Eine ungewollt
starke Antikoagulation durch Vitamin-K-Antagonisten (z.B. Phenprocoumon =
Marcumar u.a., Warfarin = Coumadin) mit oder ohne Blutungskomplikationen ist
eine häufige klinische Situation. Bei Blutungen kann der niedrige Quick-Wert
bzw. die hohe INR (International Normalized Ratio) mit der Gabe von
Gerinnungsfaktoren (z.B. PPSB = Beriplex) rasch normalisiert oder nach Abwägen
von Nutzen und Risiken in den gewünschten Bereich gebracht werden.
Sind jedoch (noch)
keine Blutungen aufgetreten, wird üblicherweise Vitamin K1
(Phytomenadion = Konakion) i.v. verabreicht, obwohl auch die orale Zufuhr gut
wirksam ist. Beide Therapieformen sind offenbar noch nie hinsichtlich
Wirksamkeit und Sicherheit direkt miteinander verglichen worden. Dies hat jetzt
eine Arbeitsgruppe aus Tel Aviv, Israel, in einer kleinen Untersuchung mit 61
Patienten, die zu stark antikoaguliert waren, aber keine größeren Blutungen
hatten, getan (Lubetzky, A., et al.: Arch. Intern. Med. 2003, 163, 2469).
Patienten mit einer
INR von 6-10 (Gruppe 1; n = 44; 47 Episoden) erhielten entweder i.v. 0,5 mg
oder oral 2,5 mg Vitamin K1 und Patienten mit INR > 10 (Gruppe 2;
n = 17; 19 Episoden) 1 mg i.v. oder 5 mg oral. Die Endpunkte der Wirksamkeit
und Sicherheit waren der sequentielle Verlauf der INR-Veränderungen sowie der
Anteil der Patienten, der durch diese Therapie therapeutische INR-Werte
erreichte bzw. unterkorrigiert (INR > 4,0) oder überkorrigiert (< 2,0)
wurde. In Gruppe 1 wirkte die i.v. Gabe von Vitamin K1 rascher als
die orale: nach 6 h erreichten 11 von 24 vs. 2 von 23 Patienten therapeutische
INR-Werte, nach 12 h 16 von 24 vs. 8 von 23. Nach 24 h waren die mittleren
INR-Werte jedoch gleich (2,9 ± 0,8 vs. 2,6 ± 0,8). Bei Patienten, die Vitamin K1
i.v. erhalten hatten, kam es häufiger zur Überkorrektur der Gerinnungsstörung
(INR < 2; 7 von 24 vs. 2 von 23). In Gruppe 2 waren i.v. und orale
Applikationsform von Vitamin K1 in Wirksamkeit und Steuerbarkeit
gleich.
Fazit: Patienten mit
ungewollt starker Antikoagulation ohne Blutungskomplikationen können mit oraler
Gabe von Vitamin K1 rasch und sicher in den gewünschten
Antikoagulationsbereich gebracht werden. Möglicherweise können dadurch
unerwünschte Arzneimittelwirkungen (allergische Reaktionen, Schock, Erythem,
Urticaria) vermieden werden, wie sie besonders nach i.v. Gabe von Vitamin K1
beschrieben sind. |