Frage von Dr.
J.H. aus Laer: >> In letzter Zeit wird in unserer Praxis das so genannte
Express-Allergoid Depigoid beworben. Da es nach der Dosierungsempfehlung eine
deutlich schnellere Aufdosierungsphase hat als übliche Allergoide, könnten sich
daraus deutliche Vorteile für die Patienten ergeben. Was ist von Wirksamkeit,
Sicherheit und UAW im Vergleich zu anderen Allergoiden zu halten? <<
Antwort:
>> Unter Allergoiden versteht man Allergenextrakte (1), deren Proteine
durch Polymerisierung mit Form- oder Glutaraldehyd chemisch modifiziert wurden
(s. Abb. 1). Dadurch soll die Bindungsfähigkeit des allergenspezifischen IgE
verringert und eine bessere Verträglichkeit im Rahmen einer spezifischen
Immuntherapie mit subkutanen Injektionen erzielt werden. Bei den sogenannten
Depigoiden werden die Proteine vor der Allergoidbildung mit Glutaraldehyd einer
milden Säurebehandlung unterzogen. Durch partielle Hydrolyse sollen die
unerwünschten Extraktbestandteile eliminiert und die anschließende
Polymerisierung zum Allergoid optimiert werden. Die klinische Wirksamkeit der
Allergoide wurde in einigen plazebokontrollierten Studien für die allergische
Rhinokonjunktivitis und teilweise für das allergische Asthma bronchiale mit
wichtigen Inhalationsallergenen (Pollen, Hausstaubmilben) gezeigt (2-4).
Inwieweit sich durch die Hydrolyse vor der Allergoidbildung Vorteile für die
klinische Wirksamkeit und Sicherheit ergeben, ist aufgrund fehlender klinischer
Vergleichsdaten (s. u.) nicht zu beurteilen.
Die Aufdosierung der Allergoide benötigt in aller
Regel erheblich weniger Injektionen im Vergleich zu chemisch
nicht-modifizierten Extrakten. Meldungen unerwünschter Ereignisse an das
Paul-Ehrlich-Institut, die allerdings nicht repräsentativ sind und eine hohe
Dunkelziffer nicht-dokumentierter Ereignisse haben, zeigen seltenere
systemische Reaktionen nach Anwendung der Allergoide im Vergleich zu chemisch
nicht-modifizierten Extrakten. Allerdings sind letztere umfangreicher klinisch
dokumentiert. Langzeit- und vorbeugende Effekte der spezifischen Immuntherapie
auf die Asthmaentwicklung und die Anzahl von Neusensibilisierungen bei Kindern
wurden am überzeugendsten mit chemisch nicht-modifizierten Extrakten
demonstriert.
Vergleichsstudien mit nicht-modifizierten
Allergenextrakten und Allergoiden wurden bisher nur vereinzelt publiziert und
zeigten seltenere systemische Reaktionen nach subkutaner Injektion der
Allergoide (2). Verschiedene Allergoide wurden bisher nicht untereinander,
sondern nur mit Plazeboinjektionen verglichen. Sowohl die Präparate,
insbesondere ihre Zusammensetzung, Potenz und Dosierung, als auch die Studien
unterscheiden sich im Design, der Patientenauswahl und der Bewertungssysteme.
Durch Hydrolyse vorbehandelte (depigmentierte)
Allergoid-Extrakte haben in einigen Studien ihre Wirksamkeit und Sicherheit bei
der Behandlung der allergischen Rhinokonjunktivitis und des allergischen Asthma
bronchiale im Vergleich zu Plazebo oder zu einem nicht-modifizierten Präparat bestätigt
(2-4). Ein direkter Vergleich mit anderen Allergoiden ist auf Grund fehlender
Daten nicht möglich und somit ist die Frage des Lesers nicht zu beantworten. <<
Literatur
-
Kleine-Tebbe, J., et al.: Allergo
J. 2006, 15, 56.
-
Casanovas, M., et al.:
Clin. Exp. Allergy 2005, 35, 1377
.
-
Ameal, A., et al.:
Allergy 2005, 60, 1178 .
-
Garcia-Robaina, J.C., et
al.: J. Allergy Clin. Immunol. 2006, 118,
1026 .
|