Die ALLHAT-Studie, die wir ausführlich besprochen
haben (1, 2, s.a. 4), hat teils für Aufruhr, teils für Anerkennung gesorgt, da
sie gezeigt hat, daß ein auf Diuretika als Erst-Therapie der arteriellen
Hypertonie gegründetes Regime bei Patienten mit erhöhtem kardiovaskulären
Risiko mindestens ebenso wirksam ist, solche kardialen bzw. vaskulären
Ereignisse zu verhindern, wie ACE-Hemmer und Kalziumantagonisten. Eine großangelegte
Metaanalyse von 42 klinischen Studien und fast 200000 Patienten bestätigte mit
einer speziellen statistischen Methodik diese Aussage. Wir haben darüber im
September berichtet (5).
Eine kürzlich im Lancet erschienene Metaanalyse (3)
umfangreicher antihypertensiver Vergleichsstudien bestätigt jetzt im Großen und
Ganzen diese Aussagen noch einmal, daß nämlich die heute am häufigsten
verwandten antihypertensiven Prinzipien mit annähernd gleicher Effizienz
kardiovaskuläre Ereignisse und Todesfälle verhindern können, vorausgesetzt, der
Blutdruck wird in gleichem Maße gesenkt.
In diese neue zusammenfassende Analyse wurden nur
solche prospektiven, randomisierten Studien aufgenommen, bei denen in jeder
Vergleichsgruppe mindestens 1000 Beobachtungsjahre erfaßt und bei denen die
Patienten hauptsächlich wegen arterieller Hypertonie, Diabetes mellitus,
Koronarer Herzkrankheit, peripherer arterieller Verschlußkrankheit,
zerebrovaskulärer Erkrankung oder Niereninsuffizienz, jedoch nicht wegen akutem
Herzinfarkt oder Herzinsuffizienz eingeschlossen worden waren.
Verglichen wurden ACE-Hemmer mit Plazebo, mit
Diuretika oder Beta-Blockern sowie mit Kalziumantagonisten, Kalziumantagonisten
mit Plazebo, mit Diuretika oder Beta-Blockern sowie - mit etwas geringerer
Aussagekraft - Angiotensin-II-Rezeptor-Blocker mit anderen Therapieregimen.
Im Vergleich der aktiven Therapien miteinander fällt
auf, daß Kalziumantagonisten gegenüber allen anderen Prinzipien weniger wirksam
sind, Herzinsuffizienz zu verhindern. Mit Herzinsuffizienz sind hier nicht etwa
nur Ödeme gemeint, wie sie häufig unter der Einnahme von Kalziumantagonisten
auftreten, sondern Krankenhausaufnahme oder Tod durch Herzinsuffizienz.
Hingegen schneiden Kalziumantagonisten bei der Verhinderung von Schlaganfällen
am besten ab.
Die Übersichtsstudie ergibt weiterhin, daß bei
stärkerer Blutdrucksenkung verglichen mit geringerer Blutdrucksenkung
(Unterschiede im Mittel: -4/-3 mm Hg) mit der gleichen Medikamentengruppe
durchweg zusätzliche günstige klinische Ergebnisse erzielt wurden.
Fazit: Die
hier referierte Metaanalyse bestätigt früher gemachte Aussagen, daß alle heute
verwendeten wichtigen Antihypertensiva (mit Ausnahme der hier nicht
besprochenen Alpha-Rezeptoren-Blocker) bei gleicher Blutdrucksenkung auch mit
annähernd gleicher Effizienz kardiovaskuläre Ereignisse verhindern können.
Kalziumantagonisten sind hinsichtlich Verhinderung einer Herzinsuffizienz
anderen Prinzipien unterlegen, verhindern aber besonders gut Schlaganfälle. Man
sollte deshalb, auch unter ökonomischen Gesichtspunkten, wenn eine
medikamentöse Therapie der arteriellen Hypertonie indiziert ist, mit niedrig
dosierten Diuretika oder Betablockern beginnen, es sei denn, es liegen Befunde
vor, die die primäre Wahl eines Kalziumantagonisten oder eines ACE-Hemmers oder
eines Angiotensin-II-Rezeptor-Blockers sinnvoll erscheinen lassen (s.a. 4). Die
weitere Therapie sollte von der blutdrucksenkenden Wirkung des zuerst gewählten
Prinzips und von dem Ziel, Nebenwirkungen zu minimieren, abhängig gemacht
werden. Bei nicht zufriedenstellender Monotherapie ist eine niedrig dosierte
Kombinationstherapie, meist unter Einschluß eines Diuretikums, anzustreben.
Literatur
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AMB 2003, 37, 12.
-
AMB 2003, 37, 22.
-
Blood Pressure
Lowering Treatment Trialists’ Collaboration: Lancet 2003, 362, 1527.
-
AMB 2003, 37, 51.
-
AMB 2003, 37, 67.
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