Wir haben mehrfach über die Wirksamkeit von Statinen
zur Verhinderung kardiovaskulärer Ereignisse bei Typ-2-Diabetikern berichtet.
In der plazebokontrollierten Heart Protection Study (HPS; 1) ergab eine
Subgruppen-Analyse von fast 6000 Diabetikern - die Hälfte mit bereits
manifester Arteriosklerose bei Studienbeginn - eine gleich gute
kardioprotektive Wirkung von 40 mg/d Simvastatin über fünf Jahre wie bei
Nicht-Diabetikern, und zwar unabhängig vom Ausgangswert der Lipide. In der
ASCOT-LLA-Studie an hypertonen Diabetikern und Nicht-Diabetikern mit
zusätzlichen kardiovaskulären Risikofaktoren und normalem Serum-Cholesterin
reduzierten 10 mg/d Atorvastatin zwar bei Nicht-Diabetikern, nicht aber bei
Diabetikern in fünf Jahren das kardiovaskuläre Ereignis-Risiko signifikant (2).
Hingegen war die gleiche Dosis Atorvastatin in der CARDS-Studie bei
Typ-2-Diabetikern mit einigen zusätzlichen Risikofaktoren und normalen
Blutfetten in der Primärprävention kardiovaskulärer Erreignisse über knapp vier
Jahre signifikant protektiv (3).
Im BMJ erschien jetzt eine nicht von der Industrie
gesponserte Metaanalyse von J. Costa et al. aus Lissabon (4), in der zwölf
plazebokontrollierte, randomisierte Studien zur Lipidsenkung zwecks Primär- und
Sekundärprävention kardialer Ereignisse (Tod durch KHK, nicht-tödlicher
Myokardinfarkt, koronare Interventionen) ausgewertet wurden. Alle Studien
ließen den Vergleich der Wirksamkeit dieser Therapie bei Diabetikern und
Nicht-Diabetikern zu. Die Mindest-Interventions-Dauer war drei Jahre. Alle
größeren Studien wurden mit Statinen durchgeführt. Eine für die
Primärprävention berücksichtigte Studie mit Gemfibrozil ist sehr klein und
bedeutungslos, während eine andere Gemfibrozil-Studie für die
Sekundärprävention einen signifikant protektiven Effekt ergab.
Aus den mitgeteilten Zahlen lassen sich die in Tab. 1
dargestellten Ereignisraten während mindestens drei Jahren Intervention versus
Plazebo errechnen. Sowohl bei Diabetikern wie bei Nicht-Diabetikern wird in der
Primär- wie in der Sekundärprävention die kardiale Ereignisrate durch Statine
etwa um relative 20% im Vergleich mit Plazebo gesenkt (absolute Risikoreduktion
s. Tab. 1). Da jedoch die Ereignisrate bei Diabetikern höher ist als bei
Nicht-Diabetikern und in den Studien zur Sekundärprävention wiederum in beiden
Gruppen deutlich höher ist als in der Primärprävention, kommen die Autoren zu
dem Schluss, dass Diabetiker mindestens so gut von einer Statin-Therapie
profitieren wie Nicht-Diabetiker mit vergleichbarem Risiko. Die Indikation ist
also immer vom Gesamtrisiko abhängig. Entsprechende Tabellen sind hilfreich.
Die Erörterungen der Ergebnisse durch die Autoren
werden durch einen Kommentar von J.P.D. Reckless aus England (5) ergänzt. Er
empfiehlt, bei allen Typ-2-Diabetikern die Behandlung mit Statinen zu erwägen
und sie bei allen mit zusätzlichen kardiovaskulären Risikofaktoren,
einschließlich einer LDL-Cholesterin-Konzentration im Serum von > 2 mmol/l
(> 77 mg/dl), auch zu beginnen. Er empfiehlt Statine auch für
Typ-1-Diabetiker über 40 Jahre und für jüngere mit Risikofaktoren, wie
mikrovaskulären Veränderungen, Hypertonie, schlechter BZ-Einstellung und
riskanter Familienanamnese hinsichtlich kardiovaskulärer Ereignisse. Letztere
Empfehlungen ließen sich aber weniger gut mit Studienergebnissen untermauern
als die für Typ-2-Diabetiker.
Fazit:
Typ-2-Diabetiker profitieren von einer Statin-Therapie mindestens so deutlich
wie Nicht-Diabetiker hinsichtlich der Verhinderung kardialer Ereignisse.
Typ-2-Diabetiker mit zusätzlichen kardiovaskulären Risikofaktoren, auf jeden
Fall aber solche mit bereits eingetretenen kardiovaskulären Ereignissen
(Sekundärprävention), sollten mit Statinen in einer dem Gesamtrisiko
angemessenen Dosierung behandelt werden.
Literatur
-
MRC/BHF Heart
Protection Study (HPS): Lancet 2002, 260, 7; s.a. AMB 2003, 37, 54.
-
Sever, P.S., et al. (ASCOT-LLA = Anglo-Scandinavian
Cardiac Outcomes Trial - Lipid Lowering Arm):
Lancet 2003, 361, 1149; s.a. AMB 2003, 37, 43.
-
Colhoun, H.M., et al.
(CARDS = Collaborative AtoRvastatin Diabetes Study):
Lancet 2004, 364, 685; s.a.
AMB 2004, 38, 75.
-
Costa, J., et al.: BMJ
2006, 332, 1115.
-
Reckless, J.P.D.: BMJ
2006, 332, 1103.
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