe Serum-Kortisol per se die Prognose der
schweren Erkrankung verschlechtert. Ein für einen Intensiv-Patienten relativ
niedriges Serum-Kortisol kann also bedeuten, daß er eine relativ günstige
Prognose hat. Da wir den individuellen Kortisolbedarf eines Intensiv-Patienten
zur Bewältigung seines Krankheitsstresses jedoch nicht kennen, kann ein relativ
niedriger Kortisolwert aber auch bedeuten, daß er eine partielle NNRI hat. Dies
ist das Dilemma der Kortisoldiagnostik bei Intensiv-Patienten, besonders bei
solchen mit Septischem Schock.
Klinische Indikatoren einer NNRI bei
Intensiv-Patienten: Eine
präexistente primäre NNRI erkennt man in typischen Fällen an der anamnestischen
Angabe einer Leistungsminderung mit vermehrtem Schlafbedürfnis, einer dunklen
Pigmentierung der Haut, niedrigem Blutdruck, eventuell assoziierten
Autoimmunkrankheiten wie Vitiligo oder aktueller bzw. früher behandelter
Basedow-Hyperthyreose oder Hypothyreose. Es fallen Hyponatriämie,
Hyperkaliämie, eine leichte Niereninsuffizienz (Volumenmangel) und eine
Hypoglykämie-Neigung auf. Bei Intensivpatienten sind solche Befunde aber
vieldeutig (1, 3).
Eine präexistente sekundäre (zentrale) NNRI
verursacht ebenfalls Leistungsabfall, Müdigkeit und niedrigen Blutdruck. Die
Haut ist aber eher zu wenig pigmentiert und die Körperbehaarung ist vermindert,
da häufig parallel zur NNRI auch eine Gonadeninsuffizienz besteht, die bei
jungen Frauen zur Amenorrhö und bei Männern zu verminderter Libido und Potenz
führt (Anamnese). Es finden sich ebenfalls häufig eine Hyponatriämie und eine
Hypoglykämie-Neigung, jedoch keine Hyperkaliämie, da die Aldosteronsekretion
der NNR weitgehend erhalten ist (1). Bei der sekundären NNRI ist die
Hyponatriämie nicht durch Natrium- und Volumenmangel, sondern durch eine
Enthemmung der Vasopressinsekretion bei Kortisolmangel bedingt (6).
Ergibt sich bei einem Patienten mit Bauchtrauma oder
Koagulopathie (auch bei Patienten, die Antikoagulanzien einnehmen) der Verdacht
auf eine Nebennieren-Blutung oder Nebennierenvenen-Thrombose, dann kann die
Diagnose durch ein CT der Nebennieren erhärtet werden (Vergrößerung und
Inhomogenität der Drüsen). Eine gründliche Medikamentenanamnese (Etomidat,
Ketoconazol, langzeitige Vorbehandlung mit supraphysiologischen
Glukokortikoid-Dosen, Rifampicin oder Phenytoin, die den Kortisolabbau
beschleunigen) kann Hinweise geben (3).
Ein allgemeines, wenn auch nicht sehr spezifisches
Charakteristikum von Patienten mit NNRI auf der Intensivstation ist die
arterielle Hypotension, die auch nach ausreichender Volumengabe (0,9% NaCl mit
Glukose) schwer beherrschbar ist und die auf einer peripheren Vasodilatation
bei hohem Herzindex (> 4 l/min/m2) beruht (7). Die
pathophysiologische Grundlage hierfür ist die verminderte Reaktion der
Widerstandsgefäße auf Katecholamine, da bei Kortisolmangel die alpha- und
beta-adrenergen Rezeptoren vermindert sind. Ein deutlich reduzierter
Katecholamin-Verbrauch nach Beginn einer Kortisol-Substitution kann deshalb als
indirektes Zeichen einer bestehenden NNRI-Insuffizienz betrachtet werden (2, 3,
7).
