2001 wurde in der Deutschen Medizinischen
Wochenschrift über positive Effekte der Injektion von humanen, adulten
Stammzellen in die wiedereröffnete Infarktarterie eines 46jährigen Mannes
berichtet (1, 2). Die deutliche Verkleinerung des Infarktareals in den nächsten
Tagen wurde als großer Erfolg gefeiert. Ein Editorial nannte das Ereignis einen
Bahn brechenden Schritt, aus dem sich phantastische Möglichkeiten in der
Zukunft eröffnen würden.
Es entwickelte sich tatsächlich aus diesen ersten
Beobachtungen ein Forschungsgebiet, das weltweit in vielen Zentren bearbeitet
wird. Trotz des erheblichen Aufwandes für alle Beteiligten sind die bisherigen
Ergebnisse der überwiegend nicht randomisierten Studien aber in keiner Weise
überzeugend (3, 4, 5).
Jetzt ist aus Leuven, Belgien, eine erste große,
randomisierte, erstmals doppeltblinde und plazebokontrollierte Untersuchung zu
diesem Thema erschienen (6). Von 67 Patienten mit akutem Myokardinfarkt wurden
einen Tag nach interventioneller Wiedereröffnung des Infarktgefäßes autologe
hämatopoetische Knochenmark-Stammzellen gewonnen und zur Injektion
aufgearbeitet. Die Größe des Infarkts und seine Auswirkungen auf die
Pumpleistung wurden bei allen Patienten mit Echokardiographie, Kernspintomographie
und Positronen-Emissions-Tomographie bestimmt. Bei 34 Patienten wurde dann Plazebo
und bei 33 Patienten die Stammzellpräparation in die wiedereröffnete Arterie
gespritzt. Die Untersuchungen wurden nach sieben Tagen und nach 2-4 Monaten
wiederholt. Eine Ethikkommission hat zugestimmt! Primärer Endpunkt war die Veränderung
der linksventrikulären Pumpleistung (Ejektionsfraktion) und sekundärer Endpunkt
die Veränderung der Infarktgröße nach vier Monaten. Die Ejektionsfraktion nahm
in beiden Gruppen ohne Gruppenunterschied nicht signifikant zu; ebenso waren
Myokarddurchblutung und -metabolismus unverändert. Die Größe des
Myokardinfarkts verminderte sich nach einer der angewandten Methoden knapp
signifikant (p = 0,036) nach der Injektion von Stammzellen. Messbare
Komplikationen traten in beiden Gruppen nicht auf.
Dies hält der Kommentator für das wesentliche
Ergebnis der sehr aufwändigen Studie. Es kann also weiter geforscht werden.
Vielleicht gibt es ja fassbare Ergebnisse bei Patienten mit größeren Infarkten.
Die hier untersuchten Patienten hatten eine fast normale Pumpfunktion. Was
sollte sich bei ihnen bessern? Durfte die Ethikkommission überhaupt zustimmen?
Fazit: Die
bisherigen Ergebnisse mit Stammzellentherapie beim akuten Myokardinfarkt sind
nicht überzeugend. Wir meinen, das Geld, das in diese Forschungsrichtung
geflossen ist, wäre in anderen Projekten sinnvoller angelegt gewesen, z.B. Förderung
von Prävention und Rehabilitation oder zu vergleichenden Untersuchungen der
Effektivität diagnostischer und therapeutischer Verfahren
(Versorgungsforschung). Aber das Geld fließt zur Medizintechnik! Jetzt wurden autologe
Knochenmark-Stammzellen auch bei einem Patienten mit peripheren
Durchblutungsstörungen injiziert (7).
Literatur
-
Strauer, B.E., et al.: Dtsch. Med.
Wochenschr. 2001, 126, 932.
-
AMB 2001, 35, 79b.
-
Schächinger, V., et
al. (TOPCARE-AMI = Transplantation Of Progenitor Cells
And Regeneration Enhancement in Acute Myocardial
Infarction): J. Am. Coll.
Cardiol. 2004, 44, 1690.
-
Wollert, K.C., et al.:
Lancet 2004, 364, 141.
-
Strauer, B.E., et al.:
Circulation 2002, 106, 1913.
-
Janssens, S., et al.:
Lancet 2006, 367, 113.
-
Bartsch, T., et al.:
Dtsch. Med. Wochenschr. 2006, 131, 79.
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