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Neues zu unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) durch COX-2-Hemmer

Im Brit. Med. J. (1) erschien eine Arbeit von M. Mamdani et al. aus Toronto, die den Verbrauch nichtsteroidaler Antiphlogistika (NSAID) und die Zahl registrierter oberer gastrointestinaler Blutungen (oGIB) von September 1994 bis Februar 2002 in Halbjahresschritten aufgrund der NHS-Unterlagen in der Provinz Ontario mit ca. 1,3 Millionen Einwohnern korrelierten. Im April 2000 waren Celecoxib (Celebrex®) und Rofecoxib (Vioxx®), im März 2001 Meloxicam (Mobec®) auf den Markt gekommen (s.a. 2-4).

Von 1994 bis 1999 war ein leicht abnehmender Trend in der Verordnung von NSAID bei älteren Menschen zu beobachten (von ca 16% auf ca. 14%/Jahr). Bis 2002 nahm die Verordnung von NSAID (inklusive der neuen COX-2-Hemmer) in der gleichen Bevölkerungsgruppe auf 19,8% zu. Von 1994-1999 nahm auch die Hospitalisation wegen oGIB von ca. 18 auf ca. 16/10000 Einwohner und Jahr ab. Nach Zulassung der COX-2-Hemmer stieg die Zahl der oGIB wieder auf ca. 18/10000 an. Die Häufigkeit der Verordnung anderer Medikamente, die die Entstehung einer oGIB fördern können, veränderte sich im Beobachtungs-Zeitraum nicht signifikant. Auch nahm die Zahl der Hospitalisationen wegen Herzinsuffizienz oder Herzinfarkt nicht zu.

Die Autoren berechnen nach Zulassung der COX-2-Hemmer eine Zunahme des Verbrauchs von NSAID um 41% und zwar ausschließlich durch Verordnung der neuen Substanzen. Sie halten es für sehr wahrscheinlich, daß die Zunahme der Inzidenz von oGIB um 10% (absolut ca. 650 oGIB mehr pro Jahr in der Provinz Ontario) auf die Neuzulassung der COX-2-Hemmer zurückzuführen ist. Zwar räumen sie ein, daß es nicht möglich ist, die durch COX-2-Hemmer gelinderten Schmerzen gegen die erhöhte Zahl von oGIB aufzurechnen, doch stimmen die mitgeteilten Befunde bedenklich.

NSAID können wegen der Hemmung der Prostaglandinsynthese in der Niere die Natriumausscheidung beeinträchtigen, Ödeme und Blutdrucksteigerung verursachen und eine Herzinsuffizienz verschlimmern (5). M. Mamdani aus Toronto versuchte mit anderen Ko-Autoren als in der oben referierten Arbeit (6) – ebenfalls in der Provinz Ontario – die Frage zu beantworten, ob COX-2-Hemmer sich hinsichtlich der Verschlimmerung von Herzinsuffizienz – gemessen an Krankenhausaufnahmen wegen dieser Diagnose – von nichtselektiven NSAID unterscheiden. Verglichen mit Patienten, die keine NSAID verwendeten, hatten Patienten, die nichtselektive NSAID einnahmen, ein Relatives Risiko (RR mit Konfidenzintervallen) von 1,8 (1,5-2,2) und bei Einnahme von Rofecoxib von 1,4 (1,0-1,9) wegen Herzinsuffizienz ins Krankenhaus aufgenommen zu werden, während bei Einname von Celecoxib das RR nicht erhöht war (1,0; 0,8-1,3). Die Autoren halten es für wahrscheinlich, daß es in erster Linie die Blutdrucksteigerung durch NSAID ist, die zur Verschlimmerung einer Herzinsuffizienz führt. Den Unterschied zwischen den COX-2-Hemmern Rofecoxib und Celecoxib führen sie auf die wesentlich längere Halbwertszeit und die Neigung zur Kumulation des ersteren zurück. Da aber bei auch bei Einnahme von Celecoxib der Blutdruck steigt und nicht wenige Patienten neu oder intensiver antihypertensiv behandelt werden müssen, sei auch Celecoxib hinsichtlich kardiovaskulärer Wirkungen kein inertes Medikament.

Fazit: Die Behandlung von Schmerzen und Entzündungen mit den neuen NSAID (COX-2-Hemmer) muß nicht nur mit mehr Geld, sondern auch mit zunehmenden UAW bezahlt werden. Ein Grund mehr, diese Medikamente, wie auch andere, nur bei eindeutiger und strenger Indikation zu verordnen.

Literatur

  1. Mamdani, M., et al.: Brit. Med. J. 2004, 328, 1415.
  2. AMB 1999, 33, 1.
  3. AMB 2000, 34, 73.
  4. AMB 2002, 36, 41.
  5. AMB 2001, 35, 38.
  6. Mamdani, M., et al.: Lancet 2004, 363, 1751.