Eine längerfristige supraphysiologisch dosierte
Therapie mit Glukokortikoiden (GC) führt bei vielen Patienten, besonders bei
Frauen nach der Menopause mit rheumatischen Erkrankungen, zur Osteoporose (Op).
Das Frakturrisiko beginnt bei GC-induzierter Op schon bei höheren
Knochendichtewerten als bei der postmenopausalen Op ohne GC-Therapie. Während
die postmenopausale Op in erster Linie durch beschleunigten Knochenabbau
zustande kommt, hemmen GC in erster Linie die Knochenneubildung durch
Reduzierung der Zahl und Beeinträchtigung der Funktion der Osteoblasten.
Seit 2003 ist Teriparatid (Forsteo®), ein
Parathormon-Analogon mit verkürzter Aminosäuresequenz (Aminosäuren 1-34), für
die Behandlung der postmenopausalen Op zugelassen (1). Teriparatid steigert die
Knochenneubildung durch Stimulation der Osteoblasten, während Bisphosphonate,
ähnlich wie Östrogene, bei postmenopausalen Frauen den Knochenabbau bremsen.
Aus diesem Grund ist es pathophysiologisch und klinisch sinnvoll, den Effekt
von Teriparatid auf Knochendichte und Frakturrate bei GC-induzierter Op zu
untersuchen.
Eine von Eli Lilly, dem Hersteller von Teriparatid,
finanzierte Studie wurde kürzlich von K.G. Saag et al. aus den USA und Belgien
(2) im N. Engl. J. Med. publiziert. Je 214 Patienten (im Mittel ca. 56 Jahre
alt, ca. 80% Frauen) mit überwiegend rheumatischen oder pulmonalen Erkrankungen,
die im Mittel bereits 1,2-1,5 Jahre lang (minimal > 3 Monate) GC eingenommen
hatten, wurden randomisiert und doppeltblind entweder mit täglich 10 mg
Alendronat oral oder täglich 20 µg Teriparatid s.c. (bzw. entsprechenden Plazebos)
behandelt. Alendronat war, zur Anpassung an Plazebo, „overencapsulated”, was
sich auf die Resorbierbarkeit ausgewirkt haben könnte (5). Die mittleren
GC-Tagesdosen entsprachen 7-8 mg Prednisolon. Die eingeschlossenen Patienten
mussten in der Lendenwirbelsäule oder in der gesamten Hüfte einen Mineralsalzgehalt
von mindestens zwei Standardabweichungen unter dem junger Erwachsener haben
(T-Wert < -2) oder aber Frakturen gehabt haben und einen T-Wert von < -1
an den erwähnten Messstellen aufweisen. Da ca. 70% der Patienten beider Gruppen
bereits radiologisch LWK-Frakturen oder nicht-vertebrale Frakturen bei
Einschluss in die Studie gehabt hatten, handelte es sich eigentlich um eine
Studie zur Sekundärprophylaxe von Frakturen.
Die Studie ist auf eine Laufzeit von drei Jahren
angelegt. Jetzt erfolgte eine Zwischenauswertung nach 18 Monaten. Hauptendpunkt
war ein Vergleich der Änderung der Knochendichte in der LWS unter Alendronat-
bzw. Teriparatid-Therapie. Sekundäre Endpunkte waren Änderungen der
Knochendichte an der gesamten Hüfte, Marker des Knochenstoffwechsels, neue Frakturen
und UAW. Ca. 30% der Patienten in beiden Gruppen brachen die Studie vor der 18-Monats-Marke
wegen UAW ab, darunter 6,1% in der Alendronat- und 11,7% in der Teriparatid-Gruppe
(Plazebo 12%). Die Therapie-Compliance der verbliebenen Patienten war in beiden
Gruppen > 90%.
Nach 18 Monaten war die Knochendichte der LWS unter
Teriparatid im Mittel um 7,2%, in der Alendronat-Gruppe um 3,4% angestiegen, in
der Hüfte um 3,8% bzw. 2,4% (Unterschiede für beide Messstellen signifikant).
Neue LWS-Frakturen traten unter Teriparatid bei 0,6%, unter Alendronat bei 6,1%
