Zuerst war in Finnland aufgefallen, dass bei
Patienten mit Koronarer Herzkrankheit (KHK) häufiger als bei anderen ein
positiver Titer von Antikörpern gegen Chlamydia pneumoniae vorkam (1). In
atheromatösen Plaques gelang später sogar der Nachweis von Keimen. Es folgten
die ersten Untersuchungen zur Behandlung der Arteriosklerose mit Azithromycin
bzw. Roxithromycin, da Makrolide wirksam gegen Chlamydien sind. Die Ergebnisse
ließen einen gewissen Optimismus aufkommen. In den behandelten Gruppen schien
nämlich die Zahl der koronaren Ereignisse geringer zu sein. Die Fallzahlen
waren aber klein, und die Befunde blieben umstritten (2). In der Folgezeit gab
es eine ganze Reihe größerer kontrollierter Untersuchungen zur Wirksamkeit der
Makrolide bei KHK. Eine Metaanalyse dieser Untersuchungen kam zu dem Ergebnis,
dass Makrolide auf den Verlauf der Erkrankung keinen wesentlichen Einfluss
nehmen (3).
Nun berichtet eine Gruppe aus Dänemark sogar über
eine erhöhte Sterblichkeit bei Patienten, die mit Clarithromycin (Clar) behandelt
worden waren (4). 4373 Patienten, die nach akutem Myokardinfarkt, akutem
Koronarsyndrom oder Bypass-Operation aus dem Krankenhaus entlassen worden
waren, wurden zwei Wochen lang doppeltblind und randomisiert entweder mit 500
mg Clarithromycin oder Plazebo (Plaz) behandelt. Der Krankheitsverlauf über
drei Jahre wurde personenbezogen aus dem dänischen Krankenhausregister und dem
Sterberegister erfasst. Endpunkte waren 1. Gesamtletalität, Myokardinfarkt oder
instabile Angina pectoris und 2. kardiovaskuläre Letalität, Myokardinfarkt oder
instabile Angina pectoris. Die Häufigkeit beider Endpunkte war in beiden Gruppen
nicht signifikant unterschiedlich: 1. Endpunkt: Clar vs. Plaz 15,8% vs. 13,8%, 2.
Endpunkt: Clar vs. Plaz 11,5% vs. 9,9%. Die kardiovaskuläre Letalität
allerdings war signifikant erhöht im Clar-Arm: Clar vs. Plaz 5,1% vs. 3,5% (p =
0,01). Dieser Unterschied zeigte sich noch nicht in den ersten Wochen und
Monaten nach Ende der Therapie, sondern erst ab dem zweiten Jahr.
Fazit: Die
Studie mit dem schönen Namen CLARICOR hat klar gemacht, dass auch die
Behandlung mit dem Makrolid Clarithromycin bei Koronarer Herzkrankheit keinen
Vorteil bringt. Es bleibt allerdings völlig unklar, wodurch die hohe Letalität
in der Verum-Gruppe verursacht ist. Makrolide verlängern die QT-Zeit, vor allem
bei Interaktionen mit vielen anderen Medikamenten (5, 6). Die daraus
möglicherweise resultierenden gefährlichen Rhythmusstörungen müssten aber
während oder gleich nach der Therapie auftreten, nicht erst ein Jahr später, oder
gab es (zufällig) wichtige Gruppenunterschiede in der sekundären Prophylaxe
(ASS, Betablocker, ACE-Hemmer, Statine), die die Unterschiede in der Letalität
erklären können? Leider gibt es dazu in der Arbeit keine Angaben. Sind möglicherweise
die Plaques stärker progredient, wenn die Chlamydien beseitigt sind? Das würde
für den Vorschlag der Autoren sprechen, die Sicherheit der Makrolide bei
Patienten mit Arteriosklerose langfristig zu untersuchen.
Literatur
-
Saikku, P., et al.:
Lancet 1988, II, 983.
-
AMB 1997, 31, 75b.
-
Andraws, R., et al.: JAMA
2005, 293, 2641.
-
Jespersen, C.M., et
al. (CLARICOR = CLARIthromycin in patients with CORonary artery
disease): Brit. Med. J. 2006, 332, 22.
-
AMB 1997, 31, 55b.
-
AMB 2004, 38, 49.
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