Zur Therapie der Acne vulgaris (AV) erschien kürzlich
im JAMA ein sehr informativer kurzer Übersichtsartikel, dessen wichtigste
Aussagen hier zusammengefaßt werden sollen. Bei speziellem Interesse sollte man
den Artikel von A. Haider und J.C. Shaw aus Toronto (1) mit ca. 100
Literaturzitaten klinischer Studien selbst lesen. In dem Review werden zunächst
die therapeutischen Substanzgruppen abgehandelt und dann spezielle Empfehlungen
für die Behandlung verschiedener Formen der AV gegeben. Vor Therapiebeginn sind
Hormonbestimmungen, z.B. die Messung der Androgene Testosteron und
Dehydroepiandrosteron im Serum, bei Männern nicht und bei Frauen nur dann
erforderlich, wenn gleichzeitig ein deutlicher Hirsutismus oder Zeichen des
Virilismus und/oder Regelanomalien festgestellt werden.
In der Pathophysiologie der Akne vulgaris (AV), die
noch nicht vollständig aufgeklärt ist, spielen folgende Faktoren eine Rolle:
- eine
Androgen-bedingte Stimulation der Aktivität der Talgdrüsen
- eine
anormale Keratinisierung der Haarfollikel mit Komedonenbildung
- eine
Kolonisierung der Follikel mit Propionibacterium acnes (P. acnes)
- eine
entzündliche Reaktion.
Folgende Therapieprinzipien können erfolgreich sein:
Topische Retinoide: in erster Linie Tretinoin (Airol®, Cordes®,
Vesanoid®), Adapalen (Differin®) und Tazaroten (Zorac®)
in Form von Cremes, Lösungen oder Gelen. Diese drei Therapeutika sind in
verschiedenen randomisierten kontrollierten Studien (RCS) gegen Plazebo (Trägersubstanzen)
getestet worden. Sie reduzieren bei adäquater Anwendung die Zahl der Komedonen und
entzündlichen Herde um 40-70%. Am wirksamsten scheint Tazaroten zu sein,
während Adapalen die wenigsten lokalen UAW (Erythem, Ödem, Schuppung)
verursacht.
Topisch antimikrobiale Substanzen: Antibiotika (Clindamycin, Erythromycin, Tetracyclin)
sowie Benzoyl-Peroxid reduzieren P. acnes und sind besonders bei stärker
entzündlicher AV indiziert. Die Kombination eines der Antibiotika mit
Benzoyl-Peroxid ist besonders wirksam. Für alle genannten Substanzen gibt es
Wirksamkeitsnachweise in RCS im Vergleich mit dem Vehikel, zum Teil auch für
die Kombination der Antibiotika mit Benzoyl-Peroxid. Resistenzentwicklung von
P. acnes ist, außer bei Anwendung von Benzoyl-Peroxid, möglich, so daß
empfohlen wird, lokale Antibiotika nicht als alleinige Therapie und nicht über
lange Zeit einzusetzen. Mögliche UAW sind ähnlich denen bei Anwendung lokaler
Retinoide. Benzoyl-Peroxid kann darüber hinaus eine Reiz-Dermatitis verursachen
und zum Bleichen von Haaren und Kleidungsstücken führen.
Oral verabreichte Antibiotika (Tetracyclin, Doxycyclin, Minocyclin, Erythromycin)
wurden weniger gründlich in RCS untersucht. In einem kürzlich veröffentlichten
Cochrane-Review (2) wurde systemisch gegebenes Minocyclin als wirksam in der
Behandlung einer mittelschweren Akne eingestuft, jedoch sei ein Vergleich mit
anderen Therapien schwierig. Minocyclin (50-100 mg zweimal täglich) scheint,
u.a. wegen seiner Fettlöslichkeit, gegen P. acnes besonders wirksam zu sein.
Resistenz von P. acnes gegen Erythromycin ist häufig, gegen Minocyclin eher
selten. Höhergradige bakterielle Resistenz führt zum Therapieversagen.
