Akute kardiale, zerebrale oder periphere
Durchblutungsstörungen haben dieselbe Pathogenese: Arteriosklerose.
Risikofaktoren und Präventionsmaßnahmen sind weitgehend identisch. Je nach
betroffener Gefäßprovinz werden die Durchblutungsstörungen jedoch in
verschiedenen medizinischen Spezialgebieten beforscht und behandelt. Das
Problembewusstsein der Spezialisten beschränkt sich meist auf ihren eigenen
Bereich. Vergleichende Darstellungen der Häufigkeit arterieller
Durchblutungsstörungen nach Alter und Geschlecht fehlen.
Die OXVASC-Studie (1) untersuchte daher die
Ereignisrate von Durchblutungsstörungen bei 91106 Einwohnern von Oxfordshire in
den Jahren 2002 bis 2005. Es wurden 2024 Ereignisse bei 1657 Personen erfasst.
918 waren zerebrovaskulär (Schlaganfall und transitorische ischämische
Attacke), 856 waren kardiovaskulär (Myokardinfarkt mit und ohne ST-Hebung,
instabile Angina pectoris und Plötzlicher Herztod) und 188 peripher (Aorta,
viszeral und Extremitäten), und es ereigneten sich 62 Todesfälle unklarer
Ursache (s. Tab. 1). Abgesehen von der sehr ähnlichen Häufigkeit der
zerebrovaskulären und kardiovaskulären Ereignisse wird die Zunahme der
Durchblutungsstörungen mit dem Alter deutlich. 54% der zerebrovaskulären, 47%
der kardiovaskulären und 56% der peripheren Ereignisse wurden bei den 6% der
Einwohner beobachtet, die älter als 75 Jahre waren.
Ein Editorial in demselben Heft des Lancet (2)
unterstreicht, dass mit dem zunehmenden Lebensalter der Bevölkerung die
Krankheitslast durch Arteriosklerose in Zukunft noch erheblich zunehmen wird.
Völlig unberechtigter Weise werden aber Menschen in hohem Lebensalter meist
nicht in Therapie- und Präventionsstudien und Register eingeschlossen. Das muss
sich ändern. Darüber hinaus ist das erste Ereignis oft auch der erste Hinweis
auf die bereits bestehende Gefäßkrankheit. Daher ist vor allem eine primäre
Prävention sinnvoll. Sie hat in den letzten Jahren bereits zu einem deutlichen
Rückgang der Ereignisrate geführt (z.B. 3). Die öffentliche Aufmerksamkeit ist
heute noch zu sehr auf die koronare Herzkrankheit und die interventionelle
Therapie gerichtet. Daher hat Lancet zu Recht einen Satz aus der OXVASC-Studie
auf die Titelseite gesetzt: „Die erhebliche Unterfinanzierung sowohl der
klinischen Versorgung als auch der wissenschaftlichen Bearbeitung der
zerebrovaskulären Erkrankung im Vergleich zur koronaren Herzerkrankung ist
angesichts der Krankheitslast nicht berechtigt”.
Fazit:
Zerebrovaskuläre und koronare Ereignisse sind Krankheiten des höheren oder
hohen Lebensalters und etwa gleich häufig. Daher muss sich die öffentliche
Aufmerksamkeit und Finanzierung gleichmäßig verteilen. Die sinnvollste
Intervention ist die primäre Prävention.
Literatur
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Rothwell, P.M., et al.
(OXVASC = OXford VASCular study): Lancet 2005, 366, 1773.
-
Hankey, G.J.: Lancet
2005, 366, 1753.
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Rothwell, P.M., et al.
(OXVASC = OXford VASCular study): Lancet 2004, 363, 1925.
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