auf (p = 0,004), neue nicht-vertebrale Frakturen dagegen bei 5,6% bzw. 3,7% (p
= 0,36), d.h. letztere traten unter Teriparatid zwar tendenziell, aber nicht
signifikant häufiger auf. Der Marker der Knochenneubildung, N-terminales
Propeptid von Typ-I-Kollagen, stieg in der Teriparatid-Gruppe an und fiel in
der Alendronat-Gruppe ab. Der Marker der Knochenresorption, C-Telopeptid von
Typ-I-Kollagen, verhielt sich ähnlich. Mehr Patienten in der Teriparatid- als
in der Alendronat-Gruppe hatten UAW (Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit, Schlaflosigkeit).
Auch traten nicht selten entzündliche Reaktionen an der Injektionsstelle auf.
Serum-Kalzium-Konzentrationen über 10,5 mg/dl (> 2,62 mmol/l) traten unter
Teriparatid (18%) häufiger als unter Alendronat (5,7%) auf, jedoch waren
permanente Hyperkalziämien kein wesentliches Problem.
Die Drei-Jahres-Ergebnisse dieser Studie sollten
abgewartet werden. Trotz des stärkeren Effekts von Teriparatid auf die Knochendichte
der LWS bei GC-behandelten Patienten und der anscheinend geringeren Rate neuer
Frakturen der LWS sind Bisphosphonate weiterhin die Standardtherapie zur
Verhinderung und Behandlung der GC-induzierten Osteoporose. Die etwas höhere
Rate nicht-vertebraler Frakturen unter Teriparatid und die häufigeren UAW
stimmen bedenklich.
Der Kommentator des Artikels, P.N. Sambrook aus
Sydney, Australien (3), empfiehlt für alle über längere Zeit mit GC zu
behandelnde Patienten eine ausreichende Zufuhr von Kalzium und Vitamin D. Zur
Primärprävention einer Osteoporose bei besonderem Risiko sollten Bisphosphonate
oral oder bei Unverträglichkeit i.v. verabreicht werden. Bei bereits erheblich
reduzierter Knochendichte vor Beginn der GC-Behandlung oder bei osteoporotischen
Frakturen könnten Parathormon-Analoga eingesetzt werden, wenn sie für diese
Indikation zugelassen werden. Zu bedenken ist der hohe Preis für Teriparatid
(in Deutschland 6000-7000 EUR/Jahr für die hier benutzte Dosierung). Alendronat
kostet knapp 400 EUR/Jahr, und die neuen i.v. einmal oder viermal im Jahr
applizierbaren Bisphosphonate kosten ca. 610 bzw. 560 EUR/Jahr (4).
Fazit: In
einer vom Hersteller finanzierten 18-Monatsstudie, die bis zu drei Jahren fortgesetzt
werden soll, erhöhte das Parathormon-Analogon Teriparatid bei Patienten mit Glukokortikoid-Osteoporose
bei täglicher s.c. Injektion die Knochendichte an der LWS stärker als täglich
oral appliziertes Alendronat. Die Zahl neu aufgetretener LWS-Frakturen
(sekundärer Endpunkt) war unter dem PTH-Präparat geringer als unter Alendronat,
während nicht-vertebrale Frakturen tendenziell häufiger auftraten. Noch ist Teriparatid
für die Behandlung der Glukokortikoid-Osteoporose nicht zugelassen. Es käme,
auch wegen des sehr hohen Preises, nicht für die Prävention, sondern nur für
die „Second-line-Behandlung” der schweren Osteoporose bei Langzeit- Glukokortikoid-Therapie
in Frage.
Literatur
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AMB 2005, 39,
09.

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Saag, K.G., et al.: N.
Engl. J. Med. 2007, 357, 2028.

-
Sambrook, P.N.: N.
Engl. J. Med. 2007, 357, 2084.

-
AMB 2007, 41,
81.

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Journal Watch 2007, 27,
193.
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