Die Filariose (Erreger Wucheria bancrofti) ist in
Süd- und Südostasien weit verbreitet: man geht von ca. 120 Mio. infizierter
Menschen in dieser Region aus. Zu den allgemein bekannten klinischen Manifestationen
gehört die Elephantiasis - eine Lymphabflussstörung, die im Verlauf unter
anderem zu Lymphadenitis, Fieber, Epididymitis und Orchitis führen kann. Von
der Flussblindheit (Erreger Onchocerca volvulus) sind ca. 20 Mio. Menschen in
Afrika und ca. 1 Mio. in Süd- und Zentralamerika betroffen. Die Onchozerkose
ist klinisch durch eine juckende Dermatitis, subkutane Noduli, Keratitis und
Chorioretinitis gekennzeichnet. Eine chronische immunologische Reaktion gegen
die Filarien im Bereich der Augen führt über einen längeren Zeitraum zur
Erblindung der infizierten Patienten. Die bisher gegen diese verursachenden
Gewebsnematoden verfügbaren Medikamente, wie Diethylcarbamazin und Ivermectin,
haben nur einen Effekt gegen die Mikrofilarien, aber kaum gegen die erwachsenen
Würmer (1). Ein neuer Therapieansatz, der gegen endosymbiotische Bakterien aus
dem Genus Wohlbachia gerichtet ist, führt offensichtlich bei beiden
Erkrankungen zu besseren Erfolgen (2, 3).
Die Endosymbiontenhypothese
geht wahrscheinlich auf Schimper (1883) zurück. Sie wurde von Altmann (1890),
Mereschkowsky und Famintzin (1905) präzisiert und von Margulis (1970), Schnepf
und Brown (1971) sowie von Schwemmler weiter ausgebaut (Zusammenfassung bei 4).
Im Prinzip geht diese Theorie davon aus, dass sich bestimmte Zellorganellen (Mitochondrien,
Chloroplasten) aus endosymbiotischen Bakterien entwickelt haben. Ein Beleg für
diese Theorie ist die Präsenz solcher mit den Rickettsien verwandten Bakterien
in verschiedenen Eukaryoten. So wurden solche Bakterien auch in den Nematoden
nachgewiesen (5). Diese endosymbiotischen Bakterien haben offensichtlich
wichtige Funktionen für den Wirt. Schon früh hat man erkannt, dass eine
Elimination dieser Endosymbionten durch Tetracyclin-Behandlung bei bestimmten
Insekten (Zikaden) zu Störungen in der Embryogenese führt. Dieses Prinzip wurde
nun in jüngster Zeit auf die Behandlung von Nematodeninfektionen beim Menschen übertragen
(6).
In einer doppeltblinden
randomisierten plazebokontrollierten Studie wurden 34 Patienten mit 200 mg
Doxycyclin/d über 8 Wochen und 38 mit einem Plazebo behandelt (2). Es wurden
nur männliche Patienten eingeschlossen, weil der Nachweis von Makrofilarien
(erwachsene Würmer) im Scrotum mittels Ultraschall als einer der Endpunkte der
Studie definiert wurde. Daher wurden auch nur Patienten eingeschlossen, bei
denen Makrofilarien im Skrotum nachweisbar waren. Alle eingeschlossenen
Patienten mussten eine Mikrofilarienlast von mindestens 100/nl haben und
durften in den letzten sechs Monaten keine Anti-Filarien- oder Anti-Helminthen-Therapie
erhalten haben. Patienten, die in den letzten sechs Monaten Antibiotika, wie
Tetracycline oder Rifampicin, eingenommen hatten, wurden ausgeschlossen. Einer
der in die Studie eingeschlossenen Patienten starb an den Folgen seiner
HIV-Infektion.
Die Behandlung mit Doxycyclin
eliminierte vollständig die Mikrofilarämie zu den Nachbeobachtungszeitpunkten
(8, 11 und 14 Monate nach Beginn der Therapie). 14 Monate nach Start der
Behandlung war auch der Nachweis von Makrofilarien im Skrotum in der
Doxycyclin-Gruppe auf 22% (Plazebo 88%) gesunken. Auch die Antigenämie
(Ausdruck der Makrofilarienlast) war zu diesem Zeitpunkt in der Doxycyclin-Gruppe
um die Hälfte reduziert. Es wurden nur wenige milde Nebenwirkungen beobachtet.
Besonders die Reduktion der
Makrofilarien ist hervorzuheben, da diese wesentlich zur Lymphabflussstörung
bei der Filariose beitragen und es zurzeit keine effektive und sichere Therapie
gegen die Makrofilarien gibt. Die Elimination der endosymbiotischen Bakterien
führt zu verschiedenen Beeinträchtigungen des Wurms, wie z.B. bei der
Embryogenese, Fertilität, Entwicklung und Lebenserwartung. Zukünftige Studien
sollen zeigen, ob auch andere Antibiotika, die zudem den Einsatz bei Kindern
ermöglichen, einen ähnlich guten Effekt bei Nematodenerkrankungen zeigen.
Fazit: Nachdem schon
gezeigt wurde, dass bei der Flussblindheit eine gegen endosymbiotische
Bakterien (Wolbachia) gerichtete Therapie mit Doxycyclin erfolgreich ist, wurde
jetzt auch über einen erfolgreichen Einsatz dieses Prinzips bei der Filariose
berichtet. Diese Behandlung erscheint sicher und kostengünstig.
Literatur
-
AMB 1996, 30, 65.
-
Taylor, M.J., et al.:
Lancet 2005, 365, 2116.
-
Hoerauf, A., et al.:
Lancet 2001, 357, 1415.
-
Schwemmler, W.: Mechanismen der
Zellevolution - Grundriß einer modernen Zelltheorie. 1979. Walter de Gruyter,
Berlin, New York.
-
McLaren, D.J., et al.:
Trans. R. Soc. Trop. Med. Hyg. 1975, 69, 509.
-
Taylor, M.J., und Hoerauf, A.:
Parasitol. Today 1999, 15, 437. 437.
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