Artikel herunterladen

Angiotensin-II-Rezeptor-Blocker und/oder ACE-Hemmer bei postinfarzieller Herzinsuffizienz. Die VALIANT-Studie

Im Dezember hatten wir über die im Lancet breit ausgewalzten Ergebnisse der CHARM-Studien berichtet (1). Die Ergebnisse vermitteln den Eindruck, daß die zusätzliche Gabe von Candesartan (Atacand®, Blopress®) zur Standardtherapie eines Patienten mit Herzinsuffizienz effektiv sein könnte. Die Standardtherapie schloß ACE-Hemmer, Beta-Blocker, Diuretikum, Digitalis und Spironolacton ein in Dosierungen, die dem behandelnden Arzt überlassen waren. Candesartan wurde mit 4 mg/d oder 8 mg/d begonnen und konnte auf 32 mg einmal täglich gesteigert werden.

Im November 2003 ist nun eine direkt vergleichende Untersuchung mit dem Angiotensin-II-Rezeptor-Blocker (AT-II-RB) Valsartan (Diovan®, Provas®) und einem ACE-Hemmer (Captopril) bei Herzinfarkt erschienen (2; s.a. 3). In diese doppeltblinde Studie wurden etwa 15000 Patienten mit Herzinsuffizienz nach akutem Myokardinfarkt eingeschlossen. Sie erhielten – zusätzlich zur Basistherapie – täglich bis zu 320 mg Valsartan, bis zu 150 mg Captopril oder bis zu 80 mg Valsartan plus 150 mg Captopril. Die Dosierungen wurden nach Maßgabe des Blutdrucks und der Wirkung auf die Herzinsuffizienz so nah wie möglich an die genannten Maxima herangeführt.

Während der Beobachtungszeit von etwa zwei Jahren war die Letalität (primärer Endpunkt) in den drei Gruppen praktisch gleich (etwa 20%). Auch die vorher festgelegten sekundären Endpunkte kardiovaskulärer Tod oder Herzinfarkt (ca. 23%), kardiovaskulärer Tod oder Herzinsuffizienz (ca. 27%), kardiovaskulärer Tod, Herzinfarkt, Herzinsuffizienz, Reanimation oder Schlaganfall (ca. 33%) waren in allen drei Gruppen gleich häufig.

Damit bestätigt sich erneut, daß ACE-Hemmer und AT-II-RB gleich stark wirksam sind, wenn sie in optimaler Dosis gegeben werden. Die Kombination brachte keine zusätzlichen Effekte. Dieses Ergebnis steht im Gegensatz zur vielbeworbenen CHARM-Studie (1), deckt sich aber mit der Val-HeFT-Studie (6). Somit kann derzeit keine Empfehlung zur Kombinationsbehandlung ausgesprochen werden, vielmehr sollte darauf geachtet werden, daß der verwendete ACE-Hemmer (bzw. alternativ der AT-II-RB) ausreichend hoch dosiert wird.

Die Autoren schließen ihre Arbeit mit dem Satz: Die Wahl zwischen den alternativen Behandlungsmöglichkeiten hängt ab von der ärztlichen Erfahrung (mit dem Medikament), der Verträglichkeit, der Sicherheit und der Bequemlichkeit der Anwendung und den Kosten der Behandlung (320 mg Valsartan kosten etwa 2,50 EUR, 150 mg Captopril 0,50 EUR).

Die Kosten der Behandlung werden also durchaus als ein Argument für oder gegen im Übrigen gleichwertige Therapien benannt. In Leitlinien, die in Deutschland veröffentlicht werden, sind erstaunlicherweise die Kosten der Medikamente oft nicht erwähnt (z.B. Neue Empfehlungen der Deutschen Hochdruckliga; 4). Das verführt dazu, Preisbewußtsein nicht zu entwickeln, Preishürden nicht zu sehen und teuer zu verordnen. In einem Editorial im selben Heft des N. Engl. J. Med. (5) sind die Kosten dagegen das entscheidende Argument. Dort heißt es: ”Die Verträglichkeit von Valsartan und Captopril ist gut. Die Erfahrungen mit ACE-Hemmern bei Patienten mit Zustand nach Myokardinfarkt beruhen jetzt auf der Behandlung von etwa 100000 Patienten. Die klinische Erfahrung mit AT-II-RB ist noch beschränkt. In den Vereinigten Staaten ist es vier- bis sechsmal teurer, Valsartan in der von Pfeffer erprobten Dosierung zu benutzen als Captopril. Daher bleiben ACE-Hemmer logischerweise die Primärtherapie (bezogen auf AT-II-RB) für Risikopatienten nach akutem Myokardinfarkt.”

Fazit: Bei Patienten mit Herzinsuffizienz nach akutem Myokardinfarkt ist die Behandlung mit dem ACE-Hemmer Captopril oder mit dem AT-II-RB Valsartan zusätzlich zur Standardtherapie gleich wirksam. Aus Kostengründen sollte nur dann mit AT-II-RB behandelt werden, wenn der ACE-Hemmer nicht vertragen wird (z.B. Husten, Angioneurotisches Ödem).

Literatur

  1. AMB 2003, 37, 90.
  2. Pfeffer, M.A., et al. (VALIANT = VALsartan In Acute myocardial iNfarction Trial): N. Engl. J. Med. 2003, 349, 1893.
  3. AMB 2001, 35, 73.
  4. Zidek, W., et al.: Dtsch. Med. Wochenschr. 2003, 128, 2468.
  5. Mann, D.L., und Deswal, A.: N. Engl. J. Med. 2003, 349, 1963.
  6. Cohn, J.N., et al. (Val-HeFT = Valsartan Heart Failure Trial): N. Engl. J. Med. 2001, 345, 1667; s.a. AMB 2002, 36, 19.