In einem vor einem Jahr im Brit. Med. J. erschienenen
Artikel (1) wurde der Verdacht geäußert, dass Sartane (Angiotensin-II-Rezeptor-Antagonisten)
hinsichtlich des Schutzes vor Myokardinfarkt den ACE-Hemmern nicht gleichwertig
sind. Das veranlasste M.A. McDonald et al. (2) aus Kanada, dieser Frage mit
einem systematischen Review nachzugehen. Sie werteten alle größeren
publizierten doppeltblinden Studien bei Hypertonikern, Diabetikern mit
Nephropathie und Patienten mit Herzinsuffizienz aus, in denen Sartane mit Plazebo
oder mit ACE-Hemmern hinsichtlich des Endpunktes Myokardinfarkt verglichen
wurden. Im Vergleich mit Plazebo ergab sich in keiner der drei Diagnosegruppen
eine signifikante Protektion gegen Myokardinfarkt. Insgesamt war die „Odds
ratio” (OR) mit 0,94 (95%-Konfidenz-Intervall = CI: 0,75-1,16) jedoch eher
günstig für die Sartane. Im Vergleich mit ACE-Hemmern waren die Befunde bei
Hypertonikern und Diabetikern wegen zu kleiner Patientenzahlen irrelevant und
bei Herzinsuffizienten und Patienten mit bereits durchgemachter Myokardischämie
variabel. Insgesamt zeigte die OR mit 1,01 (CI: 0,87-1,16; Sartane versus
ACE-Hemmer) keine Unterlegenheit der Sartane an. Die Autoren der nicht
gesponserten Studie kommen zu dem Schluss, dass ACE-Hemmer unter den Hemmern
des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems (RAAS) die Mittel der ersten Wahl auch
zur Minderung des Herzinfarkt-Risikos bleiben und dass man sich aber in dieser
Hinsicht über Patienten, die mit Sartanen behandelt werden, keine Sorgen machen
müsse.
C. Demers et al. veröffentlichten kürzlich im JAMA
(3) eine neue Auswertung der von AstraZeneca gesponserten und zusammen mit
Firmenmitarbeitern entworfenen CHARM-Studie, in der der Effekt von bis zu 32 mg
Candesartan (Cand)/d versus Plazebo zusätzlich zu einer für optimal gehaltenen
Therapie bei Patienten mit Herzinsuffizienz (Stadium NYHA II-IV) auf die
Endpunkte kardiovaskuläre Todesursache und nicht tödlicher Herzinfarkt untersucht
wurde. Über frühere Publikationen der CHARM-Gruppe haben wir 2003 bereits
kritisch berichtet (4). Gegenüber der früheren Auswertung (4) enthält die
jetzige nicht viel Neues außer dass der primäre Endpunkt neu definiert wurde:
Kardiovaskulärer Tod oder nicht tödlicher Myokardinfarkt. Bei der früheren
Auswertung (4) waren in einer Untergruppe vermehrt, in einer anderen dagegen
vermindert Herzinfarkte aufgetreten. 53% bzw. 24% der Patienten hatten bereits
einen Herzinfarkt gehabt bzw. litten an Angina pectoris. Zwischen 41% und 83%
der Patienten wurden bereits mit ACE-Hemmern, Betablockern, Lipidsenkern und
Diuretika behandelt. Etwa 7600 Patienten (zwei Drittel Männer, mittleres Alter
66 Jahre) wurden im Mittel 37,7 Monate lang behandelt. 775 Patienten unter Cand
und 868 unter Plazebo erlitten einen der primären Endpunkte. Der Unterschied
war mit p = 0,04 gerade signifiant, und die NNT (für 37 Monate) wird mit 40
angegeben. Auch für die Einzelkomponenten des primären Endpunkts und für
tödliche Herzinfarkte ergab sich ein signifikanter Vorteil für Cand versus Plazebo,
nicht aber für Krankenhausaufnahmen wegen Myokardischämie und für kardiale Revaskularisierungsmaßnahmen.
Der Vorteil zugunsten Cand war auch für diejenigen Patienten gegeben, die
bereits einen ACE-Hemmer nahmen. Dieses Ergebnis steht im Gegensatz zu der
VALIANT-Studie (5), in der die kombinierte Behandlung mit Captopril plus
Valsartan bei Herzinsuffizienz gegenüber einer Therapie mit den
Einzelsubstanzen keinen Vorteil brachte. In der jetzigen Publikation (3) finden
sich keine Angaben zu unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) bei Kombination
von Cand mit ACE-Hemmern und anderen Medikamenten.
Die Studie erinnert strukturell an die früher von uns
besprochenen RALES- (6) und EPHESUS- (7) Studien, in denen Spironolacton bzw.
Eplerenon, beides Aldosteron-Rezeptor-Antagonisten, zusätzlich zu einer
Standardtherapie inklusive ACE-Hemmern bei Herzinsuffizienten eingesetzt
wurden. Beide Substanzen verbesserten das Überleben der Patienten, jedoch haben
wir darauf hingewiesen, dass die kombinierte Therapie von Patienten mit
Herzinsuffizienz mit Hemmern des RAAS außerhalb von Studien sehr riskant ist
(schwere Hyperkaliämie, Verschlechterung der Nierenfunktion; 8).
Fazit: Bei
allen Indikationen für den Einsatz von Hemmern des RAAS bleiben ACE-Hemmer,
u.a. wegen des Preises, Mittel der ersten Wahl, sofern sie gut vertragen
werden. Bei UAW (Angioneurotisches Ödem, Husten etc.) können sie bei allen
Indikationen durch die gut verträglichen Sartane ersetzt werden, die ihnen bei
angemessener Dosierung offenbar weder unter- noch überlegen sind. Die in dieser
Auswertung der CHARM-Studie gezeigte positive Wirkung eines Sartans (Candesartan),
auch bei mit ACE-Hemmern behandelten Herzinsuffizienten, bleibt zweifelhaft.
Literatur
-
Verma, S., und Strauss, M.: Brit.
Med. J. 2003, 329, 1248.
-
McDonald, M.A., et al.: Brit.
Med. J. 2005, 331, 873.
-
Demers, C., et al. (CHARM
= Candesartan in Heart failure Assessment of Reduction
in Mortality and morbidity): JAMA 2005, 294, 1794.
-
McMurray, J.J.V., et al. (CHARM-Added = Candesartan in Heart
failure Assessment of Reduction in Mortality and
morbidity-Added): Lancet 2003, 362, 767; s.a. AMB 2003, 37, 90.
-
Pfeffer, M.A., et al. (VALIANT = VALsartan In Acute
myocardial iNfarction Trial): N. Engl. J. Med. 2003, 349, 1893; s.a.AMB 2004, 38, 12.
-
Pitt, B.,
et al. (RALES = Randomized ALdactone Evaluation Study):
N. Engl. J. Med. 1999, 341, 709; s.a. AMB 1999, 33, 83.
-
Pitt, B.,
et al. (EPHESUS = Eplerenone Post-acute myocardial infarction Heart
failure Efficacy and SUrvival Study): N. Engl. J. Med.
2003, 348, 1309; s.a. AMB 2003, 37, 35.
-
AMB 2005, 39, 6a.
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