NNR-Tests bei Intensivpatienten und empirische
Kortisoltherapie: Bei Verdacht auf
eine primäre oder sekundäre NNRI außerhalb der Akut-Medizin gelten relativ
allgemein anerkannte diagnostische Empfehlungen (1), die aber bei
Intensivpatienten nicht anwendbar sind. In einer Unzahl von Veröffentlichungen
sind Vorschläge zur Kortisoldiagnostik bei Intensiv-Patienten gemacht worden,
aber erst in letzter Zeit gibt es Befunde und Vorschläge, die vorerst als
konsensfähig betrachtet werden können. Basierend auf umfangreichen klinischen
Studien an Patienten mit Septischem Schock, in denen plazebokontrolliert das
Überleben mit und ohne Kortisoltherapie bei unterschiedlichen
Serum-Kortisol-Konzentrationen untersucht wurde (3, 7-9) schlagen Cooper und
Stewart (3) ein diagnostisches und therapeutisches Prozedere vor, das in Abb. 1
sinngemäß wiedergegeben ist. Die wichtigste diesem Schema zugrunde liegende
Information ist eine Multicenter-Studie von Annane et al. (9) an 300 Patienten
mit Septischem Schock, bei denen das basale Serum-Kortisol und der
Kortisol-Anstieg 30 und 60 Minuten nach Injektion von Tetracosactid gemessen
wurde und die anschließend doppeltblind randomisiert für 7 Tage entweder mit
Hydrokortison (Schema siehe unten) oder Plazebo behandelt wurden. Bei den
Patienten, deren Serum-Kortisol nach Tetracosactid (30 oder 60 Minuten) um 9
oder weniger µg/dl angestiegen war ("Nonresponder"), war die
Letalität 28 Tage nach Einschluß in die Studie bei Behandlung mit Hydrokortison
53%, in der Plazebo-Gruppe hingegen 63% (p = 0,02). Die Number needed to treat
(NNT) zur Verhinderung des Todes innerhalb 28 Tagen bei einem Patienten war 7.
Die in der Hydrokortison-Gruppe sterbenden Patienten überlebten im Durchschnitt
24 Tage, die in der Plazebo-Gruppe 12 Tage.
In der klinischen Praxis muß bei Sepsis an die
Möglichkeit einer präexistenten oder neu aufgetretenen NNRI gedacht werden. Die
körperliche Untersuchung und eine spezielle Anamnese können hier Hinweise geben
(s.o.). Eine nach Volumen-Substitution absolut oder relativ
Katecholamin-refraktäre Hypotension erhärtet den Verdacht auf eine NNRI, ist
aber nicht spezifisch. Unabhängig von der Tageszeit sollte auch bei vagem
Verdacht auf eine NNRI Blut für die Bestimmung von Serum-oder Plasma-Kortisol
entnommen, anschließend 1 Ampulle Tetracosactid (Synacthen = 250 µg
synthetisches ACTH) i.v. oder i.m. injiziert und 30 und 60 Minuten später
erneut Blut für Kortisol-Messungen abgenommen werden. Nach dieser Diagnostik
sollte eine Therapie mit Kortisol (= Hydrokortison) erwogen werden. In der
Studie von Annane et al. (9) wurde alle sechs Stunden, also viermal in 24
Stunden, 50 mg Hydrokortison (z.B. Hydrokortison-Ampullen à 100 mg von Hoechst)
7 Tage lang i.v. injiziert. Zusätzlich wurden 50 µg 9-alpha-Fluor-Kortisol
(9-alpha-FF, z.B. Astonin H) als Aldosteron-Ersatz oral gegeben. Die Gabe von
9-alpha-FF ist aber wahrscheinlich überflüssig, da große Kortisoldosen auch das
Aldosteron ersetzen (1). Mit einer ähnlichen, allerdings kontinuierlich i.v.
infundierten Kortisoldosis erreichten Briegel et al. (7) beim Septischen Schock
auch unabhängig vom prätherapeutischen Kortisolwert eine hochsignifikante
Verkürzung des Zeitraums, in dem der Blutdruck nur mit hochdosierten
Katecholaminen im niedrigen Normbereich zu halten war.
Nach Eintreffen der Kortisol-Werte sollte die
Fortsetzung oder der Abbruch der Hydrokortison-Therapie erwogen werden. War das
Serum-Kortisol > 34 µg/dl, dann ist eine NNRI höchst unwahrscheinlich. War
es (unter Intensiv-Bedingungen) < 15 µg/dl, dann ist eine NNRI
wahrscheinlich. Das gleiche trifft zu, wenn das basale Serum-Kortisol zwischen
15 und 34 µg/dl lag, der Anstieg in beiden Blutproben nach Injektion von
Tetracosactid aber < 9 µg/dl war. Der untere Grenzwert von 15 µg/dl ist
unsicherer als die anderen Daten. Er wird aber durch neue Befunde von Diederich
et al. (10) gestützt, die bei 28 Patienten mit schwerer Hyponatriämie bei Hypopituitarismus
und gesicherter sekundärer NNRI basale Serum-Kortisolwerte zwischen 1 und 16
µg/dl (Mittelwert: 5,7) fanden, während andere Patienten mit schwerer
Hyponatriämie (überwiegend Syndrom der inappropriaten ADH-Sekretion = SIADH)
Kortisolwerte von 10-63 µg/dl (Mittelwert: 26,5) hatten.
