Vor vier Jahren haben wir über eine Studie zur Prävention
des Übergangs von einer verminderten Glukosetoleranz (VGT) zum Diabetes mellitus
(Nüchtern-BZ > 126 mg/dl und/oder Zwei-Stunden-BZ im oGTT > 199 mg/dl)
durch zweimal 850 mg/d Metformin im Vergleich mit „Lifestyle”-Änderungen
(Ernährung, Bewegung) berichtet. Lifestyle-Änderungen waren wirksamer als das
Medikament (1, 2).
Jetzt erschien im Lancet derjenige Teil der
DREAM-Studie (3), in der der Effekt von Rosiglitazon im Vergleich mit Plazebo doppeltblind
und randomisiert auf die Inzidenz von Diabetes mellitus bei Personen untersucht
wurde, die entweder einen isoliert leicht erhöhten Nüchtern-BZ (Plasma-Glukose 110-126
mg/dl) und/oder eine VGT (Zwei-Stunden-Plasma-Glukose 140-199 mg/dl) hatten. Ein
anderer Teil der Studie untersucht den präventiven Effekt von Ramipril. Die
über 30-jährigen 5269 Patienten (ca. 59% Frauen, mittleres Alter ca. 55 Jahre)
durften bei Einschluss in die Studie außer arterieller Hypertonie keine
bekannten kardiovaskulären Erkrankungen haben. Früherer Schwangerschaftsdiabetes
war kein Ausschlusskriterium. Die Probanden mit einem mittleren Body mass index
von ca. 31 kg/m2 erhielten zunächst 4 mg/d, nach zwei Monaten 8 mg/d
Rosiglitazon oral oder Plazebo drei Jahre lang. Alle sechs Monate wurden die Probanden
hinsichtlich Diät und Lifestyle belehrt. Nach zwei Jahren und am Ende der
Studie wurde die Plasma-Glukose nüchtern gemessen und ein oGTT durchgeführt. Endpunkte
der Studie waren Inzidenz von Diabetes mellitus (Kriterien wie oben angegeben)
und Tod. Die Studie wurde von den Firmen GlaxoSmithKline, Sanofi-Aventis, King
Pharmaceuticals und vom Canadian Intitute of Health Research gesponsert. Alle
Personen des Steering-Komitees hatten Honorare der genannten Firmen erhalten.
280 Personen der Verum- und 658 der Plazebo-Gruppe
erfüllten nach drei Jahren die Diagnose-Kriterien eines Diabetes, obwohl in der
Verum-Gruppe das Körpergewicht um ca. 2,5 kg höher war als in der
Plazebo-Gruppe. Bei 1330 Personen unter Rosiglitazon und bei 798 unter Plazebo
normalisierte sich der Blutzucker. 14 Personen der Verum- und zwei der
Plazebo-Gruppe entwickelten eine Herzinsuffizienz. 30 bzw. 33 Patienten starben,
bei 37 (Verum) und 23 (Plazebo) kam es entweder zu einem Herzinfarkt,
Schlaganfall oder kardiovaskulärem Tod.
Angesichts der Tatsache, dass eine Änderung des
Lifestyles eine sehr wirksame und risikolose Maßnahme zur Verhinderung des Überganges
einer verminderten Glukosetoleranz in einen Diabetes mellitus Typ 2 ist (1, 4, 5),
scheint die pharmakologische Alternative mit Rosiglitazon (unbekannte
Langzeitrisiken plus Tagestherapiekosten von ca. zwei Euro/d) eine neue
Perversion der modernen Medizin zu sein. Wenn schon, dann Metformin
(Gewichtsabnahme, geringe und bekannte Langzeitrisiken und 30 Cent/d ). Die
Kommentatoren der DREAM-Studie in einem Folgeheft des Lancet aus Finnland und
England (6) sehen das ähnlich. Sie halten es für unwahrscheinlich, dass „Health
care funders” Rosiglitazon als geeignetes Mittel für die Behandlung von
Personen mit VGT und niedrigem kardiovaskulärem Risiko einstufen werden. Selbst
bei Patienten mit etabliertem Diabetes mellitus und hohem kardiovaskulärem Risiko
waren die Ergebnisse einer Langzeitstudie mit einem anderen Glitazon eher
fragwürdig als ermutigend (7).
Fazit:
Drei Jahre medikamentöse Prophylaxe mit dem teuren Rosiglitazon reduziert zwar
die Wahrscheinlichkeit des Übergangs in einen Diabetes mellitus Typ 2 bei
Personen mit einer verminderten Glukosetoleranz, jedoch sind die
Langzeitrisiken unbekannt, und eine Änderung der Lebensführung (Ernährung, mehr
Bewegung) erwies sich in anderen Studien als effektivere und risikolose, d.h.
bessere Alternative.
Literatur
-
Knowler, W.C., et al.
(DPP = Diabetes Prevention Program): N. Engl. J. Med.
2002, 346, 393
-
AMB 2002, 36, 21a.
-
Gerstein, H.F., et al.
(DREAM = Diabetes REduction Assessment with ramipril and
rosiglitazone Medication): Lancet 2006, 368, 1096 .
-
Tuomilehto, J., et al.
(DPS = Finnish Diabetes Prevention Study): N. Engl. J.
Med. 2001, 344, 1343 .
-
Ramachandran, A., et al. (IDPP = Indian Diabetes Prevention
Programme):Diabetologia
2006, 49, 289 .
-
Tuomilehto, J., und Wareham, N.:
Lancet 2006, 368, 1218 .
-
AMB 2005, 39, 93b.
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