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ACE-Hemmer-Einnahme im ersten Schwangerschafts-Trimenon: Vermutlich erhöhtes Risiko für Fehlbildungen beim Kind

ACE-Hemmer (ACE-H) und Angiotensin-II-Rezeptor-Blocker (AT-II-RB) sind bei Schwangeren im 2. und 3. Trimenon kontraindiziert, da sie zu Polyhydramnion, Wachstumsretardierung des Feten, Lungenhypoplasie, Gelenkkontrakturen und nach der Geburt zu Niereninsuffizienz und Hypotension des Kindes führen können. Bisher galt die Einnahme von ACE-Hemmern während des ersten Schwangerschafts(SS)-Trimenons als unbedenklich, obwohl es keine umfangreiche Untersuchung zu dieser Frage gibt (1).

W.O. Cooper et al. aus Nashville und Boston, USA (2), untersuchten eine Kohorte von 29507 Kindern, die zwischen 1985 und 2000 in das Tennessee Medicaid-Register aufgenommen worden waren, in dem auch alle Medikamente, die die Mütter der Kinder während der SS verschrieben bekommen hatten, notiert waren. Darunter waren 209 Kinder, deren Mütter (ohne Diabetes mellitus) nur im ersten SS-Trimenon ACE-Hemmer wegen arterieller Hypertonie eingenommen hatten und 202 Kinder, deren Mütter im gleichen Zeitraum andere Antihypertensiva, aber keine AT-II-RB, eingenommen hatten. Sodann wurde ermittelt, welche der Kinder angeborene körperliche Fehlbildungen hatten.

2,6% der Kinder von Frauen ohne Antihypertensiva-Einnahme im ersten Trimenon, 7,1% der ACE-H-Gruppe und 1,7% der Gruppe mit anderen Antihypertonika hatten angeborene Fehlbildungen. Die 18 Fehlbildungen in der ACE-H-Gruppe waren sechs Vorhofseptum-Defekte, fünfmal ein offener Ductus Botalli, zwei Pulmonalstenosen, ein Ventrikelseptumdefekt, zwei ZNS-Anomalien, zwei Nierendysplasien, eine Hypospadie, eine Darmatresie, eine Hirschsprung-Erkrankung und eine Diaphragma-Hernie. Einige Kinder hatten mehrere Fehlbildungen. Das Relative Risiko (RR) für eine Fehlbildung war, verglichen mit der Kontroll-Gruppe, nach Einnahme von ACE-H im ersten Trimenon 2,71 (Konfidenzintervall = CI: 1,72-4,27). Nach Einnahme anderer Antihypertonika im ersten Trimenon war das RR 0,66 (CI: 0,25-1,75).

Es handelt sich um eine explorative epidemiologische Studie. Die Autoren halten es für unwahrscheinlich, dass das Ergebnis durch Nichterfassen von anderen, die Fehlbildung verursachenden Faktoren (confounders) zu Stande kam. Der Kommentator, J.M. Friedman, ist der gleichen Meinung. Er findet es bemerkenswert und „shocking”, dass dies etwa 25 Jahre nach Zulassung des ersten ACE-H (Captopril) die erste gründliche und umfangreiche Studie zur Sicherheit von ACE-H in der humanen Frühschwangerschaft ist.

Fazit: ACE-Hemmer haben mit großer Wahrscheinlichkeit ein teratogenes Potenzial und sollten während der gesamten Schwangerschaft nicht verordnet werden. Hypertone Frauen, die ACE-H einnehmen und die eine Schwangerschaft planen, sollten rechtzeitig auf andere Antihypertensiva umgesetzt werden. Tritt bei einer Frau, die ACE-H einnimmt, eine ungeplante Schwangerschaft ein, sollte der Fetus zu gegebener Zeit mit Ultraschall hinsichtlich Fehlbildungen untersucht werden.

Literatur

  1. Friedman, J.M.: N. Engl. J. Med. 2006, 354, 2498.
  2. Cooper, W.O., et al.: N. Engl. J. Med. 2006, 354, 2443.