Seit
der ersten Übertragung von Vogelgrippe-Viren auf den Menschen vor mehr als 10
Jahren und wegen der Befürchtung, dass sich hieraus eine Pandemie entwickeln
könnte, wird intensiv an der Entwicklung eines Impfstoffs gearbeitet. Bisher
sind 381 H5N1-Infektionen beim Menschen registriert worden mit einer Letalität
von > 60%. Der Erreger wurde mittlerweile weltweit in Vögeln gefunden. Beim
Menschen traten Infektionen in 14 Ländern Asiens sowie in Nordafrika auf (1).
Die sehr gefürchtete Übertragung von Mensch-zu-Mensch ist bisher nicht
nachgewiesen. Jede humane Infektion mit H5N1 birgt jedoch die Gefahr, dass der
Erreger dabei genetisch so verändert wird, dass sich die Pathogenität des
Vogelgrippe-Virus (H5N1) mit der Eigenschaft der leichten
Mensch-zu-Mensch-Übertragung eines humanen Grippevirus kombiniert.
Aus
diesen Gründen wurden von vielen Ländern Pandemiepläne erstellt, an Hand derer in
einem solchen Fall die Infektionen kontrolliert und eingedämmt werden sollen. Ein
solcher Plan existiert auch in Deutschland. Ein viel kritisierter Punkt dieses
Planes ist der Einsatz und die Verteilung von Neuramidase-Hemmern, deren
Wirksamkeit bei der Vogelgrippe (H5N1) nicht belegt ist (2, 3). Ein besserer und
nachhaltigerer Schutz könnte durch einen Impfstoff erzielt werden. Die
Entwicklung ist wegen folgender Punkte jedoch schwierig (1):
1.
Die Herstellung von
Grippeimpfstoffen basiert im wesentlichen auf der Anzucht der Viren in Hühnerembryonen.
Durch die hohe Pathogenität von H5N1 beim Geflügel ist aber eine effektive
Anzucht kaum möglich. Die Pathogenität des Erregers kann zwar durch mehrere
Passagen in Hühnerembryonen abgeschwächt werden, jedoch werden dadurch auch die
Hämagglutinin(H)-Antigene verändert und die Immunogenität des Impfstoffs
vermindert.
2.
Ein Ganzvirus-Impfstoff, der
bisher nicht entwickelt werden konnte, könnte einen besseren Schutz geben als
Impfstoffe mit Subfraktionen des Virus, analog den Erfahrungen mit den Impfkampagnen
während der Schweineinfluenza-Pandemie 1976.
3.
Es ist ein Problem, ein so hoch-kontagiöses
Virus in großen Mengen in Zellkultur-Labors zu züchten, wie es zur Entwicklung
eines breit einzusetzenden Impfstoffs nötig wäre.
Über
Fortschritte bei diesen drei Schlüsselpunkten wird jetzt in einer aktuellen
Arbeit berichtet (4). In einer randomisierten Dosis-Eskalations-Studie mit
sechs Subgruppen wurde die Sicherheit und Immunogenität (Bildung
neutralisierender Antikörper im Blut) eines neuen Ganzvirus-H5N1-Impfstoffs,
der in Zellkultur hergestellt wurde, getestet. Insgesamt wurden 275 Freiwillige
zwischen 18 und 45 Jahren in die Studie aufgenommen. Die Probanden erhielten im
Abstand von 21 Tagen zwei Impfungen. Die Antikörper-Analysen wurden bei
Einschluss in die Studie sowie an den Tagen 21 und 42 nach Einschluss durchgeführt.
Der
Impfstoff induzierte neutralisierende Antikörper nicht nur gegen den für den
Impfstoff verwendeten H5N1-Stamm (A/Vietnam/1203/2004), sondern auch gegen zwei
weitere getestete H5N1-Stämme. Die höchsten Titer neutralisierender Antikörper
wurden mit den Impfstoff-Präparationen erzielt, die 7,5 µg und 15 µg des H-Antigens
und kein Adjuvans enthielten. Die UAW waren milde und beschränkten sich auf
Rötungen an der Einstichstelle oder Kopfschmerzen. Diese Ergebnisse eröffnen
die Chance, einen wirksamen Impfstoff gegen ein vom Vogelgrippe-Virus (H5N1)
abstammendes, neues Influenza-Pandemie-Virus zu entwickeln und in genügender
Menge herzustellen, noch bevor es möglicherweise zu einer solchen Pandemie
kommt.
Fazit: Die Entwicklung eines Impfstoffs gegen Infektionen durch das
Vogelgrippe-Virus (H5N1) beim Menschen scheint möglich und sollte mit Nachdruck
verfolgt werden. Ein solcher Impfstoff ist im Pandemie-Fall wahrscheinlich der
beste Schutz und sollte, wenn er vorliegt, auch in den nationalen Pandemieplan
eingearbeitet werden.
Literatur
-
Wright, P.F.: N. Engl.
J. Med. 2008, 358, 2540.

-
AMB 2006, 40,
17.

-
Dtsch. Arztebl. 2007, 104,
A3571.
-
Ehrlich, H.J., et al.: N. Engl.
J. Med. 2008, 358, 2573.

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