Das ist das Ergebnis einer interessanten
Querschnittsuntersuchung an 944 gesunden Isländern, die keine mit dem Kalziumstoffwechsel
interferierenden Medikamente einnahmen. Die Einnahme von Vitamin-D-Präparaten
war erlaubt. L. Steingrimsdottir et al. aus Reykjavik (1) bestimmten bei den Probanden
von Februar 2001 bis Januar 2003, relativ gleichmäßig über die Jahreszeiten
verteilt, einmalig die Serumkonzentration von 25-OH-Vitamin D (25OHD =
Calcifediol), die Auskunft gibt über den Vitamin-D-Status des Körpers, und von
intaktem Parathormon (PTH). Gleichzeitig wurden die Ernährungsgewohnheiten mit
einem Fragebogen erfragt zur semiquantitativen Abschätzung der täglichen
Kalzium- und Vitamin-D-Aufnahme. Die Probanden wurden drei Altersgruppen (30-45,
50-65 und 70-85 Jahre) zugeordnet. Die Prämisse dieser Studie war die Annahme,
dass ein im niedrig-normalen Bereich liegender PTH-Wert einen „gesunden” Kalziumhaushalt
anzeigt.
Im Februar-März war das mittlere Serum-25OHD ohne
Vitamin-D-Supplementation ca. 11,2 ng/ml, mit Supplement ca. 18,8 ng/ml. Im
Sommer waren die Werte weniger unterschiedlich: ca. 17,6 ng/ml vs. 22 ng/ml.
Insgesamt waren Vitamin-D- und Kalziumzufuhr bei älteren Probanden signifikant
höher als bei jüngeren. Interessant ist die Dreierbeziehung zwischen
Serum-25OHD, -PTH und berechneter Kalziumzufuhr: Bei Probanden mit relativ
niedrigen 25OHD-Werten (< 10 ng/ml) war PTH am höchsten. Innerhalb dieser
Gruppe war es signifikant höher (ca. 55 pg/ml) in der Gruppe, die am wenigsten
Kalzium mit der Nahrung zu sich nahm (< 800 mg/d) als in den Gruppen mit
einer Zufuhr von 800-1200 mg/d bzw. > 1200 mg/d (PTH um 45 pg/ml). Bei 25OHD-Werten
zwischen 10 ng/ml und 18 ng/ml lagen die PTH-Werte um 40 pg/ml, und die Kalziumzufuhr
spielte für deren Höhe kaum noch eine Rolle. Bei 25OHD-Spiegeln von > 18
ng/ml lagen die PTH-Mittelwerte der drei Kalzium-Zufuhr-Gruppen zwischen 35 pg/ml
und 38 pg/ml, tendenziell sogar etwas höher bei hoher Kalziumzufuhr.
Die Autoren schließen hieraus, dass ein 25OHD-Wert
> 18 ng/ml (bei Verwendung ihrer Labormethode: RIA der Firma DiaSorin, Stillwater,
Minnesota) eine ausreichende intestinale Kalziumresorption garantiert, solange
die tägliche Zufuhr mit der Nahrung nicht < 800 mg beträgt. Bei niedrigen
25OHD-Werten hingegen sei die Menge der Kalziumaufnahme mit der Nahrung
deutlich mitbestimmend für die Normalität des Kalziumhaushalts.
Zur Erinnerung: Das aus Vitamin D3 (aus
Nahrung und sonnenexponierter Haut) in der Leber gebildete 25-OHD3
wird in der Niere zu dem eigentlich wirksamen 1,25-Dihydroxy-Vitamin D3
(Calcitriol) aktiviert, das die Kalziumaufnahme aus dem Darm fördert. PTH
verhält sich invers zum ionisierten Serum-Kalzium und entfaltet seine Hauptwirkung
im Knochen und in der Niere.
Fazit:
Falls diese Studienergebnisse an einer größeren Probandenzahl bestätigt werden,
erlauben sie für die Kalzium- und Vitamin-D-Supplementation, z.B. zur
Prophylaxe und Behandlung der Osteoporose, eine praktisch wichtige Empfehlung:
Wenn durch Sonnenexposition und/oder Vitamin-D-Zufuhr eine hoch-normale
Serum-25OHD-Konzentration erreicht ist, ist es meist nicht erforderlich, große
Mengen Kalzium in Patienten hineinzuzwingen. Die tägliche Einnahme von mehr als
ein Gramm Kalzium als Tabletten führt oft zu gastrointestinalen Störungen (Übelkeit,
Diarrhö oder Obstipation) und beeinträchtigt die Compliance älterer Menschen
bei dieser wichtigen Therapiemaßnahme.
Literatur
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Steingrimsdottir, L., et
al.: JAMA 2005, 294, 2336.
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