Die Dauer einer solchen Hydrokortisontherapie ist
Ermessenssache. Sie sollte vom klinischen Ansprechen und von der
Wahrscheinlichkeit einer NNRI (Untersuchungsbefund, Anamnese, Kortisolwerte)
abhängig gemacht werden. Bei Patienten mit Septischem Schock kann man sich an
die Therapiedauer in der Studie von Annane et al. (9) halten.
Unabhängig vom Verdacht auf eine NNRI und von
gemessenen Kortisolwerten sollten Patienten mit schwerem und sich unter der
üblichen Therapie nicht besserndem Respiratorischem Distress-Syndrom (RDS)
versuchsweise und zeitlich begrenzt mit Kortikosteroiden behandelt werden. In
einer Studie von Meduri et al. (11) verbesserte die Gabe von initial 2 mg
Methylprednisolon/kg Körpergewicht/d für mehr als 10 Tage bei solchen Patienten
die Überlebensrate verglichen mit Plazebo. In ähnlicher Weise kann bei
Erwachsenen mit bakterieller Meningitis eine früh begonnene Behandlung mit
viermal 10 mg Dexamethason/d für vier Tage das Therapieergebnis verbessern (12,
13).
Einschränkungen und weitere Kortisolsubstitution bei
Überlebenden: Die hier
wiedergegebenen Empfehlungen basieren überwiegend auf Studien an Patienten mit
Septischem Schock. Sie sind nicht ohne weiteres auf andere Intensivpatienten
übertragbar, obwohl sie auch hier mangels verläßlicher Daten für solche
Patienten eine Entscheidungshilfe sein können. Der Synacthen-Test liefert bei
Patienten mit erst kürzlich entstandener sekundärer NNRI (z.B. nach
Hypophyseninfarkt oder -blutung, nach Hypophysen-Operationen) trügerisch
positive Daten, da die nicht mehr durch eigenes ACTH stimulierte NNR erst nach
2-4 Wochen atrophiert und in der Zwischenzeit noch normal auf exogenes ACTH
(hier: Tetracosactid) ansprechen kann (1, 3).
Da supraphysiologische Kortisol- oder Kortikoid-Dosen
die Immunabwehr supprimieren, muß bei Patienten mit Infektionen eine solche
Therapie immer parallel mit einer angemessenen antibakteriellen Behandlung
erfolgen. Hat ein mit Kortikosteroiden behandelter Sepsis-(Intensiv-)Patient
die schwere Krankheitsphase überlebt, dann muß nach völliger Rekonvaleszenz
geprüft werden, ob er an einer permanenten NNRI leidet und somit weiterhin
einer (wesentlich niedriger dosierten) dauerhaften Substitutions-Therapie mit
Hydrokortison (und evtl. 9-alpha-FF) bedarf. Für die Diagnose der primären NNRI
sind der oben erwähnte Synacthen-Test und die zusätzliche basale Bestimmung von
Plasma-ACTH und -Aldosteron die adäquate Methode, jedoch sind die
diagnostischen Kriterien völlig verschieden von den weiter oben bei Intensivpatienten
gemachten Angaben. Bei Verdacht auf sekundäre (zentrale) NNRI sind der
Insulin-Hypoglykämie-Test oder der Metopiron-Test die Methoden der Wahl. Bei
diesen Patienten müssen aber auch noch andere von der Hypophyse abhängige
Hormonachsen (Schilddrüse, Gonaden, Wachstumshormon etc.) abgeklärt werden, da
bei Hypophysen-Insuffizienz oft mehrere Hormone fehlen und substituiert werden
müssen (1).
Die basale Substitutionsdosis von Hydrokortison bei
erheblicher primärer und sekundärer NNRI außerhalb von Streß-Situationen
beträgt 15-25 mg/d, aufgeteilt in 2-3 Dosen (morgens die größte Teildosis).
Patienten mit primärer NNRI benötigen zusätzlich 50-200 µg 9-alpha-FF als
Aldosteronersatz. In Streß-Situationen und bei Infekten muß die
Hydrokortison-Dosis (nicht die von 9-alpha-FF) um das Zwei- bis Fünffache
erhöht werden. Bei Erbrechen und Übelkeit muß Hydrokortison parenteral oder
Prednisolon oder Hydrokortison in Form von Suppositorien verabreicht werden
(nicht bei zusätzlicher Diarrhö!). Patienten mit chronischer NNRI sollten immer
einen leicht auffindbaren Notfallausweis mit sich führen und/oder ein Hals-
oder Armband tragen, das auf die NNRI hinweist (1, 3).
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