Gehirnblutungen sind die nach Ischämien zweithäufigste
Ursache von Schlaganfällen. Ca. 30% der Betroffenen sterben an den Folgen der
Blutung, und nur ca. weitere 20% überleben ohne schwere Behinderungen.
Verständlicherweise ist die Größe des Hämatoms ein wichtiger Faktor für das Überleben
und den Grad der bleibenden Behinderung.
S.A. Mayer (New York) et al. berichteten jetzt über
die Ergebnisse einer plazebokontrollierten randomisierten multizentrischen
Studie (auch deutsche Beteiligung: Heidelberg) zu dem Effekt der frühzeitigen
Infusion von Gerinnungsfaktor VII (rFVIIa) bei insgesamt 399 Patienten mit
akuter intrazerebraler Blutung (1). Ergab das CCT innerhalb von drei Stunden
nach Symptombeginn eine Blutung, dann wurden die Patienten randomisiert, um
innerhalb der nächsten Stunde entweder mit Plazebo oder mit 40, 80 oder 160
µg/kg Körpergewicht rFVII (Eptacoq alfa = NovoSeven®) infundiert zu
werden.
Ziel war es, die weitere Vergrößerung des Hämatoms zu
verhindern. Die Patienten der verschiedenen Gruppen (63-67% Männer) waren
annähernd gleich alt (im Mittel 64-68 Jahre) und hatten bei Behandlungsbeginn
ähnliche mittlere systolische Blutdruckwerte (170-178 mm Hg). Die Lokalisation
der Blutungen im Gehirn war in den Gruppen ähnlich verteilt zwischen: Stammganglien,
peripherer Hemisphäre, Zerebellum und Hirnstamm. Die Größe der Läsion wurde
nach Volumen des Hämatoms, Einbruch in Ventrikel und Größe der Ödemzone in der Umgebung
der Blutung aufgeschlüsselt.
Die Größe des Hämatoms betrug bei Erstuntersuchung im
Mittel 22-26 ml. Nach 24 Stunden wurde die Hämatomgröße erneut ermittelt. Sie
hatte in der Plazebo-Gruppe um 8,7 ml, in den Verum-Gruppen bei steigender Dosierung
um 5,4 bzw. 4,2 bzw. 2,9 ml zugenommen. Nach 90 Tagen waren 69% der
Plazebo-Patienten gestorben oder schwerbehindert, während das in den
Verum-Gruppen bei 55% bzw. 49% bzw. 54% der Fall war (p = 0,004). Die Letalität
allein betrug 29% in der Plazebo-Gruppe versus 18% in den kombinierten Verum-Gruppen
(p = 0,002). Dieser Vorteil wurde allerdings mit 7% schweren arteriellen
thromboembolischen Ereignissen in den Verum-Gruppen (Herzinfarkte,
Hirninfarkte) versus 2% in der Plazebo-Gruppe erkauft.
Die Autoren weisen darauf hin, dass in künftigen
Studien versucht werden muss, Patienten mit erhöhtem thromboembolischem Risiko
besser zu identifizieren, um sie von dieser Therapie auszuschließen. Die
Verfasser eines Kommentars (2) bemängeln, dass in der Studie vermutlich zu
wenig Wert auf Erfassung und Kontrolle des Blutdrucks gelegt wurde und dass
unklar ist, ob in den verschiedenen Gruppen Patientenverfügungen wie „do not
resuscitate” ungleich verteilt waren, da eine optimale Basispflege den Ausgang
einer Hirnblutung mit beeinflusst. Sie diskutieren auch die Ergebnisse von
Studien mit chirurgischer Intervention bei Hirnblutung und erwägen die
Möglichkeit einer kombinierten Therapie (Chirurgie plus rFVIIa).
Fazit: Diese
wichtige Studie zeigt, dass die Anwendung von aFVIIa frühzeitig nach Eintritt
einer Hirnblutung die Letalität bzw. den Grad der Behinderung reduzieren kann.
Fragen der Dosierung und der Identifizierung der besonders für diese Therapie
geeigneten Patienten müssen in weiteren Studien geklärt werden. Auch sind die
Preise für diese noch nicht etablierte Therapie zu bedenken: In den in dieser
Studie gewählten Dosierungen kostet die Behandlung mit Eptacoq alfa derzeit
zwischen 2.200 und 8.000 EUR.
Literatur
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Mayer, S.A., et al.: N.
Engl. J. Med. 2005, 352, 777.
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Brown, D.L., und Morgenstern, L.B.:
N. Engl. J. Med. 2005, 352, 828.
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