Unsere kleine Mitteilung mit dem Titel „Ich habe
erfahren, daß ein neues Mittel gegen Krebs in der Schweiz zugelassen ist” (1)
wurde vom Informationsblatt des BdI zitiert (BdI aktuell Nov. 2004). Daraufhin ging
dort ein Leserbrief von Dr. D.A. aus Halle ein, in dem er schreibt: >>
... Die Ergebnisse der BOND-Studie (2) sprechen für eine begrenzte Wirksamkeit ...
Nach Versagen einer Standardchemotherapie entsteht keine Heilung. Allerdings
... kommt es zu Tumorverkleinerung auf die Hälfte bei 23% der Patienten mit
Kombinationstherapie und bei 11% mit Monotherapie und zu
Krankheitsstabilisierung bei 50% ... Kein anderes Medikament hat bei
Chemotherapie-refraktären Patienten einen annähernd hohen Wirksamkeitsnachweis
erbringen können. Auf Grund der Ergebnisse dieser Studie ist Cetuximab seit der
28. Kalenderwoche in Europa zugelassen. In der therapeutischen Strategie ist
Cetuximab ein Standard. Insofern ist Ihre Aussage, daß Patienten mit diesem
Antikörper in Deutschland nur im Rahmen klinischer Studien behandelt werden sollten,
falsch und irreführend ... Dieser Artikel ist zum jetzigen Zeitpunkt umso
bedauerlicher, da ja bereits durch jüngste Veröffentlichungen in der
Laienpresse (Spiegel) der Eindruck entsteht, daß eine Chemotherapie des
metastasierten Kolonkarzinom überhaupt ohne Nutzen sei ... <<
Antwort:
>> In unseren kleinen Mitteilungen zur BOND-Studie (s.a. 3) sollte darauf
hingewiesen werden, daß in dieser randomisierten Phase-II-Studie mit Cetuximab
plus Irinotecan im Vergleich zu einer Monotherapie mit Cetuximab die mediane
Zeit bis zum Progreß der Erkrankung nur um 2,6 Monate verlängert, nicht aber
eine signifikante Verbesserung des medianen Überlebens erreicht werden konnte.
Auf die von der EMEA als Reaktion auf diese Studie am 30. Juni 2004 erfolgte
Zulassung von Cetuximab (Erbitux®) zur Behandlung von Patienten mit
EGFR (epidermaler Wachstumsfaktor-Rezeptor)-exprimierendem, metastasierendem
kolorektalem Karzinom in Kombination mit Irinotecan nach Versagen einer
Chemotherapie mit Irinotecan wurde ebenfalls hingewiesen. Anders als der Autor
des Leserbriefs halten wir die Behandlung mit Cetuximab angesichts der geringen
Ansprechraten und des Fehlens prädiktiver Parameter für das Ansprechen derzeit
nicht für einen Standard in der Therapie von Patienten mit metastasiertem
kolorektalem Karzinom. In diesem Zusammenhang muß auch auf die sehr hohen
Kosten dieser Therapie hingewiesen werden (bei einer Körperoberfläche von 1,8 m2
ca. 31320 EUR für eine Monotherapie und ca. 50088 EUR für die Kombination mit
Irinotecan bei einer Therapiedauer von 24 Wochen). Wie kürzlich von
amerikanischen Onkologen in einem Artikel zu Recht gefordert, sollten
pharmazeutische Hersteller neuer kostenintensiver Arzneimittel mit molekularen
Angriffspunkten („Targeted therapy”) verpflichtet werden, frühzeitig Studien zu
initiieren, um Patientensubgruppen mit gutem Ansprechen auf diese Substanzen zu
identifizieren (4). Derartige Studien wurden von der Firma Merck bisher nicht
durchgeführt. Eine Korrelation zwischen der Expression von EGFR in den
Tumorzellen, der Zielstruktur von Cetuximab, und dem klinischen Ansprechen
besteht nicht. <<
Literatur
-
AMB 2004, 38, 31.
-
Cunningham, D., et al.
(BOND = Bowel Oncology
with Cetuximab Antibody): N. Engl. J. Med. 2004, 351, 337.
-
AMB 2004, 38, 70.
-
Roberts, T.G., und
Chabner, B.A.: N. Engl. J. Med. 2004, 351, 501.
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