Hormone (kombinierte orale Kontrazeptiva und
Antiandrogene) werden in der
AV-Therapie nur bei Frauen eingesetzt. Orale Kontrazeptiva (OK; 35 µg oder weniger
Ethinylestradiol/d plus ein Gestagen) vermindern die ovarielle
Androgensekretion und führen zusätzlich durch eine Östrogen-bedingte Erhöhung
der Konzentration von Sexualhormon-bindendem Globulin (SHBG) im Serum zu einer
Erniedrigung des freien Testosterons. Die therapeutische Wirkung von OK bei AV
ist gesichert. Manche Gestagene in OK, z.B. Cyproteronacetat (in Diane®)
oder Drospirenon (in Yasmin®), haben zusätzlich eine antagonistische
Wirkung am Androgenrezeptor. OK mit Gestagenen, die eine gewisse androgene
Teilwirkung haben, z.B. Norethisteron (in vielen hormonalen Kontrazeptiva),
sollten Aknepatientinnen nicht verschrieben werden. In den USA wird auch
Spironolacton wegen seiner schwachen antiandrogenen Wirkung in der Aknetherapie
bei Frauen eingesetzt. Hiervon wird andernorts wegen UAW abgeraten. Bei der
Verordnung von OK sind die üblichen Kontraindikationen zu beachten. Bei
Einnahme höher dosierter Antiandrogene muß sichere Konzeptionsverhütung
gewährleistet sein.
Isotretinoin,
ein Metabolit von Vitamin A, ist die wirksamste aber auch gefährlichste
Therapie bei schwerster oder bei therapierefraktärer schwerer AV, z.B Acne
conglobata. Es werden 0,5-1 mg/kg/d 4-6 Monate lang bis zu einer maximalen
kumulativen Dosis von 120-150 mg/kg verabreicht. Die eindrucksvolle Wirksamkeit
bei schwerer AV wurde in mehreren RCS belegt. UAW sind: trockene Lippen, Haut
und Bindehäute, Nachtblindheit, Kopfschmerzen, Rückenschmerzen und Nasenbluten.
Isotretinoin ist ein starkes Teratogen. Bei Frauen darf es deshalb nur nach
zweimal negativen Schwangerschaftstests und unter sicherer Kontrazeption
verordnet werden.
Die besprochnen Therapieverfahren sollten bei
unterschiedlichen Schweregraden der AV in folgender Weise eingesetzt werden:
Fast nur Komedonen: Topische Retinoide, vorzugsweise mit Kurz-Kontakt-Therapie, d.h. zuerst
nur für 30 Sekunden, später für bis zu einer Stunde auftragen und dann
abwaschen. Meist ist Langzeittherapie erforderlich.
Entzündliche Akne (Pusteln und Papeln) mittlerer
Intensität: Topische Antibiotika,
evtl. kombiniert mit topischen Retinoiden sind die Mittel der Wahl. Die
Kombination ist manchmal wegen additiver UAW an der Haut nicht möglich.
Schwere entzündliche Akne: Orale Antibiotika (möglichst kein Erythromycin wegen
häufiger Resistenz) für mindestens 6-8 Wochen, aber keine Langzeittherapie.
Nach Besserung der AV können Therapeutika niedrigerer Intensitätsstufen der AV
angewandt werden.
Schwere Acne conglobata: Nur bei dieser schweren Form soll in der Regel
Isotretinoin angewandt werden, bei Frauen meist in Kombination mit OK zur
Schwangerschaftsverhütung. In seltenen Fällen kann es unter Isotretinoin-Therapie
zu einer Acne fulminans mit Hauterosionen, Fieber und Arthralgien kommen. Diese
Komplikation erfordert eine Behandlung mit systemisch gegebenen Kortikosteroiden,
zunächst 40-60 mg/d für einige Wochen.
Fazit: Die
Acne vulgaris ist eine häufige Hauterkrankung meist junger Menschen. Die psychische
Belastung bei ausgeprägten Formen kann sehr groß sein. Leichte Formen können
vom Hausarzt behandelt werden. In schweren Fällen sollte zum Spezialisten
überwiesen werden. Die hier wiedergegebene Übersicht beschreibt die wichtigsten
Therapie-Prinzipien sowie deren stadien- und formgerechte Anwendung.
Literatur
-
Haider, A., und Shaw,
J.C.: JAMA 2004, 292, 726.
-
Gamer, S.E., et al.:
Cochrane Database System Review. 2003: Issue 1:CD002086
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