Es gibt mehrere Studien, die zu zeigen scheinen, daß
Akupunktur bei Migräne, nicht aber bei Spannungs-Kopfschmerz, wirksamer ist als
die übliche, überwiegend auf Einnahme von Medikamenten basierende Therapie. Im
Brit. Med. J. (1) wurden jetzt die Ergebnisse einer randomisierten Studie an
401 Kopfschmerz-Patienten (überwiegend Migräne-artiger Kopfschmerz) publiziert,
die von Allgemeinärzten in England und Wales durchgeführt und deren Ergebnisse
von einem biostatistischen Institut in New York ausgewertet wurden. Verglichen
wurde die Therapie mit bis zu 12 (durchschnittlich 9) Akupunktursitzungen
innerhalb der ersten 3 Monate (Gruppe 1) mit einer aus ärztlicher Beratung und
medikamentöser Behandlung bestehenden Standardtherapie (Gruppe 2).
Ausgeschlossen waren Patienten, die jünger als 18 oder älter als 65 Jahre
waren, solche mit erst seit weniger als einem Jahr bestehenden Schmerzen, mit Cluster-Kopfschmerz,
mit Neuralgien oder bei Verdacht auf eine erfaßbare spezifische Schmerzursache.
Die Akupunkturen wurden von 12 Spezialisten
durchgeführt, denen die Kopfschmerz-Patienten von jeweils 2-5 teilnehmenden
Praxen der Region zuwiesen wurden. Alle Patienten mußten ein
Kopfschmerz-Tagebuch führen, zu Beginn sowie nach 3 und 12 Monaten einen
„Quality of life”-Fragebogen ausfüllen und nach 12 Monaten die
Kopfschmerzintensität der aktiven Interventionsphase erneut global beurteilen.
Auch wurden die Tage der Arbeitsunfähigkeit gezählt. Wichtigster Endpunkt war
die Evaluierung 12 Monate nach Therapiebeginn, d.h. 9 Monate nach Ende der
Therapie.
Der wöchentliche Kopfschmerz-Score war basal in
Gruppe 1: 24,6 und in Gruppe 2: 26,7. Nach 12 Monaten war der Score in Gruppe 1
auf 16,2 und in Gruppe 2 auf 22,3 gefallen (p = 0,0002 zugunsten Gruppe 1).
Auch die Zahl der Patienten, bei denen die Intensität des Kopfschmerzes in
klinisch relevantem Ausmaß abgenommen und bei denen die kopfschmerzfreien Tage
pro Zeiteinheit in relevantem Maß zugenommen hatten, war in Gruppe 1
signifikant höher als in Gruppe 2. Die Menge der zur akuten Schmerzbehandlung
eingenommenen Tabletten war in beiden Gruppen annähernd gleich, jedoch nahmen
die Patienten der Gruppe 1 signifikant weniger Medikamente zur Prophylaxe des
Kopfschmerzes ein (14% versus 26% in 28 Tagen). Nach 12 Monaten gaben 54% der
Patienten aus Gruppe 1, aber nur 32% aus Gruppe 2 eine deutliche Besserung
(mindestens 35% Verbesserung des Kopfschmerz-Scores) ihres Kofschmerzleidens
an. Gruppe 1 suchte den Hausarzt um 25% seltener auf und hatte 15% weniger
Fehltage bei der Arbeit als Gruppe 2.
Die Autoren diskutieren ihre Ergebnisse kritisch,
sind aber der Ansicht, daß insbesondere 9 Monate nach Ende der Intervention die
günstigen Auswirkungen der Akupunktur nicht mehr nur ein Plazeboeffekt sein
können. Sie erklären allerdings nicht, warum in Gruppe 2 keine Scheinakupunkturen
(wie in manchen anderen Studien) durchgeführt wurden. Sie empfehlen dem
National Health Service (NHS), Kopfschmerzpatienten den Zugang zur Akupunktur
zu erleichtern.
In einer zweiten Publikation (2) analysiert die gleiche
Autorengruppe die Kosten/Nutzen-Relation der Akupunkturbehandlung des Kopfschmerzes.
Die Behandlung in Gruppe 1 war mit durchschnittlich 403 Pfund Sterling (davon
113 Pfund vom Patienten selbst zu zahlen) deutlich teurer als die
Kontrolltherapie (217 Pfund, Patientenanteil 128 Pfund). Aufgrund von
Berechnungen der Kosten für ein „Quality adjusted life year” bzw. der ”Health
related quality of life” kommen sie aber zu dem Schluß, daß - verglichen mit
anderen vom NHS bezahlten Therapien anderer Krankheiten - die Behandlung des Kopfschmerzes
(überwiegend Migräne-artig) mit Akupunktur durchaus kosteneffektiv sei.
Fazit:
Eine dreimonatige Akupunkturbehandlung von Patienten mit überwiegend Migräne-artigen
Kopfschmerzen scheint auch noch ein Jahr danach zu einer deutlicheren Besserung
zu führen als eine hausärztliche Beratungs- und Pharmakotherapie. Unklar ist,
ob die Akupunktur auch einer fachärztlichen Kopfschmerztherapie überlegen ist.
Literatur
-
Vickers, A.J., et al.:
Brit. Med. J. 2004, 328, 744.
-
Wonderling, D., et
al.: Brit. Med. J. 2004, 328, 747.
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